

Die Lage am Morgen Wenn Deutsche nicht nach Deutschland dürfen

Liebe Leserin, lieber Leser, guten Morgen,
heute befassen wir uns mit der Testpflicht für Flugreisende, mit der nächsten Runde in einem großen Drama, mit einem unbeliebten Besucher beim Kommando Spezialkräfte, mit Syrien und dem Dax.
Klassischer Machtkampf
Das Drama um die Bundeskanzlerin und die Landeschefs ist noch nicht entschieden, geht heute in die nächste Runde. Am Sonntag hatte die Bundeskanzlerin einige Ministerpräsidenten getadelt, weil sie trotz steigender Infektionszahlen Lockerungen zuließen, und angedeutet, dass der Bund die Coronapolitik an sich reißen könne. Gestern haben Merkels Parteifreunde Armin Laschet aus Nordrhein-Westfalen und Tobias Hans aus dem Saarland diese Kritik zurückgewiesen, ohne Merkel komplett die Gefolgschaft zu verweigern.
Sie muss jetzt die Nerven behalten und ihren Kurs durchziehen. Dann wird sie entweder endgültig zur lahmen Ente degradiert oder sie führt das Land in einen relativ harten Lockdown, der wohl nötig ist, um die dritte Welle einzudämmen. Ich würde eher damit rechnen, dass Laschet und Hans einknicken, wenn sich Merkel entschlossen zeigt. Eine immer noch beliebte Kanzlerin zu demütigen, bleibt ein hohes Risiko. Und die beiden, und auch andere, könnten ihre politische Wende genauso begründen: Es wäre nicht richtig, das Land in dieser Situation in die Führungslosigkeit zu treiben. Dann sind sie relativ fein raus, die Verantwortung für das, was kommt, läge bei Merkel.
Das ist jetzt klassischer Machtkampf in einer föderalen Demokratie. Als politischer Feinschmecker könnte man das auch genießen, aber nicht jetzt, nicht während einer Pandemie. Da ist es nur bitter, weil auf jeden Fall kostbare Zeit verloren geht.
Besuch des linken Herrn
Stellen Sie sich vor, Sie bekommen Besuch von jemandem, der behauptet, Sie seien rechtsradikaler Umtriebe schuldig und der Ihre komplette Existenz infrage stellt. Stellen Sie sich weiterhin vor, Sie seien durchtrainiert und in einigen Kampftechniken geschult, nein, das vielleicht nicht, das geht zu weit.
Aber im Prinzip ist das eine Situation, zu der es heute in Calw kommt. Besucher ist Tobias Pflüger, verteidigungspolitischer Sprecher der Linkenfraktion im Bundestag. Besuchte sind die Soldaten vom Kommando Spezialkräfte (KSK) der Bundeswehr, über die Pflüger zum Beispiel diese Sätze gesagt hat:
Er habe den Eindruck, »dass das Kommando Spezialkräfte regelrecht durchsetzt ist von rechten Akteuren«.
Rechtsradikale Umtriebe seien ein »systemisches Problem« des KSK.
»Ich sehe tatsächlich nicht, dass es eine politische oder militärische Notwendigkeit für eine solche Eingreiftruppe gibt.«
»Das Kommando Spezialkräfte muss aufgelöst werden.«
Nun stellen Sie sich vor, wie dieser Besuch heute abläuft, welche Gesichter gezogen werden, welche verblümten Sätze man sagt, welche Gedanken man sich so macht, aber lieber für sich behält. Dazu Brötchen mit leuchtend roten Seelachsschnitzeln, die bei der Bundeswehr immer beliebt waren.
Robinson auf Mallorca
Was es heißt, nicht nach Deutschland hereingelassen zu werden, können von heute an auch Deutsche erleben. Es gilt jetzt eine Testpflicht für alle, die mit dem Flugzeug einreisen wollen. Wer kein negatives Ergebnis vorweisen kann, muss erst einmal bleiben, wo immer er gerade gestrandet ist, zum Beispiel auf Mallorca.
Das mag manche freuen, weil so der Urlaub verlängert wird, und andererseits will man doch gerade, wenn es einem schlecht geht, wie zum Beispiel nach einem positiven Coronatest, am liebsten sofort nach Hause, in die eigene kleine Burg. Wir werden da bald tragische Geschichten von unfreiwilligen Robinsonaden lesen können.
Aber es ist auch richtig: keine Reisefreiheit für das Virus.
Sammeln für Syrien
Nicht auszuhalten: Wer Syrien Geld gibt, stützt das verbrecherische Regime von Baschar al-Assad. Wer Syrien kein Geld gibt, trägt nichts dazu bei, die Not vieler Menschen dort zu lindern, und muss mit noch mehr Flüchtlingen rechnen.
Dieses Dilemma liegt der Brüsseler Konferenz zur Unterstützung der Zukunft Syriens und der Region zugrunde, veranstaltet von der EU und der Uno. Heute ist der zweite, der wichtigere Tag. Man will möglichst viel Geld einsammeln, das dann nach Syrien und in Nachbarländer wie den Libanon und Jordanien fließen soll.
Politik heißt manchmal auch, auszuhalten, was nicht auszuhalten ist.
Gewinner des Tages...
... sind die Aktienbesitzer. Denn die Aktienmärkte schaffen es regelmäßig, sich von der allgemeinen Realität zu entkoppeln und einen eigenen Pfad zu beschreiten. Es ist wieder so weit. Der Dax springt von Rekord zu Rekord, gestern um 22 Uhr stand er bei 14.889 Punkten, einem 52-Wochen-Hoch.
Mich freut das einerseits, weil ich bei meiner Altersvorsorge zum Teil auf Aktien vertraue. Mich verstört das aber auch ein bisschen, weil ich die frohe Kunde aus der Finanzwelt nicht mit den übrigen Meldungen verknüpfen kann. Rasanter Anstieg bei den Infektionen mit Corona, Sorge in den Krankenhäusern, ob es bald noch genug Intensivbetten gibt, ein Alltag, der weit weg von der Normalität dahindümpelt.
Mir ist klar, dass in Aktienkursen vor allem Hoffnungen auf gute Zeiten stecken. Aber es ist auch beunruhigend, wenn Real- und Finanzwelt so gar nicht zusammenpassen. Als stünde da etwas schief und müsse bald einstürzen. Nun, ich will nicht unken, sondern erkläre lieber die Aktienbesitzer zu den Gewinnern des Tages.
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Ich wünsche Ihnen einen guten Start in den Tag.
Ihr Dirk Kurbjuweit