Die Lage am Mittwoch Liebe Leserin, lieber Leser,

zu den vornehmsten Aufgaben von Fraktionsvorsitzenden zählt es üblicherweise, aufgeregte Personalstreitigkeiten möglichst zu vermeiden. Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus tut genau das Gegenteil. Mit seiner überraschenden Festlegung, dass Annegret Kramp-Karrenbauer die "nächste Kanzlerkandidatin" der CDU werde, beschert er der Union eine neue Debatte über die K-Frage und über die Parteichefin.

Zunächst einmal ist es natürlich nett für die angeschlagene Parteichefin, wenn der einflussreiche Fraktionschef sie in der K-Frage unterstützt. Offenkundig will Brinkhaus zu ihren Gunsten Fakten schaffen. Die Sache hat aber eine Kehrseite. Denn gleichzeitig legt Brinkhaus mit seiner Einlassung für die Chefin offen, wie nervös und gespalten die Union ist. Viele werden nun noch drängender fragen: Ist Kramp-Karrenbauer überhaupt die Richtige für das Kanzleramt? Sollten nicht eher Friedrich Merz oder NRW-Chef Armin Laschet ran? Und überhaupt: Wann ist eigentlich der beste Zeitpunkt, um über die K-Frage zu entscheiden?

Merz nennt die Diskussion "völlig irre". Er wird wissen, warum. Für ihn (und auch für Laschet) wäre es jetzt noch zu früh für eine Entscheidung. Sollten sie tatsächlich nach der Kandidatur greifen wollen, müssten sie ihre Position in der Partei erst noch weiter stärken - und Kramp-Karrenbauer muss noch schwächer werden. Das nennt man einfache politische Mathematik.

Trump gegen Biden - Es wird schmutzig

Foto: Scott Eisen/ AFP

Ist das schon das vorgezogene Wahlkampfduell? US-Präsident Donald Trump und der mögliche Präsidentschaftskandidat der Demokraten, Joe Biden, liefern sich mehr als ein Jahr vor der Wahl erste verbale Scharmützel. Bei einer Serie von Auftritten im US-Bundesstaat Iowa attackierte Biden Trump, und Trump ging auf Biden los.

Trump sei eine "existenzielle Bedrohung" für die USA, er könnte die Werte und das Wesen des Landes fundamental verändern, warnte Biden. Trump wiederum nannte Biden einen "Verlierer", der geistig nicht ganz auf der Höhe sei. Biden sei ein "Dummkopf", so Trump. In den kommenden Wochen dürfte der Wahlkampf weiter Fahrt aufnehmen: Am nächsten Dienstag will Trump in Florida offiziell seine erneute Präsidentschaftskandidatur bekanntgeben. Biden tritt Ende Juni erstmals bei einem Kandidatenduell im Fernsehen gegen die anderen Bewerber der Demokraten an.

Streit um 9/11 - Blamage für den US-Kongress

Foto: SHAWN BALDWIN/ AP

Seit Monaten kämpfen in den USA frühere Polizisten, Feuerwehrleute und Sanitäter, die bei den Terroranschlägen vom 11. September 2001 als Helfer dabei waren und schwere Gesundheitsschäden davontrugen, für ihre Rechte. Unterstützt von dem TV-Moderator Jon Stewart wollen sie im US-Kongress erreichen, dass ein Hilfsfonds für sie weiter mit ausreichend Geld ausgestattet wird. Bei einer Anhörung in Washington zu dem Thema kam es nun zu einer denkwürdigen Szene - und zu einer Blamage für das Parlament.

Zu der Anhörung waren etliche frühere Helfer vom 11. September erschienen. Die Reihen der Abgeordneten waren hingegen ausgedünnt. "Die Helfer vom 11. September sind hierhergekommen, krank und sterbend, um zu sprechen." Aber niemand sei nun da, um ihnen zuzuhören, beklagte Jon Stewart in einer emotionalen Rede. "Das ist eine Schande für das Land, und es ist eine Schande für dieses Parlament." Die wenigen Abgeordneten im Saal blickten betreten zu Boden. Die Mittel für den Fonds dürfte Stewart damit gerettet haben. Hier  können Sie sich den kompletten Auftritt von Stewart anschauen.

Japan startet Vermittlungsversuch in Iran

Foto: MCSN Jason Waite/ Navy Office of Information/ AFP

Die Iran-Krise schwelt weiter: Nach Außenminister Heiko Maas reist heute der japanische Ministerpräsident Shinzo Abe nach Iran, um im Konflikt zwischen Teheran und Washington zu vermitteln. Die Besonderheit: Abe trifft wohl nicht nur Präsident Hassan Rohani, sondern auch den obersten Führer, Ajatollah Ali Chamenei, den mächtigsten Mann im Land. Abe kommt als "ehrlicher Makler" zwischen Iran und den USA durchaus infrage, weil er sowohl zu Teheran als auch zu US-Präsident Donald Trump in Washington gute Beziehungen pflegt. Bis zur Verschärfung der US-Sanktionen war Japan einer der größten Abnehmer für iranisches Öl. Dem Vernehmen nach hat sich Abe vor seiner Reise mit Trump abgesprochen, man darf also gespannt sein, ob ihm - anders als Maas - eine Entschärfung des Konflikts gelingen kann.

Gewinner des Tages...

Foto: Sebastian Gollnow/ dpa

... ist Martin Schulz. Während die SPD verzweifelt einen neuen Vorsitzenden sucht, wurde der frühere Kanzlerkandidat jetzt in Hamburg gefeiert. Nicht der echte, aber immerhin der Bühnen-Schulz, gespielt von Schauspieler Sebastian Schäfer. Die Theaterfassung der "Schulz-Story" nach dem Bestseller von SPIEGEL-Autor Markus Feldenkirchen durfte die Hamburger Privattheatertage eröffnen. Im ausverkauften Altonaer Theater kam der Bühnen-Schulz gut an, ebenso wie der Rest des sechsköpfigen Ensembles des Stuttgarter Studiotheaters. Der SPD-Wahlkampf des Jahres 2017, der in Feldenkirchens Buch und in der Theaterfassung zum tragikomischen Drama wird, endete übrigens mit 20,5 Prozent. Damals, vor knapp zwei Jahren, galt das als Katastrophe. Heute können die Genossen von einem solchen Ergebnis nur träumen, sollte demnächst wieder ein Bundestagswahlkampf anstehen.

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Ihr Roland Nelles

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