Die Lage am Donnerstag Liebe Leserin, lieber Leser,

gestern Abend, es war schon spät, habe ich einen albernen Horrorfilm gesehen. Also da geht ein Mann in das Konsulat seines Heimatlands, weil er Unterlagen für seine Hochzeit braucht, und da warten Männer auf ihn, die eigens eingeflogen wurden aus jenem Heimatland, und diese Männer stürzen sich auf den Mann, der heiraten will, schneiden ihm sofort mit einer Knochensäge, die sie mitgebracht haben, die Finger ab, da ist er noch bei Bewusstsein.

Der Forensiker in diesem Team rät den anderen, sich Kopfhörer mit Musik aufzusetzen, dann falle die Arbeit des Zerteilens leichter. Sie enthaupten den Mann, sägen die Arme und Beine ab und verstauen die Teile in irgendeinem Behälter. Weil so viel Blut an die Wände gespritzt ist, übermalen sie die Wände mit dem Quast und der Farbe, die sie ebenfalls mitgebracht haben. Nach getaner Arbeit packen sie alles zusammen und fliegen zufrieden zurück in ihr Heimatland.

Seltsam war nur, dass ich diese Geschichte heute in den Zeitungen lesen konnte, als wäre sie wirklich passiert. Die Türkei beschuldigt Saudi-Arabien, genau das getan zu haben. Kennt denn der Regisseur der Realität überhaupt keine Grenzen?

Ruhe und Geduld

Foto: STEPHANIE LECOCQ/EPA-EFE/REX/Shutterstock

Ohne Fortschritt endete kurz vor Mitternacht der Gipfel der EU zum Thema Brexit. Die Verhandlungen würden "ruhig und geduldig" fortgesetzt, sagte Chefunterhändler Barnier nach dem Abendessen der Staats- und Regierungschefs. Umstritten ist vor allem, wie offen die Grenze zwischen Irland und Nordirland sein soll.

Merkel bleibt heute in Brüssel, wo sich der Asem-Gipfel anschließt, das Treffen von europäischen und asiatischen Staaten, einschließlich Russlands, Australiens und Neuseelands.

Bhutan und ich

Foto: Str/ dpa

Käme ich in die Verlegenheit, entscheiden zu müssen, mit welchem Land ich mich vergleichen kann, würde ich Bhutan wählen. Bhutan liegt im Vorhimalaya und grenzt an die östliche Spitze von Indien. 720.000 Einwohner, die Hauptstadt heißt Thimphu, es gibt dort keine Ampeln. Der König trägt den schönen Namen Jigme Khesar Namgyel Wangchuck; er verliebte sich in die spätere Königin Jetsun, als die sieben Jahre alt war und er 17 (lese ich auf Adelswelt.de). Es gibt auch ein Parlament, aber eine lupenreine Demokratie ist Bhutan nicht. Jährlich wird ein Bruttosozialglück (Gross National Happiness) per Umfrage ermittelt, als Ergänzung zum Bruttosozialprodukt (Gross National Product).

Das alles hat nichts mit mir zu tun. Eines aber schon: Ich bin ohne Fernseher aufgewachsen und teile diese Erfahrung mit den Bhutanern. Dort wurde das Fernsehen erst 1999 eingeführt. Wir wissen, wie das ist, wenn man sich nicht berieseln lassen kann (nicht so schlimm).

Heute wählt Bhutan ein neues Parlament.

Gewinner des Tages

Foto: AFP

Der Fabelrekord trägt seine Ambivalenz schon im Namen. Eine schöne Sache, aber auch zweifelhaft. Als fabelhaftester Fabelrekord aller Zeiten galt lange der sogenannte Jahrhundertsprung von Bob Beamon. Heute vor 50 Jahren sprang er bei den Olympischen Spielen in Mexiko-Stadt 8,90 Meter weit und verbesserte den Weltrekord damit um sagenhafte 55 Zentimeter. Das war noch vor der Zeit, als man sofort innerlich "Doping!" aufschrie, wenn jemand etwas Außergewöhnliches leistete. Es soll die Höhenluft gewesen sein, die damals neue Tartanbahn und der gerade noch zulässige Rückenwind. Und natürlich Bob Beamons große Kunst des Springens.

Lange dachte man, kein Mensch würde jemals weiter kommen, aber bei der Weltmeisterschaft 1991 landete Mike Powell bei 8,95 Meter. Das war zur Hochzeit des Dopings, wobei man ihm niemals etwas nachgewiesen hat. Beamon auch nicht. Heute, bei strengeren Kontrollen, sind die besten Weitspringer froh, wenn sie 8,40 Meter übertreffen. Merkwürdig ist das schon.

Aber vielleicht hat sich der Regisseur der Realität in einer seiner besseren Stunden einen Schabernack gegönnt und den Menschen ein bisschen Hoffnung machen wollen, sie könnten das Fliegen doch noch lernen.

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Ich wünsche Ihnen einen schönen Start in den Tag.

Ihr Dirk Kurbjuweit

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