

Die Lage am Abend Corona, machen wir es kurz!

Guten Abend, die drei Fragezeichen heute:
Abkürzungen in der Pandemie – Wofür steht das SKI in Corona?
Amerika Fäust – Was verraten Sanders' Handschuhe über die Ära Biden?
Fußballer Sané – Steht er mit dem Rückentattoo zur Wand?
1. Corona in Kürze
In der Pandemie machen immer neue Abkürzungen die Runde: AHA-Regeln, R-Wert, selbst Sars ist ein Akronym (Severe Acute Respiratory Syndrome). Heute möchte ich eine neue einführen: die SKI-Themen. Im Bekannten- und Kollegenkreis werden sie am heftigsten diskutiert – Shutdown, Kinder, Impfen.
Die heutigen Neuigkeiten aus dem SKI-Gebiet:
Shutdown: Die Corona-Disziplin nimmt zu, jedenfalls sagen das viele Leute über sich selbst. In einer SPIEGEL-Umfrage geben wieder so viele Befragte wie im April an, sich kaum noch mit anderen zu treffen und ihren Bewegungsradius deutlich einzuschränken. Hoffnungsfroh stimmt: Die Selbstwahrnehmung deckt sich mit Daten des Statistischen Bundesamtes. (Hier mehr.)
Kinder: Homeschooling und Distanzunterricht können geöffnete Schulen nicht ersetzen, warnt das Ifo-Institut und unterfüttert mit einer Hochrechnung, was Eltern, Lehrer und Schüler jeden Tag erleben. Die Kosten für künftige Generationen: bis zu 3,3 Billionen Euro. Angela Merkel versuchte heute, ein bisschen Hoffnung zu machen: »Eine Priorität für mich ist ganz klar, dass zuerst Kitas und Schulen wieder geöffnet werden müssen.« Allerdings erst nach dem 15. Februar. Auch sonst verteidigte die Kanzlerin die Maßnahmen.
Impfen: Die Dosen sind knapp, die Hersteller haben Lieferprobleme. »Trotzdem könnten schon bald sehr viele Menschen geimpft worden sein«, berichtet mein Kollege Holger Dambeck aus unserem Datenteam. Hier wagt er eine Prognose. Fehlt nur noch eine Abkürzung zum Ende der Pandemie. (Hier mehr Details.)
Alle aktuellen Entwicklungen lesen Sie hier: Das Corona-Update
2. America Fäust
Ja, er unterlag damals im Vorwahlkampf. Nein, er ist nicht ins Kabinett berufen worden. Dennoch ist er der erste Social-Media-Star der Ära Biden (neben der Dichterin Amanda Gorman, die allen die Show stahl): Vermonts Senator Bernie Sanders samt Funktionsjacke und Fäustlingen (!) im Norwegermuster.

Sanders am Kapitol
Foto:BRENDAN SMIALOWSKI / AFP
So mürrisch, wie man eben hinter einer medizinischen Maske schauen kann, schritt er mit einem A4-Umschlag unter dem Arm die Stufen des Kapitols hinab, auf der Suche nach dem richtigen Klappstuhl. »Mit seinem ›Grumpy Chic‹ war er die Antithese zu Pomp und Circumstance der Inauguration«, sagt meine Kollegin Ayla Kiran, Ressortleiterin Social Media. »Ein Auftritt, als müsse er auf dem Weg zur Post noch kurz bei Joes Sache am Kapitol vorbei – aber danach habe er wirklich Wichtigeres zu tun.«

Sanders im SPIEGEL-Foyer

Binnen wenigen Minuten, noch bevor Biden den Eid geleistet hatte, fluteten Hunderte Bernie-Bilder das Netz (Bernie schweigt Performancekünstlerin Marina Abramović an, Bernie auf dem »Game of Thrones«-Thron, Bernie im Milleniumfalken). »Da zeigte sich auch die Erleichterung über das Ende der Trump-Präsidentschaft«, sagt Ayla. »Wenn man der Rede eines US-Präsidenten nur noch nebenbei lauschen muss, weil eine Kakofonie aus Hass, Lügen und Verleumdungen nicht zu erwarten ist, dann werden offenbar sehr viele kreative und humoristische Ressourcen frei.«
Ein »Musterbeispiel für politische Inszenierung« nennt mein Kollege Philipp Löwe den Auftritt (hier mehr). Und wie das Internet so ist, kann sich jeder den grimmigen Bernie vor die Tür setzen, einfach hier die eigene Adresse eingeben. See the Bern.
Über Bidens erste Amtshandlungen lesen Sie hier mehr: 17 Erlasse am ersten Tag
3. Mit dem Rückentattoo zur Wand
Peinliche Geschichte aus der Kindheit, von meinen Eltern gern bei Familienfeiern erzählt: Meinen ersten Fußball klebte ich mir mit Tesafilm als Sträflingskugel ans Bein. Das Interesse an dem Sport ist über die Jahre nicht maßgeblich gestiegen. Vielleicht kommt er deshalb manchmal etwas zu kurz in diesem Newsletter, jedenfalls schreiben das Leserinnen und Leser immer wieder.
Aber selbst als Fußballignorant kann ich besten Gewissens das Interview mit dem Nationalspieler Leroy Sané empfehlen, das meine Kollegen Gerhard Pfeil und Jörn Meyn geführt haben. Das Zoom-Gespräch kam einen Tag nach der Blamage in Kiel zustande (von dem Pokal-Aus für die Bayern hatte selbst ich gehört). »Sané wird ja immer vorgeworfen, dass er schnöselig ist, dass er kaum zugewandt ist. Wir haben ihn völlig anders erlebt«, sagt Jörn. »Eine Stunde und 20 Minuten hat er zu wirklich allen Fragen sehr offen geantwortet – und drei Zoom-Abstürze haben wir auch verkraftet.«
Erstmals sprach Sané ausführlich über sein schlechtes Image in Deutschland und den schwierigen Start beim FC Bayern München: »Die Leute stecken mich in diese Bling-Bling- Schublade.« Er habe sich gefragt, was er »vielleicht falsch gemacht habe«. Mit seinem teuren auffälligen Fellmantel und dem Tattoo von sich selbst auf dem Rücken habe er den Leuten »offenbar Stoff« geliefert – nicht unplausibel, schätzt der Fußballignorant.
Lesen Sie hier das ganze Gespräch: »Die Leute stecken mich in diese Bling-Bling-Schublade«
(Sie möchten die »Lage am Abend« per Mail bequem in Ihren Posteingang bekommen? Hier bestellen Sie das tägliche Briefing als Newsletter.)
Was heute sonst noch wichtig ist
Frontex-Chef Leggeri behindert offenbar Ermittlungen: Europas oberster Grenzschützer Fabrice Leggeri muss um sein Amt fürchten. Der Frontex-Verwaltungsrat prangert in einem internen Bericht Leggeris Informationspolitik in der Pushback-Affäre an. Europaparlamentarier fordern seinen Rücktritt.
Leitzins im Euroraum bleibt auf Rekordtief von null Prozent: Es bleibt dabei: Die Europäische Zentralbank belässt den Leitzins im Euroraum auf dem Rekordtief von null Prozent. Und hält die Tür für weitere Konjunkturstützen weit offen.
China tritt gegen Trump nach – und hofft auf Biden: Der Konflikt zwischen China und den USA entwickelte sich mit Donald Trump zu einer offenen Feindschaft. Bringt Joe Biden die Wende? China scheint das zu hoffen, doch mehrere Konflikte sprechen dagegen.
Verteidiger sieht keine Mordmerkmale im Fall Lübcke: War die Tötung Lübckes kein Mord? Verteidiger Mustafa Kaplan argumentiert, Stefan Ernst habe nicht heimtückisch und aus niederen Beweggründen gehandelt.
Meine Lieblingsgeschichte heute: Die Riesen nebenan

Da springt ein Wal aus dem Meer
Foto: N. Pierantonio / Tethys Research InstituteVor der süditalienischen Küste haben Taucher einen gewaltigen Walkadaver gefunden. Als ich diese Meldung las, stockte ich kurz, weil ich nicht wusste, dass viele Wale im Mittelmeer unterwegs sind. Peinliche Bildungslücke? Beruhigt hat mich mein Kollege Christoph Seidler, immerhin Wissenschaftsreporter: »Einen Wal aus nächster Nähe beobachten zu können, ist ein außergewöhnliches Geschenk. Ich habe das in Kanada erleben dürfen, auf dem Sankt-Lorenz-Strom und vor der Küste von British Columbia. Auf die Idee, das auch im Mittelmeer zu versuchen, wäre ich ehrlich gestanden bisher kaum gekommen.«
Dabei leben allein im westlichen Mittelmeer um die 3000 Finnwale – das zweitgrößte Tier der Erde. »Doch obwohl es seit mehr als 20 Jahren ein Schutzgebiet gibt, geht es den Meeressäugern dort nicht gut«, sagt Christoph. »Viele Schiffe sind in der Region unterwegs, außerdem landen nach aktuellen Untersuchungen jedes Jahr 200.000 Tonnen Plastik im Mittelmeer.«
Eine Obduktion soll jetzt klären, woran der Wal im Golf von Neapel starb. Der Kadaver ist fast 19,70 Meter lang und 70 Tonnen schwer, ein längeres Tier wurde in der Region bislang nicht gesichtet.
Lesen Sie hier die ganze Geschichte: Gefährdete Giganten
Was wir heute bei SPIEGEL+ empfehlen
Warum der Polizistinnenmord von Heilbronn nicht ins Bild passt: Im NSU-Verfahren muss nun der Bundesgerichtshof über das Urteil gegen Beate Zschäpe entscheiden. Es hat einen gravierenden Schwachpunkt.
»Ich bin nach der Wende in den Westen gezogen – ich kenne das Gefühl«: Kerstin Lietz wurde in der DDR geboren und lebte eine Zeit in Niedersachsen. Hier erzählt sie, warum Ostdeutsche und Flüchtlinge oft ähnliche Erfahrungen machen.
Auf Wiedersehen im Trashiversum: Am vierten Tag nimmt das Dschungel-Ersatzprogramm bei RTL scheppernd Fahrt auf – Bea Fiedlers gnadenloser Knarzigkeit sei Dank. So schlug sich das zweite Kandidatentrio.
Die perfekte Kombination aus Rechnen und Fühlen: Alexander Donchenko wollte seit seiner Kindheit Schachprofi werden. Dafür ließ er sogar sein Jurastudium sausen. Nun trifft er auf die besten Spieler der Welt – und hatte nur drei Tage, um sich vorzubereiten.
Was heute nicht so wichtig ist

Yes, he Conan
Foto:Paul Bersebach/ dpa
Schwert beiseite: Arnold Schwarzenegger, 73, auf eine lange Karriere als Bodybuilder, Filmdarsteller, Politiker zurückblickender Influencer, hat sich gegen Covid-19 impfen lassen und bei Twitter mit einem Terminator-Zitat dazu aufgerufen, es ihm gleichzutun: »Komm mit mir, wenn du leben willst!«
Tippfehler des Tages, inzwischen korrigiert: »In der zweiten Hälfte taten sich beide Teams offensiv schwer. Bis Leipzigs Dani Olmo im Gefühl vor dem Berliner Strafraum zu Emil Forsberg durchsteckte, der aus der Drehung zum Sieg traf.«
Cartoon des Tages: Corona

Und heute Abend?
Könnten Sie den Krimi »Der Bruch« anfangen zu lesen. Der Schotte Doug Johnstone erzählt darin von Sex, Drogen, dem Kampf zwischen Brüdern – und von einer Frau, die Hoffnung macht. »Alle Familien sind abgefuckt – aber jede auf ihre Weise«, schreibt mein Kollege Marcus Müntefering. Das Buch sei das »Trainspotting« des Jahres 2021. (Hier finden Sie die Rezension.)
In diesem Sinne: Killt da wer im Kilt?
Einen schönen Abend. Herzlich
Ihr Oliver Trenkamp
Hier können Sie die »Lage am Abend« per Mail bestellen.