Die Lage am Abend Das Debakel von Iowa

Was war da nur los? Die erste Vorwahl der Demokraten im US-Bundesstaat Iowa endete, so die Wortwahl einer Parteisprecherin, mit „Ungereimtheiten“. Chaos dürfte der deutlich treffendere Begriff sein.
Noch immer gibt es kein offizielles Ergebnis. Grund für das Fiasko bei der Auszählung der Stimmen soll ein Programmierfehler gewesen sein. Die Organisatoren wollen das Resultat im Lauf des Tages verkünden.
Die Kandidaten sind schon jetzt nach New Hampshire weitergereist, wo in einer Woche die nächste Vorwahl stattfindet. Vor ihrer Abfahrt erklärten sich manche von ihnen vorsorglich zum Sieger von Iowa. Das dürften sie im Bewusstsein getan haben, dass das Entscheidende an dieser ersten Vorwahl nicht die vergleichsweise wenigen Delegierten sind, die der Staat zum Nominierungsparteitag schickt, sondern die Signalwirkung, die von Iowa ausgeht. Diese Wirkung – gleichsam der Rückenwind, den ein Sieg in dem Bundesstaat einem Kandidaten verleiht – macht die Vorwahl in Iowa so wichtig.
Zu wichtig, wie Kritikerinnen schon seit Längerem meinen. Der Staat im mittleren Westen sei zu klein, zu weiß, nicht repräsentativ für die amerikanische Gesellschaft insgesamt. Nicht nur sei die Bedeutung, die Iowa als Austragungsort der ersten Vorwahl zukommt, völlig ungerechtfertigt. Auch das System der sogenannten Caucuses sei undemokratisch. Diese Zweifel am Verfahren dürften nach dem Fiasko der vergangenen Nacht immer lauter werden.
Und Rückenwind wird es nach der Blamage der Demokraten wohl nur für einen geben: Donald Trump. Dessen Wahlkampfmanager sprach von einer „Kernschmelze der Demokraten“. Der Präsident hingegen holte bei der republikanischen Vorwahl, die als Formsache gilt, 97 Prozent der Stimmen. Wird Trump auch die ganz große Bühne nutzen, um sich über seine Rivalen lustig zu machen? Der Präsident hält an diesem Dienstag vor beiden Kammern des Kongresses seine Rede zur Lage der Nation. Die Tatsache, dass gerade im Senat ein Impeachment-Verfahren läuft, macht die „State of the Union“-Rede zwar zu einer historischen Episode. Allerdings hat Trump das Verfahren so gut wie überstanden: Die republikanische Mehrheit in der Kongresskammer beschloss jüngst, keine weiteren Zeugen vorzuladen. Morgen dürfte Trump dann freigesprochen werden.

Caucus in Mason City, Iowa
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Herzliche Grüße,
Ihr Alexander Sarovic