Die Lage am Samstag Liebe Leserin, lieber Leser,

ein Morning Briefing ist dafür da, Sie auf die Ereignisse des Tages einzustimmen. Unser Morning Briefing am Samstag hat eine andere Funktion, wir möchten Sie auf die neue SPIEGEL-Ausgabe neugierig machen. Oft bezieht sich unsere Titelgeschichte auf ein Ereignis, das eben gerade stattgefunden hat oder unmittelbar ansteht. Dieses Mal jedoch haben wir uns ein Thema gesucht, das zwischen zwei Ereignissen liegt - genau das hat uns interessiert: das Dazwischen. Unser Thema ist Paris. Wie geht es zu in einer Stadt, die noch vor wenigen Monaten durch Anschläge rund um die Fußballarena Stade de France verwundet wurde, die aber in eben diesem Stade de France am 10. Juni die Fußballeuropameisterschaft eröffnen wird? Ist aus der Stadt der Liebe eine Stadt der Angst geworden? So viel sei hier schon verraten: Die Überschrift unserer Titelgeschichte lautet: "Paris - Ein Fest fürs Überleben".
SPIEGEL-Reporter Ullrich Fichtner lebt schon lange in der französischen Hauptstadt. In dieser Animation nennt er zehn Wahrheiten und Irrtümer über Paris.
Animation: Der Mythen-Check - 10 Wahrheiten und Irrtümer über Paris
Apropos Angst
Mit der Angst ist es ja, wie mit allen Gefühlen, kompliziert. Sie ist nützlich, wenn es bei einem Nachtspaziergang hinter dem Gebüsch knackt. Man rennt weg, weil hinter dem Gebüsch sehr wahrscheinlich ein Mörder lauert. Angst kann aber auch lästig sein. Sie stellt sich oft dann ein, wenn es nicht nötig ist. Nicht überall lungern Mörder herum, auch nicht in Form von Terroristen, selbst wenn wir das dauernd glauben. Zwei meiner Kollegen haben mit dem Risikoforscher David Spiegelhalter ein Gespräch geführt. Der Brite sagt, dass gerade die Deutschen viel zu viel Angst hätten. Meine Kollegen geben das zwar zu, aber - keine Angst - sie verteidigen die Deutschen auch und benennen die Funktion ihrer Furcht.
In dieser Animation sehen Sie, wie wahrscheinlich es ist, bei bestimmten Situationen zu sterben.
Ein Sack Reis
Liebe Leserin, lieber Leser, Sie kennen ja den alten Spruch: Wen kümmert es, wenn in China ein Sack Reis umfällt. Es ist zwar peinlich, aber für uns Journalisten war dieser banale Satz lange bedeutsam. Wir konzentrierten uns auf Themen, die sich unmittelbar aufs Hier und Jetzt auswirkten, und die kamen selten aus China. In Zeiten der Globalisierung ist jedoch alles anders. Was in der Ukraine passiert oder im südchinesischen Meer wirkt sich auf große Teile der Welt aus. Aber auch tief in der Vergangenheit hat es Ereignisse gegeben, die sofort die ganze Welt verändert haben: Der Ausbruch des indonesischen Vulkans Tambora vor 200 Jahren hat das Klima beeinflusst. 1816 fiel der Sommer aus, die Nordhalbkugel verdüsterte sich, merkwürdige Orangetöne mischten sich ins Tageslicht, denn die Sonnenstrahlen mussten Schmutzpartikel durchdringen. Kulturwissenschaftler erkunden gerade, wie sich die Veränderung von Farben und Licht auf die Stimmungen der Menschen und also auch auf ihre Kunstwerke ausgewirkt haben, die Maler William Turner und Caspar David Friedrich nahmen magische Töne in ihre Bilder auf. Mein Kollege Wolfgang Höbel beschreibt all dies in einem großen Artikel im Kulturteil - eine Reise durch die Künste und um die Welt.
Gewinnerin des Tages...

ist Olga Raue. Im SPIEGEL erzählt sie das erste Mal ihre Geschichte. Während des Kalten Krieges spionierte sie für die CIA in der DDR und in der Sowjetunion, sie kam ins Gefängnis, die Bundesrepublik kaufte sie frei. Bei der Lektüre dieses Artikels musste ich an die Demonstranten von Pegida und Legida denken, die so sehr mit der Gegenwart hadern und das Gefühl verbreiten, früher sei vieles besser gewesen. Wenn Olga Raue von früher erzählt, dann von Misstrauen, Verrat und Folter. Olga Raues Jugend war spannend. Heute lebt sie ruhiger. Und besser.
Die jüngsten Meldungen aus der Nacht
Ihnen eine anregende Lektüre des neuen SPIEGEL-Heftes und ein schönes Wochenende,
Ihre
Susanne Beyer