Die Lage am Montag Liebe Leserin, lieber Leser,

die Diskussion um das Freihandelsabkommen TTIP ist derart ideologisch aufgeladen, dass es schwierig ist, sie sachlich zu führen. Das liegt auch daran, dass die Verhandlungen zwischen EU und USA im Geheimen stattfinden und viel Raum für Spekulationen lassen. Die Umweltschutzorganisation Greenpeace will heute nun 240 Seiten Verhandlungsdokumente veröffentlichen, wie die "Süddeutsche Zeitung" schreibt. Sie scheinen zu belegen, was man sich denken konnte: Es wird hart um die eigenen Vorteile verhandelt.
Wenn manche Dokumente nun öffentlich werden, ist das zu begrüßen. Vielleicht führt es sogar zu einer Versachlichung der Debatte. Hier finden Sie die wichtigsten Fakten zu TTIP von den SPIEGEL-ONLINE-Kollegen im Format "Endlich verständlich" erklärt. Das Thema wird uns wohl die nächsten Tage noch begleiten.

Die Schrecken von Aleppo
Angesichts der schrecklichen Lage der verbliebenen Zivilisten in der zerbombten syrischen Großstadt Aleppo, kann man eigentlich nur verzweifeln oder sich in Zynismus flüchten. Im von den Rebellen kontrollierten Teil der Stadt starben am Donnerstag rund 50 Menschen bei einem Luftangriff auf ein Krankenhaus, das von Ärzte ohne Grenzen unterstützt wurde. Seit gestern Abend ist nun US-Außenminister John Kerry wieder bei den Syrien-Friedensverhandlungen in Genf - er will versuchen, die im Februar vereinbarte Waffenruhe zu retten, von der in Aleppo in den vergangenen Tagen nichts mehr zu spüren war.
Kerry macht Druck auf die Russen, damit die wiederum Druck auf ihren Verbündeten Assad ausüben - und hoffentlich kurzfristig etwas Ruhe einkehrt. Nur: Solange das Assad-Regime sich wie bisher weigert, in Genf auch über sein eigenes Abtreten zu verhandeln, wird es keine Friedenslösung für Syrien geben.

Die Grün-Schwarz-Koalition
In Baden-Württemberg wächst heute auch auf dem Papier zusammen, was im Grunde schon länger zusammengehört: Die Öko-Konservativen von den Grünen und die Sozialkonservativen von der CDU stellen in Stuttgart den allerersten grün-schwarzen Koalitionsvertrag vor. Er soll rund 200 Seiten umfassen, ist in sieben Wochen und neun Arbeitsgruppen entstanden - und offenbar verliefen die Verhandlungen ziemlich problemlos und geschäftsmäßig.
Zum Abschluss der Verhandlungen verständigten sich die beiden Parteien nun auch auf die Verteilung der Ministerposten. Wen wundert's? Der neue, alte Ministerpräsident Winfried Kretschmann ist Angela Merkel bekanntlich deutlich näher als manchem seiner parteiinternen Widersacher. Die erste grün-schwarze Koalition mag ein großer Schritt für Deutschland sein, aber er ist nur ein kleiner Schritt für die Beteiligten. Nun fehlt nur noch der Segen der Basis.

Die Anti-Islam-Partei
Wir bleiben in Stuttgart. Die AfD hat dort am Wochenende ein Parteiprogramm beschlossen, das heißt: Die Parteiführung hat es im Eiltempo durchgepaukt - trotz unzähliger Änderungsanträge der Basis. Der Satz "Der Islam gehört nicht zu Deutschland" ist damit nun Programm; die rund vier Millionen in Deutschland lebenden Muslime dürfen sich sicherlich angesprochen fühlen.
"Die Ablehnung des Islam", schreibt mein SPIEGEL-ONLINE-Kollege Severin Weiland in seinem Kommentar, sei "ein emotionales Band, das weite Teile der AfD eint und auch mit ihren Wählern verbindet. Es könnte das Zukunfts-Dauerthema der Partei werden." Er kommt zum Schluss: Die AfD sei sich zwar in vielen Details nicht einig, werde aber so schnell nicht aus dem politischen Alltag verschwinden.
Die re:publica im Livestream
Heute beginnt in Berlin die re:publica, es ist bereits die zehnte Ausgabe der Konferenz für die digitale Avantgarde. Geladen sind 850 Redner, erwartet werden rund 7000 Teilnehmer - es geht unter anderem um Überwachung, Datenschutz und digitale Freiheit. Sascha Lobo wird sprechen, Edward Snowden soll zugeschaltet werden und auftreten soll auch der berühmte Digitalexperte Günther Oettinger, seines Zeichens EU-Kommissar für Digitale Wirtschaft und Gesellschaft. Die Veranstaltungen auf der Hauptbühne überträgt SPIEGEL ONLINE ab 10 Uhr im Livestream.
Gewinner des Morgens
Ich wage eine Prognose: Wir werden Barack Obama schon bald sehr vermissen. Am Samstag machte er sich beim alljährlichen "White House Correspondents' Dinner" unter anderem über Donald Trump lustig und ließ, bevor er die Bühne verließ, stilecht ein Mikrofon fallen. Damit hat er den "Mic Drop" aus der Hip-Hop-Kultur definitiv in den Mainstream eingeführt. Damit ist er für mich der klare Gewinner des Morgens.
Die jüngsten Meldungen aus der Nacht
- Bilanz zum 1. Mai: Gewalt und Proteste in mehreren Städten Europas
- Gerson Gálvez: Polizei fasst berüchtigten Drogenboss in Kolumbien
- Weltrekord: Franzose fliegt über zwei Kilometer auf Hoverboard
Ich wünsche Ihnen einen guten Start in die Woche! Herzlich, Ihr
Mathieu von Rohr, stellv. Ressortleiter Ausland DER SPIEGEL