
Die Lage am Morgen Biden hat wenig Lust auf Ermittlungen gegen Trump

Liebe Leserin, lieber Leser, guten Morgen,
heute beschäftigen wir uns mit möglichen Strafverfahren gegen Donald Trump, mit dem Infektionsschutzgesetz – und mit seltsamen Vorgängen im US-Staat Michigan.
Trumps Justizprobleme stören Biden
Zu den wichtigen Fragen der kommenden Monate in den USA gehört, ob Donald Trump nach seinem Ausscheiden aus dem Amt am 20. Januar mit einer Anklage und Verurteilung durch die Justiz rechnen muss. Es sind einige Verfahren anhängig und auch weitere Ermittlungen denkbar.
Der neu gewählte Präsident Joe Biden soll gegenüber Beratern klargemacht haben, dass er wenig Lust darauf hat, seine Amtszeit von ausschweifenden Ermittlungen gegen seinen Vorgänger überschatten zu lassen. Das berichten US-Medien. Solche Verfahren würden das Land nur weiter spalten und jeden Tag neue Schlagzeilen produzieren, in denen es vor allem um Trump gehe, soll Biden deutlich gemacht haben. Der neue Präsident wolle das Kapitel Trump abschließen und in die Zukunft blicken, sagen seine Berater.
Ein Problem ist dabei allerdings, dass Biden auf mögliche Strafverfahren gegen Trump nur wenig Einfluss haben könnte. Anders als Trump bekennt er sich dazu, das US-Justizministerium wieder zu einer möglichst unabhängigen Instanz zu machen, in der frei von Einmischung aus dem Weißen Haus entschieden wird. Das betrifft auch Verfahren gegen ehemalige Präsidenten, ihre Minister oder Mitarbeiter. Darüber werde der neue Justizminister oder die Justizministerin frei befinden, nicht er selbst, sagte Biden schon im August in einem Interview.

Joe Biden
Foto: JIM WATSON / AFPEin weiteres Problem für den Demokraten: Zwar könnte er sich des Themas Trump entledigen, indem er seinen Vorgänger im Falle einer Verurteilung begnadigt. Doch so einfach ist das nicht. Biden müsste sein eigenes Wort brechen. Er hatte im Wahlkampf auf entsprechende Nachfragen eine Begnadigung für Trump im Prinzip ausgeschlossen.
Fest steht: Am 20. Januar verliert der bisherige Präsident mit dem Ende seiner Amtszeit die Immunität vor einer möglichen Strafverfolgung durch Bundesbehörden. Ermittler könnten dann prüfen, ob er zum Beispiel für mögliche Verstöße gegen Gesetze zur Wahlkampffinanzierung angeklagt werden könnte. Sein früherer Anwalt Michael Cohen wurde dafür bereits zu einer Haftstrafe verurteilt. Es gibt zudem mögliche steuerrechtliche Probleme für Trump. Und seine mutmaßlichen Versuche, die Russlandermittlungen von Ex-FBI-Chef Robert Mueller zu behindern, könnten erneut untersucht werden. Als Präsident entging Trump hier einer Anklage. Nach seinem Abgang wäre diese nun möglich.
Ein Präsident außer Kontrolle

Cybersicherheit-Experte Christopher Krebs
Foto: Carolyn Kaster / APDie Versuche, von Nochpräsident Trump und seinen Getreuen, das Ergebnis der US-Wahlen zu annullieren, gehen derweil munter weiter. Sie werden damit am Ende keinen Erfolg haben. Aber es ist fast schon gruselig, mit anzusehen, mit welcher Skrupellosigkeit sie vorgehen.
In der Nacht entließ Trump per Tweet einen Topbeamten aus dem Heimatschutzministerium, Christopher Krebs. Das Vergehen, des Experten für Cybersicherheit: Er hatte es gewagt, Trumps Behauptungen über die angebliche Manipulation von Computerprogrammen während der US-Wahl öffentlich zu dementieren.
Im wichtigen Bundesstaat Michigan kam es derweil zum Eklat, weil sich zwei zuständige Republikaner zunächst weigerten, die Wahlergebnisse des Wahlbezirks Wayne County zu zertifizieren. Diesen wichtigen Wahlkreis, in dem auch die Stadt Detroit liegt, hatte Joe Biden mit großem Abstand gewonnen, was ihm den Gesamtsieg in dem nördlichen Bundesstaat einbrachte. Bei der Sitzung des Zertifizierungs-Komitees stimmten zwei Demokraten in dem Gremium für die Zertifizierung, die beiden Republikaner dagegen. Sie verwiesen auf angebliche Unstimmigkeiten bei der Wahl.
Trump und seine Getreuen jubelten bereits und sahen sich plötzlich als Sieger der Wahl in Michigan. Doch die Freude kam zu früh. Nach einiger Verwirrung stimmten dann doch alle vier Mitglieder des Gremiums für die Zertifizierung der Wahl. Es bleibt bei Joe Bidens klarem Sieg in Michigan.
Wahlbetrugsvorwürfen widersprochen: Trump feuert US-Cybersicherheitschef
Infektionsschutzgesetz soll verabschiedet werden

Am Reichstag in Berlin werden Proteste erwartet.
Foto: Kay Nietfeld / dpaZuspitzung ist ein erlaubtes Mittel der Politik, doch beim Nazivergleich hört in Deutschland zu Recht die Freundschaft auf. Mit Nazis vergleicht man nur Nazis. Dies hat offenbar all jenen Corona-Leugnern und Lockdown-Gegnern, die die Neufassung des Infektionsschutzgesetzes jetzt mal eben im Netz mit Adolf Hitlers Ermächtigungsgesetz von 1933 in Verbindung bringen, niemand im Geschichtsunterricht richtig erklärt.
Heute soll das umstrittene Gesetz im Bundestag und Bundesrat beschlossen werden. In Berlin könnte es dabei rund um das Reichstagsgebäude turbulent werden. Zwar wurden Kundgebungen direkt am Reichstag untersagt. Es werden aber mehrere Demonstrationen in der Umgebung erwartet – vor allem von Gegnern der Corona-Einschränkungen wie den sogenannten Querdenkern. Nach SPIEGEL-Informationen warnen die Sicherheitsbehörden die Bundestagsabgeordneten vor gewalttätigen Übergriffen. Laut einer internen E-Mail des Bundestages sollen sie den Reichstag besser nur durch die Tunnel betreten.
Das Infektionsschutzgesetz war im Zuge der Corona-Pandemie schon mehrfach reformiert worden.
Mit der erneuten Reform werden nun weitere Details geregelt. Unter anderem soll ein neuer Paragraf 28a ins Gesetz eingefügt werden, der im Detail auflistet, welche Schutzmaßnahmen von Landesregierungen und zuständigen Behörden gegen das Coronavirus verordnet werden können. Also zum Beispiel Kontaktbeschränkungen, Abstandsgebote, eine Maskenpflicht im öffentlichen Raum oder auch Beschränkungen oder Schließungen von Geschäften und Veranstaltungen.
Es sind ziemlich weitgehende Eingriffe in das Leben der Bürger, weshalb damit gerechnet wird, dass sich auch das Bundesverfassungsgericht bald mit dem Gesetz beschäftigen muss. Dies ist bekanntlich der übliche Weg, um zu prüfen, ob ein von der parlamentarischen Mehrheit verabschiedetes Gesetz der Verfassung entspricht. So läuft das übrigens in einem demokratischen Rechtsstaat wie Deutschland, da muss niemand »Ermächtigungsgesetz!« kreischen.
Vor Abstimmung zum Infektionsschutzgesetz: Bundestagsabgeordnete erhalten Tausende Spam-Mails
US-Abzug setzt Bundeswehr in Afghanistan unter Druck

Soldaten der Bundeswehr in Afghanistan
Foto: Maurizio Gambarini/ DPADie Bundeswehr wappnet sich nach den Ankündigungen der USA für einen Abzug der meisten US-Truppen aus Afghanistan bis Jahresende für ein Ende der deutschen Mission in Nordafghanistan. Spätestens nach einer Pressekonferenz des amtierenden US-Verteidigungsministers Christoph Miller in Washington gehen die Planer im deutschen Wehrressort davon aus, dass die deutsche Ausbildungsmission in Masar-e-Scharif nach dem Abzug von rund der Hälfte der heute 5000 US-Soldaten aus Afghanistan kaum mehr zu verantworten wäre. Das berichtet mein Kollege Matthias Gebauer.
Für die Bundeswehr und die gesamte Nato, die mit rund 12.000 Soldaten aus den Mitgliedstaaten die afghanische Armee ausbildet, ist die US-Unterstützung lebenswichtig. Ohne die stets in Bereitschaft stehenden Kampfjets der U.S. Air Force zum Beispiel wären die Nato-Truppen im Ernstfall, zum Beispiel bei einem Angriff der Taliban auf eins der Nato-Camps außerhalb von Kabul, auf sich allein gestellt.
Im Verteidigungsministerium haben die Planungen für den Abzug bereits begonnen. Schon seit einigen Monaten hatte man still und heimlich eine Logistikertruppe nach Masar verlegt, sie plant seitdem den Abzug. Eigentlich hatte man sich auf ein Ende der Mission im Norden Afghanistans im Frühsommer 2021 eingerichtet. Nun wird es nach der Ankündigung der USA schneller gehen müssen. Der rasche US-Abzug dürfte eine der letzten Amtshandlungen von Nochpräsident Donald Trump sein.
Nach US-Ankündigung: Bundeswehr muss den Turbo-Abzug planen
Die Verlierer des Tages…
…sind heute leider allen klar. Schönen Gruß nach Andalusien. Sie wissen schon. Wir werden darüber aber den Mantel des Schweigens ausbreiten.
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Ich wünsche Ihnen einen guten Start in den Tag.
Ihr Roland Nelles