Haushalt 2013 Schwarz-Gelb kürzt Niebels Etat

Entwicklungsminister Niebel: Erstmals seit drei Jahren steigt sein Etat nicht mehr
Foto: JOHANNES EISELE/ AFPBerlin - Anders als im vergangenen Jahr präsentierte Dirk Niebel den Etat seines Entwicklungsministeriums im Plenum diesmal nicht selbst. Der Grund: Es handele sich um einen "Entwurf des Parlaments", so sein Sprecher.
In einer persönlichen Erklärung bekräftigteNiebel seine Kritik an den Kürzungen in seinem Etat, die Anfang November der Haushaltsausschuss vorgenommen hatte und denen am Mittwochabend die schwarz-gelbe Koalition auch im Plenum des Bundestags folgte. "Ich respektiere die Entscheidung des Parlaments, stelle aber zugleich fest, dass Deutschland dem selbstgesteckten Anspruch so nicht mehr gerecht werden kann", betonte der Liberale.
Zuvor hatten die Grünen versucht, eine namentliche Abstimmung durchzusetzen. So wollten sie Schwarz-Gelb zwingen, Farbe zu bekennen. Doch der Antrag der Grünen fand keine Mehrheit. Von insgesamt 561 anwesenden Abgeordneten stimmten 251 dafür, 305 dagegen, fünf enthielten sich. Im kommenden Jahr stehen Niebel nun rund 6,3 Milliarden Euro zur Verfügung. Ursprünglich hatte die Regierung eine moderate Steigerung angestrebt. Jetzt fällt der Etat 2013 um 87 Millionen Euro niedriger aus als 2012.
Der Änderungsantrag der Grünen sah vor, die Kürzungen, die der Haushaltsausschuss zuletzt beschlossen hatte, wieder rückgängig zu machen. Sie forderten eine Aufstockung des Etats um 124 Millionen Euro zumindest auf die Summe, die die Regierung ursprünglich vorgesehen hatte.
Niebel selbst schloss sich dem Antrag der Grünen nicht an, obwohl er auf seiner Linie lag, den Etat wieder aufzustocken. "Ich stimme gegen den Änderungsantrag von Bündnis90/Die Grünen, obwohl ich die dort geforderten Vorschläge selbst, gemeinsam mit dem Bundesfinanzminister, in die Beratungen eingebracht habe", erklärte er. Er beteilige sich aber "nicht an den taktischen Spielchen der Opposition".
"Entwicklungspolitischer Irrsinn"
Nicht nur Niebel, auch Unionspolitiker hatten vor der Entscheidung im Plenum über die Kürzung des Entwicklungshilfe-Etats - zum ersten Mal seit Antritt der Bundeskanzlerin im Jahr 2005 - Unmut geäußert. Die Vorsitzende des Ausschusses für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung im Bundestag, Dagmar Wöhrl (CSU), war scharf mit den Kürzungen durch die Haushälter von Union und FDP ins Gericht gegangen. "Entwicklungspolitischer Irrsinn" sei das, "das falsche Signal und kurzfristiges Denken". Sie brachte auch einen möglichen Ansehensverlust der Kanzlerin ins Spiel. "Die aktuelle Entscheidung wirft einen unnötigen Schatten auf die gute entwicklungspolitische Bilanz der Kanzlerin", schrieb sie in einer Presseerklärung.
Die Opposition kritisierte die Kürzungen. Die Koalitionsfraktionen hätten ihren Minister schwer beschädigt, sagte Linken-Fraktionsvize Dietmar Bartsch am Mittwochabend in der Debatte des Bundestags. Die Leidtragenden seien die Armen in der Dritten Welt. Der Vizevorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Gernot Erler, merkte an: "Dass Abgeordnete seiner eigenen Koalition eine Kürzung von 124 Millionen Euro im BMZ-Haushalt gegen seinen Willen durchsetzen, kommt einem Offenbarungseid gleich. Wer so wenig Durchsetzungsvermögen hat, ist eindeutig auf dem falschen Posten und sollte besser die Konsequenzen aus seinem Scheitern ziehen als dies durch persönliche Erklärungen zu kaschieren."
Union und FDP hatten sich noch im Koalitionsvertrag im Herbst 2009 dazu verpflichtet, am internationalen Ziel feszuhalten, 0,7 Prozent der Wirtschaftsleistung bis 2015 für die Hilfe der Ärmsten in der Welt zur Verfügung zu stellen. Erler erklärte nun: "Entwicklungshilfeminister Niebel wird als Totengräber des 0,7-Prozent-Ziels in die Geschichte eingehen."
Der Grünen-Entwicklungspolitiker Thilo Hoppe sagte: "Ein fatales Signal, das Deutschland nun international unglaubwuerdig macht und die Gefahr heraufbeschwörrt, dass jetzt weitere Industrienationen dem schlechten Beispiel Deutschlands folgen und sich von ihren Zusagen zur Entwicklungsfinanzierung verabschieden."
Wie er, so wiesen auch die Grünen-Abgeordnete Priska Hinz und ihr SPD-Kollege Sascha Raabe darauf hin, dass die Kürzungen ausgerechnet im Wahljahr 2013 vor allem auf den FDP-Haushälter Jürgen Koppelin und damit einen Fraktionskollegen Niebels zurückzuführen seien. Koppelin sagte in der Debatte: "Ich bin ganz sicher, der Minister wird mit diesem Etat wunderbar klarkommen." Deutschland sei immer noch der zweitgrößte Geber hinter den USA.
Niebel hatte unmittelbar nach der Entscheidung des Haushaltsausschusses Anfang November erklärt, das Parlament verabschiede sich damit vom internationalen Ziel, den Anteil öffentlicher Mittel für Entwicklungszusammenarbeit bis zum Jahr 2015 auf 0,7 Prozent der Wirtschaftskraft zu erhöhen.
Nun wiederholte er seine Äußerung in einem Rundfunkinterview nach der Abstimmung im Plenum: "Dadurch sagen wir ganz klar, das Parlament hat sich den internationalen Verpflichtungen Deutschlands abgewandt."