"Glutnester antidemokratischen Verhaltens" Niedersachsen kündigt eigene Extremismus-Studie bei Polizei an

Mit einem Lagebericht erklärte Innenminister Seehofer die Diskussion über Rassismus in der Polizei jüngst für beendet. Sein niedersächsischer Amtskollege sieht das anders - und kündigt eine Tiefenprüfung an.
Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius (SPD)

Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius (SPD)

Foto: Holger Hollemann / dpa

Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) hatte eigene Rassismusstudien in der Polizei bislang abgelehnt - nun will Niedersachsen auf eigene Faust Tatsachen schaffen. "Recht schnell" solle demnächst in Niedersachsen eine Studie über Extremismus bei der Polizei starten, sagte der niedersächsische Innenminister Boris Pistorius (SPD) der "Rheinischen Post" . "Offensichtlich gibt es immer wieder Glutnester antidemokratischen Verhaltens, die wir schnell erkennen und ersticken müssen."

Er habe deshalb seinen SPD-Kollegen vorgeschlagen, dass Wissenschaftler die Polizei beim Einsatz vor Ort in einer qualitativen Studie strukturiert begleiten. Aus seiner Sicht würde die Beteiligung von "einer Handvoll" Bundesländer ausreichen. "Ich denke, dass auch die Union und der Bundesinnenminister mittlerweile einsehen, dass wir die Sicherheitsbehörden mit diesem Vorgehen aus der Defensive bringen und sie stärken", sagte der SPD-Minister. Parallel dazu könne auch eine mehrjährige Studie über die gesamte Gesellschaft gelegt werden.

Nach der Aufdeckung rechtsextremer Chatgruppen von Polizisten in mehreren Bundesländern hatten SPD und SPD-Minister bereits eine umfassende Rassismusstudie bei der Polizei gefordert. Bundesinnenminister Seehofer hält es dagegen nach wie vor für falsch, sich bei der Untersuchung dieses Phänomens allein auf die Sicherheitsbehörden zu konzentrieren. Damit würde man die Polizei unter Generalverdacht stellen. Eine Untersuchung des Polizeialltags könnte sich der Bundesinnenminister dagegen gut vorstellen. Seehofers Weigerung einer reinen Polizei-Studie war auch bei Politikern von Linkspartei und Grünen auf Kritik gestoßen.

mrc/dpa
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