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Niedersachsen-Wahl: Weil gegen Althusmann

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CDU in Niedersachsen Plötzlich Defensive

Lange schien er wie der sichere Sieger, dann kam die Bundestagswahl: CDU-Herausforderer Althusmann tut sich schwer im niedersächsischen Landtagswahlkampf. Nun rückt er von Angela Merkel ab.

Bernd Althusmann spricht in diesen Tagen nicht gerne über Umfragen. "Momentaufnahmen" seien das, "kurzfristige Stimmungslagen", sagt er. Und überhaupt: "Warten wir doch mal das Ergebnis ab."

Wenn Politiker so reden, sieht es bei den Demoskopen für sie meist nicht gut aus. Beim CDU-Herausforderer in Niedersachsen heißt das konkret: Seit August hat seine Partei einen Vorsprung von acht Prozentpunkten verspielt, sie liegt nun, vier Tage vor der Landtagswahl, gleichauf mit der SPD von Ministerpräsident Stephan Weil. Auch für Althusmanns Wunschbündnis Schwarz-Gelb gibt es den aktuellen Befragungen zufolge keine Mehrheit.

Besonders auffällig: Seit Ende September ist die CDU immer weiter abgerutscht. Statt wie erhofft vom Termin kurz nach der Bundestagswahl zu profitieren, leidet der 50-jährige Niedersachse unter dem bundespolitischen Trend. Die Verluste der SPD waren weitgehend erwartet worden, doch auch die Union stürzte auf das schlechteste Ergebnis seit 1949 ab. Während Weil sich nun im Aufwind wähnt, ist Althusmann in die Defensive geraten. Am Sonntag könnte seine Partei hinter der SPD landen - zum ersten Mal seit 1998.

Vorsichtig, aber doch erkennbar rückt der Christdemokrat im Wahlkampf von Angela Merkel ab. "Wir hätten uns mehr Rückenwind gewünscht", sagt Althusmann: "Es gab Fehleinschätzungen in der Flüchtlingspolitik. Wir müssen prüfen, ob unsere Bewertungen noch die Gefühlslage der Bevölkerung treffen."

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Wenige Tage vor der Wahl verteilt der CDU-Kandidat frühmorgens Kaffee am S-Bahnhof in Neu-Wulmstorf. Es regnet, die Pendler, die den Zug nach Hamburg nehmen, sind nicht besonders scharf auf Wahlkampfflyer und Sprüche gegen die rot-grüne Regierung. Viele nehmen einen Kaffee - und laufen einfach weiter.

Althusmann gibt nicht auf. Unterstützt vom Chef der Jungen Union, Paul Ziemiak, und einem CDU-Landtagskandidaten wirbt er leidenschaftlich für den Regierungswechsel und warnt vor Rot-Rot-Grün: "Ein solches Linksbündnis würde Chaos bedeuten, vor allem in den Schulen."

Eigentlich müsste der Herausforderer mit der Bildungspolitik punkten können. Die Niedersachsen halten es für das wichtigste Thema im Wahlkampf, vor allem der Unterrichtsausfall in den Grundschulen hat großen Ärger im Land ausgelöst. Doch Althusmanns Problem ist: Er war selbst bis 2013 Kultusminister, die Wähler trauen seiner Partei nicht zu, es besser zu machen. Laut einer Umfrage von Infratest dimap für den NDR sprechen nur 28 Prozent der CDU die größte Kompetenz in der Bildungspolitik zu, 37 Prozent setzen auf Weils SPD.

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Niedersachsen-Wahl: Weil gegen Althusmann

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Ein weiteres Problem für Althusmann: Ihm fehlt eine realistische Machtoption. Da Schwarz-Gelb bei einem möglichen Landtag mit sechs Parteien eher unrealistisch ist, müsste die CDU vor der SPD landen, um eine Große Koalition anführen zu können.

Ein Jamaika-Bündnis, wie es auf Bundesebene sondiert wird, scheint in Niedersachsen nahezu ausgeschlossen. Nicht erst seit dem Wechsel der Grünen-Abgeordneten Elke Twesten zur CDU ist die Stimmung vergiftet, im Landtag waren die Fronten zwischen der rot-grünen Regierung und der Opposition von CDU und FDP verhärtet.

Im Wahlkampf schimpfte der grüne Landwirtschaftsminister Christian Meyer über "schwarz-gelbe Hetzer", für Althusmann sind die niedersächsischen Grünen der "am weitesten links stehende Landesverband". Eine Zusammenarbeit sei "deutlich schwerer vorstellbar als auf Bundesebene", sagt er.

Althusmann in der "Bunten": "Immer auf Augenhöhe"

Nach der Wahlniederlage 2013 lebte Althusmann knapp drei Jahre in Namibia. Für die Konrad-Adenauer-Stiftung beriet er Parlamentarier in dem afrikanischen Land. Er sei "gelassener geworden", sagte er der "Bunten": "Es ist gut, aus dem Zirkus der Eitelkeit mal auszusteigen."

Ein Interview in der "Bunten" so kurz vor der Wahl? Das geriet gerade erst in Schleswig-Holstein für Ex-SPD-Ministerpräsident Torsten Albig zum Eigentor. Sein Leben habe sich schneller entwickelt als ihres, hatte Albig der "Bunten" zu den Gründen für die Trennung von seiner Frau gesagt. Es habe nur noch wenige Momente gegeben, "in denen wir uns auf Augenhöhe begegneten". Danach hieß es von Albigs Parteifreunden, das Interview habe der SPD im Wahlkampf enorm geschadet.

Althusmann scheint das Wagnis dennoch bewusst einzugehen. Er scheint sogar auf das Albig-Interview Bezug zu nehmen: So sei die Trennung von seiner ersten Frau "Gott sei Dank harmonisch" verlaufen, sagte Althusmann der "Bunten". "Der Respekt ging nie verloren, sie war immer auf Augenhöhe mit mir."

Vielleicht hofft der Herausforderer, mit diesem Interview aus der Defensive zu kommen. Am Sonntag wird sich zeigen, ob das eine gute Idee war.

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