Regierungskrise in Niedersachsen
Wann es zur Neuwahl kommen könnte
Der Parteiwechsel der Grünen Elke Twesten zur CDU stürzt die niedersächsische Landesregierung in die Krise. Kommt es parallel zur Bundestagswahl zu Neuwahlen? "Das ist sportlich", sagt die Wahlleiterin.
Stephan Weil, SPD-Ministerpräsident, will am 24. September wählen lassen
Foto: Holger Hollemann/ dpa
Der Wechsel der Grünen-Landtagsabgeordneten Elke Twesten zur CDU in Niedersachsen hat die Verhältnisse im Hannoverschen Landtag durcheinandergewirbelt: Rot-Grün hat keine Mehrheit mehr, stattdessen würde es für ein schwarz-gelbes Bündnis reichen.
Damit steht SPD-Ministerpräsident Stephan Weil unter großem Druck. Für Montag hat er nun alle Fraktionen des Landtags zu einem Gespräch eingeladen. Es gehe um einen Austausch, sagte eine Regierungssprecherin. Weil hatte am Freitag angekündigt, er wolle vorgezogene Neuwahlen herbeiführen.
Wird in Niedersachsen also neu gewählt? Und wenn ja, wann?
Die erste Frage ist schnell beantwortet: Sehr wahrscheinlich ja. Denn inzwischen haben sich sowohl SPD als auch CDU und Grüne im Land dafür ausgesprochen, nicht bis zum regulären Wahltermin im Januar 2018 warten zu wollen.
"Das ist sportlich", sagt die Wahlleiterin
Für Neuwahlen gibt es laut Landesverfassung zwei Szenarien. Erstens: ein Rücktritt von Ministerpräsident Weil, wie ihn CDU-Fraktionschef Björn Thümler schon auf der Wechsel-Pressekonferenz mit der abtrünnigen Grünen Twesten forderte. Weil lehnte einen Rücktritt aber umgehend ab.
Wahrscheinlich ist also Szenario zwei: eine Selbstauflösung des Landtags. Doch wann könnten dann Neuwahlen stattfinden?
Ministerpräsident Weil sprach sich laut "Hannoverscher Allgemeine Zeitung" für den 24. September aus - den Termin der Bundestagswahl. Theoretisch denkbar wäre sogar ein noch früherer Wahltag, aber schon für Weils Wunschtermin Ende September ist die Zeit sehr knapp.
Bislang plant die SPD-Fraktion, die Auflösung des Parlaments am 16. August zu beantragen. Frühestens elf Tage danach kann der Landtag darüber entscheiden. Zwei Drittel der anwesenden und die Hälfte aller Abgeordneter müsste zustimmen. Danach muss es spätestens binnen zwei Monaten Neuwahlen geben.
Entscheidend ist aber auch, wie schnell eine Wahl überhaupt vorzubereiten ist. Landeswahlleiterin Ulrike Sachs zeigte sich im Gespräch mit der HAZ optimistisch, dass der 24. September zu schaffen sei. "Das ist sportlich", sagte sie der Zeitung. "Aber das werden wir hinbekommen."
Der Wechsel Twestens von den Grünen zur CDU soll am Dienstag offiziell vollzogen werden. Ministerpräsident Weil äußerte im Sender n-tv erneut sein Unverständnis über den Schritt Twestens. Es gebe einen Auftrag an Abgeordnete, "das zu tun, was Wählerinnen und Wähler von ihnen erwarten". Twesten sei über die Grünen-Landesliste gewählt worden, die Wähler hätten also die Partei und nicht die Person gewählt.
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Der SPD-Ministerpräsident erneuerte auch seine Kritik an der CDU. Die rot-grüne Mehrheit sei durch einen "undurchsichtigen Vorgang" verloren gegangen. Die CDU habe sich an Twestens Wechsel "erkennbar begeistert beteiligt", kritisierte Weil. Das sei "sehr, sehr bedenklich" und schädlich für die Demokratie. Zuvor hatte der SPD-Ministerpräsident mit Blick auf den überraschenden Seitenwechsel von einer "Intrige" gesprochen.