Platznot Niedersachsen fordert Flüchtlingsheime in Aldi-Bauweise

Fertigbauten statt Zelte: Niedersachsens Innenminister Pistorius will Flüchtlingsheime nach dem Vorbild von Discountern errichten lassen. Das Ziel des SPD-Politikers: Menschenwürdige Unterkünfte binnen vier Wochen.
Flüchtlingsunterkunft in Ingelheim am Rhein: Heime wie Discounter?

Flüchtlingsunterkunft in Ingelheim am Rhein: Heime wie Discounter?

Foto: Christoph Schmidt/ dpa

Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius will Flüchtlingsheime in Musterbauweise nach dem Vorbild von Discountern bauen lassen. "Mir schwebt vor, die Errichtung von Flüchtlingsheimen zu beschleunigen. Die Handelskonzerne Aldi und Lidl ziehen ihre Läden ja auch auf der Basis eines einzigen Architektenentwurfs schnell hoch und bauen trotzdem solide", sagte der SPD-Politiker der "Rheinischen Post" . "Warum sollen wir deren langjährig erprobte Verfahren nicht auf die Flüchtlingsunterkünfte anwenden?"

Diese Bauten könnten in vier Wochen fertig sein, so Pistorius. Er forderte zudem eine grundsätzliche Beschleunigung der Bauverfahren. "Menschen müssen in Zelten schlafen, weil beim Bau eines Flüchtlingsheimes alle möglichen Vorschriften für Ausschreibungen oder energetische Standards eingehalten werden müssen", kritisierte der Minister. Deshalb trete er dafür ein, das Baurecht zu ändern.

In den vergangenen Wochen hatte es in nahezu allen Bundesländern Übergriffe auf Flüchtlingsunterkünfte und deren Bewohner gegeben (hier eine Übersicht). Besonders umstritten ist die Unterbringung von Asylbewerbern aus den Ländern des Balkan. Dabei geht es vor allem um die Frage, ob etwa Serbien oder Albanien zu den sogenannten sicheren Herkunftsstaaten zählen müssten.

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Asyldebatte: Massenflucht vom Balkan

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Zuletzt hatte Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer Schlagzeilen gemacht mit der Forderung, Asylbewerber vom Westbalkan in gesonderten Einrichtungen an den Fluchtrouten aufzunehmen - womöglich in Zeltstädten. Nach Darstellung des Bundesinnenministeriums bewegt sich dieser Vorschlag im Rahmen dessen, was beim jüngsten Flüchtlingsgipfel von Kanzlerin Angela Merkel und den Länder-Regierungschefs beschlossen wurde.

Gegen diese Forderung wenden sich viele Politiker von SPD, Grünen und Linken. Die rheinland-pfälzische Integrationsministerin Irene Alt (Grüne) sagte etwa, die Einstufung als "sichere Herkunftsstaaten" bringe de facto nichts. "Sie hat keine abschreckende Wirkung, wie wir am Beispiel Serbiens, Mazedoniens und Bosnien-Herzegowinas gesehen haben", so Alt - damit werde nur das Grundrecht auf Asyl ausgehöhlt. "Dieses Grundrecht ist ein Individualrecht, an dem wir nicht rütteln sollten."

mxw/dpa
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