Lüge über No-Spy-Abkommen SPD fordert Erklärung von Kanzleramt

Interne E-Mails belegen, dass es nie ein Angebot der US-Regierung für ein No-Spy-Abkommen gab. Die SPD erhebt schwere Vorwürfe gegen Merkel: Ihr damaliger Kanzleramtschef habe aus Gründen der Wahltaktik zur Unwahrheit gegriffen.
Kanzlerin Merkel und der damalige Kanzleramtschef Pofalla im September 2013: "Aus wahltaktischen Gründen eindeutig die Unwahrheit gesagt"

Kanzlerin Merkel und der damalige Kanzleramtschef Pofalla im September 2013: "Aus wahltaktischen Gründen eindeutig die Unwahrheit gesagt"

Foto: Hannibal Hanschke/ picture alliance / dpa

Nach der Veröffentlichung eines E-Mail-Verkehrs zwischen Berlin und Washington über ein von der Bundesregierung 2013 gewünschtes No-Spy-Abkommen ist nicht nur die Opposition aus Grünen und Linken empört. Auch SPD-Parteivize Thorsten Schäfer-Gümbel kritisiert das Kanzleramt.

"Süddeutsche Zeitung", WDR und NDR hatten am Samstag interne E-Mails über Verhandlungen zwischen Beratern des Kanzleramts und des Weißen Hauses veröffentlicht. Aus diesen geht hervor, dass die US-Regierung nie zugesagt hat, auf Spionage gegen Deutschland zu verzichten. Trotzdem verkündete der damalige Kanzleramtsminister Ronald Pofalla (CDU) am 12. August 2013 vor der Presse: "Die US-Seite hat uns den Abschluss eines No-Spy-Abkommens angeboten." Damals, wenige Wochen vor der Bundestagswahl im September, regierte die Union noch mit der FDP.

Pofalla habe "aus wahltaktischen Gründen eindeutig die Unwahrheit gesagt", sagte nun SPD-Vize Schäfer-Gümbel dem "Tagesspiegel am Sonntag". "Auch die Kanzlerin hat in jeder Wahlkampfrede behauptet, deutsches Recht würde durch die Amerikaner nicht verletzt", sagte der SPD-Vize. Das habe der Verhandlungsstand offenbar in keiner Weise hergegeben.

"Entweder die Bundesregierung litt 2013 unter akutem Realitätsverlust, oder die Beteiligten sollten schnellstmöglich erklären, wie dieser Fehltritt passieren konnte", sagte Schäfer-Gümbel weiter. Eine solche Täuschung der Öffentlichkeit müsse Thema im NSA-Untersuchungsausschuss werden. Zudem schaffe das damalige Verhalten Merkels und Pofallas nicht gerade Vertrauen in die Aufklärungsbereitschaft in der aktuellen BND-Affäre.

Auch die Fraktionsvorsitzende der Grünen, Katrin Göring-Eckardt, verlangte umgehend Aufklärung: "Ich will wissen, warum die Union wider besseres Wissen die Öffentlichkeit über ein angebliches No-Spy-Abkommen mit den USA getäuscht hat."

Der Vorsitzende des Parlamentarischen Kontrollgremiums, André Hahn (Linke), zeigte sich überzeugt, dass Pofalla seine Strategie damals mit Merkel abgesprochen habe. "Schon im Sommer 2013 war klar, dass das No-Spy-Abkommen nur die Beruhigungspille vor der Bundestagswahl sein sollte", sagte Hahn der Zeitung. Das Kontrollgremium werde sich mit dem Thema beschäftigen.

fdi/dpa/AFP
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