Islamismus NRW schiebt Top-Gefährder nach Algerien ab

Hamza C. im Oberlandesgericht Düsseldorf
Foto: Marcel Kusch/ picture alliance / Marcel Kusch/dpaEs hat Monate gedauert, doch nun ist der islamistische Gefährder Hamza C. nach Algerien abgeschoben worden. Nach SPIEGEL-Informationen begleiteten Bundespolizisten C. am vergangenen Freitag auf dem Flug in seine Heimat. Zuvor hatten algerische Behörden ihm Passersatzpapiere ausgestellt. Seine Abschiebung war seit Dezember 2017 betrieben worden.
"Der Fall zeigt, dass Abschiebungen von Gefährdern im Einzelfall möglich sind, aber eines enormen Personaleinsatzes bedürfen", so Flüchtlingsminister Joachim Stamp (FDP). "Insbesondere die Beschaffung von Passersatzpapieren ist mit extrem hohem Aufwand verbunden, Rückführungsabkommen müssen deutlich verbessert werden. Das muss ganz oben auf die Tagesordnung."
Der Generalbundesanwalt hatte C. im Februar 2017 angeklagt, an einem geplanten Anschlag auf die Düsseldorfer Altstadt beteiligt gewesen zu sein. Das Oberlandesgericht Düsseldorf sprach ihn jedoch frei. Es habe sich nicht bestätigt, dass C. ein Mitglied des "Islamischen Staats" (IS) gewesen sei und eine Attacke geplant habe. Für die anderthalb Jahre Untersuchungshaft muss C. finanziell entschädigt werden. (Lesen Sie die Hintergründe dazu hier.)
Der ebenfalls angeklagte Hauptbelastungszeuge Saleh A., der sich freiwillig der Polizei gestellt hatte, hatte vor Gericht seine Angaben über das angebliche Terrorkommando, das in Düsseldorf zuschlagen sollte, revidiert. Unklar ist, was ihn zu seinem Sinneswandel veranlasste. Trotz des Freispruchs vor Gericht waren Staatsschützer weiterhin überzeugt davon, dass Hamza C. ein Islamist ist, von dem erhebliche Gefahr ausgeht.
Absoluter Top-Gefährder
Beamte des Landeskriminalamts und der Düsseldorfer Kripo betrachteten ihn nach SPIEGEL-Informationen als einen der absoluten Top-Gefährder im Westen, auch wenn sie ihn mangels verlässlicher Informationen zu seiner Biografie bislang nicht mit dem neuen Analysetool Radar-iTE bewertet hatten. So stand C. unter anderem in Kontakt mit dem Islamisten Bilal C., der als Kundschafter des Pariser Terrorkommandos die Flüchtlingsroute für den IS-Operateur Abdelhamid Abaaoud ausgespäht hatte.
"Die Einstufung als Gefährder stammt noch aus Zeiten kurz nach der Anklageerhebung und gründet im Wesentlichen auf den Aussagen des Hauptangeklagten, eines vermeintlichen Kronzeugen", sagte hingegen der Verteidiger von Hamza C., der Rechtsanwalt Marvin Schroth aus Karlsruhe. "Der Großteil eben dieser Aussagen hat sich im Bezug auf meinen Mandanten zwischenzeitlich als unwahr herausgestellt." Gleichwohl werde an den damals getroffenen Einschätzungen festgehalten.
Fast ein Viertel der gefährlichsten Extremisten in Deutschland sind Asylbewerber, wie aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage des stellvertretenden FDP-Fraktionsvorsitzenden Stephan Thomae hervorgeht. Demnach stufen die Behörden rund 1560 Männer und Frauen als "Gefährder" oder "relevante Personen" in der Extremistenszene ein. 362 von ihnen hätten einen Antrag auf Asyl gestellt. Die hohe Zahl sei auch auf die Migrationsbewegungen im Kontext des Kriegsgeschehens in Syrien und im Irak zurückzuführen, schreibt die Regierung.
Bund und Länder versuchen inzwischen, Gefährder schneller abzuschieben. Nach dem Terroranschlag in Berlin im Dezember 2016 wurden laut Bundesinnenministerium 80 Personen aus dem islamistischen Spektrum außer Landes gebracht. In 13 Fällen erließen die Innenminister eine sofortige Abschiebungsanordnung nach Paragraf 58a Aufenthaltsgesetz, davon mussten bisher zehn der Betroffenen das Land verlassen. Eine solche Anordnung darf verhängt werden, um "eine besondere Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland" abzuwehren.
Im Video: Deutsche Gefährder - Syrien-Rückkehrer unter Beobachtung