Fotostrecke

NPD in Weinheim: Rechtsextreme in der Stadthalle, Gegendemonstranten vor der Tür

Foto: Jan Peters/ dpa

Neue NPD-Strategie Braun und brav

Die NPD hetzt gegen Flüchtlinge und schürt Ängste; im bürgerlichen Lager wildern jedoch Pegida und AfD geschickter. Jetzt geben sich auch die Rechtsextremen gemäßigt und setzen auf Harmonie. Für wie lange?

Die NPD setzt gern auf Bewährtes. "Das Boot ist voll", so lautet einer ihrer Slogans. Die Rechtsextremen benutzten ihn schon in den Neunzigerjahren, um Hass gegen Flüchtlinge zu säen. Jetzt hat die NPD den Spruch wieder hervorgeholt - und ihren Delegierten sogar auf den Parteitagsschildern an die Brust geheftet: Rund 150 Mitglieder der rechtsextremen Partei kamen am Wochenende nach Weinheim.

Zum dritten Mal versammelte sich die NPD in der baden-württembergischen Stadt. Dieses Mal wurde der Parteitag in der Stadthalle von Protesten und Ausschreitungen begleitet: Rund 200 Gegendemonstranten wurden in Gewahrsam genommen, es gab Verletzte (Lesen Sie hier mehr).

Die NPD inszenierte in Weinheim dagegen große Harmonie. Parteichef Frank Franz hatte Geburtstag, und der langjährige Ex-Vorsitzende Udo Voigt gratulierte.

Franz galt vielen als Notlösung an der Spitze, auch weil er sich viel mit Selfies auf Facebook und Instagram beschäftigt, jetzt gibt sich sein Vorgänger gnädig: "Das hast du gut gemacht", sagte Voigt und überreichte Franz sein Buch über seine Zeit in der NPD - natürlich mit Widmung und dem Zusatz "Udo Voigt, Europaabgeordneter, Bundesvorsitzender 1996 bis 2011". Es wirkte ein bisschen wie in der Schule, wenn der Lehrer dem Schüler ein Zeugnis überreicht.

Doch den NPD-Mitgliedern gefiel das nach den Grabenkämpfen der vergangenen Jahre. Es gab langen Applaus für Voigt und dessen Widersacher Udo Pastörs - mehr als für Franz, der lange über die "Befriedung der Partei" sprach.

Kritische Nachfragen nach dem im Sommer überraschend zurückgetretenen Ex-Bundesgeschäftsführer Holger Szymanski oder dem Ex-Vorsitzenden Holger Apfel wurden von der Parteispitze abgebügelt. "Fahrt nach Malle und fragt ihn selbst. Der ist Geschichte", bekam ein Berliner Delegierter zu hören. Auf Mallorca betreibt Apfel mittlerweile eine Kneipe.

Fotostrecke

Fotostrecke: Die Geschichte der NPD - Propaganda, Hass, Verbote

Foto: imago

In Weinheim gaben sich die Rechtsextremen lieber ihren Wunschvorstellungen hin: Der Einzug in den Landtag in Sachsen-Anhalt im Frühjahr sei machbar, von sechs Prozent war nicht nur einmal die Rede. Manch ein Rechtsextremer träumte sogar vom Bundestag, was bar jedweder Realität ist. Aber mit der Debatte über die Hunderttausenden Flüchtlinge im Land sehen viele NPD-Mitglieder ihre Zeit gekommen. Schließlich seien sie es gewesen, die schon immer gesagt haben, die deutsche Nation müsse verteidigt werden gegen die Fremden.

Mit ihren Parolen gegen Flüchtlinge hat die NPD der schrillen Stimmung den Boden mitbereitet. Doch längst bestimmen andere die Tonalität in der Asyldebatte: Pegida, rechtsradikale Splitterparteien wie "Der III. Weg" und "Die Rechte" oder die AfD. Letztere veröffentlichte erst am Freitag ein Anti-Asyl-Papier, das in seiner Schärfe (Lesen Sie hier mehr) die Anträge des NPD-Bundesvorstands zu Asyl und Terror übertrifft.

Zudem hat die AfD auch die Straße für sich entdeckt. Der thüringische Landeschef Björn Höcke bringt in Erfurt Tausende wöchentlich auf die Straße, auch in Rostock kamen Mitte Oktober 1800 Menschen zu einer AfD-Kundgebung. Von solch einem Zulauf kann die NPD nur träumen.

Doch das blenden viele der Rechtsextremen lieber aus. Auch Parteichef Franz redet nicht so gern über die Konkurrenz, die nun macht, wofür die NPD einst stand - nur eben mit einem freundlicheren Gesicht, ohne die bösen Neonazis, wie es ein langjähriges Vorstandsmitglied ausdrückt.

Da wird es kaum helfen, dass Franz sich betont moderat zeigt. Er wiederholte in Weinheim lieber den alten NPD-Spruch "Wir sind nicht das Sozialamt der Welt", den auch die CSU mittlerweile nutzt, oder bezichtigte die USA der Kriegstreiberei. Franz kündigte an, seine Partei künftig mit Bildern "sympathischer Leute" verknüpfen und so wählbar machen zu wollen.

Dass sich das "Sympathisch-Machen" nicht so einfach von oben von der Parteispitze verordnen lässt, hat sich dieses Jahr wiederholt gezeigt:

  • zum Beispiel in Tröglitz, wo NPD-Mitglied Steffen Thiel, der auch am Parteitag teilnahm, wochenlang Proteste gegen eine neue Asylbewerberunterkunft organisierte. Später wurde auf das Haus ein Brandanschlag verübt;

  • oder in Weimar, wo am 1. Mai Mitglieder der NPD-Jugendorganisation an einem Überfall auf eine Gewerkschaftsveranstaltung beteiligt waren;

Ereignisse, die im NPD-Verbotsverfahren zur Sprache kommen dürften, sollte es eröffnet werden. Offenbar noch in diesem Jahr will das Bundesverfassungsgericht entscheiden, ob eine Vorverhandlung angesetzt wird.

Die NPD wird auch deshalb die Hetze auf Ausländer und Asylbewerber bis auf Weiteres in Dosen organisieren. Die Rechtsextremen wollen den Anschluss behalten wollen, indem sie kleinere Veranstaltungen ansetzen, oder bei denen der AfD und Pegida dabei sind, allerdings ohne jedes Mal die NPD-Flagge zu schwingen. In Mecklenburg-Vorpommern hat die NPD sogar gleich selbst die sogenannte Bürgerbewegung "Mvgida" organisiert, ohne ihr Parteizeichen zu zeigen.

Diese Zurückhaltung dürfte aber nur wenige Monate andauern. Im kommenden Jahr stehen in fünf Bundesländern Wahlen an, auch in Mecklenburg-Vorpommern. Dort ist die NPD noch im Landtag vertreten - es ist das letzte Landesparlament. Die Rechtsextremen werden alles versuchen, dass das so bleibt.

Die Wiedergabe wurde unterbrochen.
Merkliste
Speichern Sie Ihre Lieblingsartikel in der persönlichen Merkliste, um sie später zu lesen und einfach wiederzufinden.
Jetzt anmelden
Sie haben noch kein SPIEGEL-Konto? Jetzt registrieren
Mehrfachnutzung erkannt
Bitte beachten Sie: Die zeitgleiche Nutzung von SPIEGEL+-Inhalten ist auf ein Gerät beschränkt. Wir behalten uns vor, die Mehrfachnutzung zukünftig technisch zu unterbinden.
Sie möchten SPIEGEL+ auf mehreren Geräten zeitgleich nutzen? Zu unseren Angeboten