NPD-Kundgebung (Archivbild): "Erneute Planung durchführen"
Foto: ? Tobias Schwarz / Reuters/ REUTERSBayreuth/Coburg - Die NPD gibt auf: Sie hat am späten Mittwochabend ihren für dieses Wochenende geplanten Bundesparteitag abgesagt. Das teilte die rechtsextreme Partei mit. Die Versammlung sollte in Lautertal-Rottenbach im Landkreis Coburg stattfinden. Frank Schwerdt, Leiter der NPD-Rechtsabteilung, erklärte per Pressemitteilung: "Da unsere Rechtsanwälte wegen der bereits geschaffenen Baufakten an einen Erfolg beim Oberverwaltungsgericht nicht glauben, haben wir uns entschlossen, den Parteitag für das kommende Wochenende abzusagen." Die Partei werde "eine erneute Planung durchführen".
Das Verwaltungsgericht Bayreuth hatte wenige Stunden zuvor Anträge der NPD abgelehnt, Bauarbeiten auf einer Kreisstraße zu einem privaten Grundstück in der 4100-Einwohner-Gemeinde in Oberfranken zu stoppen. Dort wollten die Rechtsradikalen tagen - in einem Zelt. 400 Anhänger waren für den 6. und 7. April erwartet worden.
Der Landkreis Coburg hatte am Dienstag auf der Straße zu dem Grundstück Bauarbeiten begonnen, die bis zum 12. April andauern sollen. Dadurch ist das Gelände faktisch nur noch zu Fuß zu erreichen. Die Arbeiten seien von langer Hand vorbereitet worden, ein Teil des Jahresplans, sagte der Sprecher des Landratsamtes, Dieter Pillmann.
"Es ist offensichtlich, dass die Baumaßnahmen wegen uns durchgeführt werden", behauptet dagegen NPD-Sprecher Frank Franz. Die Partei spricht in ihrer Erklärung von "behördlicher Willkür". "Der Besitzer wurde als Anwohner nicht einmal über die angeblich lange zuvor geplante Maßnahme informiert", so Franz.
Das Grundstück, auf dem der Zelt-Parteitag geplant war, gehört Hermann Schwede, Sohn des früheren Coburger NS-Oberbürgermeisters und NSDAP-Gauleiters von Pommern, Franz Schwede. Schwede Junior, 2005 Bundestagskandidat der NPD, wurde im vergangenen September "für seinen jahrzehntelangen Einsatz und seine Mitgliedschaft" von seiner Partei mit dem goldenen Parteiabzeichen geehrt. Verbieten können die Behörden die Parteiveranstaltung nicht, da diese auf privatem Gelände stattfinden und nicht öffentlich sein sollte.
Der Sprecher des Landratsamts zeigte sich nach der Gerichtsentscheidung erleichtert. "Wir sind froh, dass das Gericht so entschieden hat. Wir fühlen uns bestätigt, dass die NPD nicht so einfach und so kurzfristig sich gegen unseren Willen durchsetzen kann", so Pillmann.
Nun muss die NPD einen neuen Ort finden, an dem sie tagen kann. Dies wird nicht einfach, die rechtsextreme Partei ist unerwünscht, wie sie selbst feststellt: "Es ist kein Geheimnis, dass kaum noch Hallen für gesetzlich vorgeschriebene Parteitage zu bekommen sind." Die Zeltversammlung in Rottenbach war "mangels Alternativen" geplant worden, wie der bayerische Verfassungsschutz mitteilte.
Parteichef Holger Apfel, der parteiintern unter Druck steht wegen seines gemäßigteren Kurses, wollte sich am Wochenende in Bayern im Amt bestätigen lassen. Er wollte so gestärkt in das drohende Verbotsverfahren und den anstehenden Bundestagswahlkampf gehen. Wann der NPD-Parteitag nun stattfinden kann, ist unklar.
SPIEGEL+-Zugang wird gerade auf einem anderen Gerät genutzt
SPIEGEL+ kann nur auf einem Gerät zur selben Zeit genutzt werden.
Klicken Sie auf den Button, spielen wir den Hinweis auf dem anderen Gerät aus und Sie können SPIEGEL+ weiter nutzen.
28. November 1964: Erste Schritte - erste Erfolge. Die neu gegründete NPD setzt sich aus rechten Splittergruppen zusammen. Sie übernimmt die Struktur ihrer Vorgängerorganisation Deutsche Reichspartei (DRP). In der Rezession findet die NPD schnell Unterstützer. Die Rechten ziehen in den folgenden Jahren in sieben Landesparlamente ein und haben rund 30.000 Mitglieder.
28. April 1968: Triumph bei der Wahl in Baden-Württemberg. Bei der Landtagswahl im Süd-Westen holt die NPD mit 9,8 Prozent ihr bis dahin bestes Ergebnis.
28. September 1969: Bundestagseinzug verpasst. Unter dem zweiten Vorsitzenden Adolf von Thadden schrammt die NPD am Einzug in den Bundestag knapp vorbei (4,3 Prozent).
1. Januar 1971: Absturz. Unter Martin Mußgnug verliert die NPD Anhänger und Wähler - und versinkt fast in der Bedeutungslosigkeit. Bei den Bundestagswahlen zwischen 1972 und 1990 kommen die Rechtsextremen nie über 0,6 Prozent hinaus.
5. März 1987: DVU - Konkurrenz und Kooperation. Der Millionär Gerhard Frey tritt mit seiner Deutschen Volksunion (DVU) bei Wahlen an. Fortan nähern sich beide Lager an. Zu einer Fusion kommt es vorerst jedoch nicht. Der NPD-Vorsitzende Mußgnug verliert zusehends den Rückhalt seiner Partei. Am 5. Dezember 1990 tritt er zurück.
8. Juni 1991: Radikalisierung unter Deckert. Der Holocaust-Leugner Günter Deckert übernimmt die Partei. Unter ihm gibt sich die NPD ein zunehmend radikaleres Image. Wahlerfolge stellen sich jedoch kaum ein. 1992 wird Deckert unter anderem wegen Volksverhetzung verurteilt. Es folgen weitere Verfahren. Ab November 1995 muss er eine fünfjährige Haftstrafe antreten.
23. März 1996: Voigt übernimmt die Partei. Obwohl inhaftiert, tritt Deckert erneut für den Parteivorsitz an - verliert aber gegen Udo Voigt. Dieser verschärft den Ton der NPD noch einmal deutlich. Dafür wirbt er gezielt Mitglieder aus verbotenen rechten Vereinigungen an. Wahlerfolge kann er damit aber weder auf Landes- noch auf Bundesebene verbuchen. Trotzdem gewinnt die NPD gerade in den neuen Ländern langsam an Bedeutung.
30. Januar 2001: Erstes Verbotsverfahren. Die Regierung Schröder schiebt ein Verfahren an, um die Verfassungsmäßigkeit der NPD prüfen zu lassen. Ziel ist ein Verbot der Partei. Schon in der frühen Phase des Verfahrens werden Zweifel an den Erfolgsaussichten laut.
18. März 2003: Aus für das Verbotsverfahren. Das Bundesverfassungsgericht kippt das Verbotsverfahren. Zuvor war klar geworden, dass V-Leute des Verfassungsschutzes in die Spitze der NPD geschleust worden waren. Als Kronzeugen waren diese unbrauchbar geworden, Gleiches galt für große Teile des Beweismaterials.
19. September 2004: Erfolg in Sachsen. Bei den Wahlen im Freistaat holen die Rechten 9,2 Prozent - und liegen nur knapp hinter der SPD. Sie erhalten damit zwölf Plätze im Landtag.
15. Januar 2005: NPD und DVU schmieden "Deutschlandpakt". Das Bündnis der ultrarechten Parteien sieht vor, dass diese bei wichtigen Wahlen nicht mehr gegeneinander antreten. Zudem sollen sie einander im Wahlkampf behilflich sein. Vier Jahre hält die Verbindung, Ende 2010 erfolgt die später angefochtene Fusion.
April 2009: Millionenstrafe für die NPD. Die Bundestagsverwaltung macht ernst - und überstellt der NPD einen Strafbescheid über 2,5 Millionen Euro. Grund sind gravierende Fehler im NPD-Rechenschaftsbericht 2007. Parteichef Voigt spricht von einer "Existenzkrise". Das Verfahren zieht sich über Jahre hin und ist auch Ende 2012 noch nicht beendet.
4. September 2011: Wiedereinzug in den Schweriner Landtag. Auch in Mecklenburg-Vorpommern schafft es die NPD wieder in den Landtag. Die Rechten kommen mit ihrem Spitzenkandidaten Udo Pastörs auf sechs Prozent. Außer Sachsen ist es jedoch der einzige Landtag, in dem die NPD derzeit sitzt.
13. November 2011: Wechsel an der Parteispitze. Es ist die Wachablösung: Auf dem Parteitag in Neuruppin übernimmt Holger Apfel die Spitze der NPD von Udo Voigt. Mit dem neuen Chef wollen die Ultrarechten weg von ihrem radikalen Image, hin zu einem seriösen Auftreten. Vor allem sollen so mehr Wähler aus dem bürgerlich-konservativen Lager angesprochen werden.
5. Dezember 2012: Anlauf für ein neues Verbotsverfahren. Die Innenminister der 16 Bundesländer sind sich einig: Sie empfehlen ein neues Verfahren zum Verbot der NPD. Zuvor waren mögliche Verbindungen von NPD-Leuten zur Zwickauer Terrorzelle NSU bekannt geworden. Die Bundesregierung steht einem Verbot jedoch skeptisch gegenüber. Das Verfahren der Länder zog sich über Monate, der Antrag soll nun am 3. Dezember beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe eingereicht werden.