Kraft gegen Laschet im TV Duell der kleinen Schritte

Hannelore Kraft (SPD) und CDU-Spitzenkandidat Armin Laschet
Foto: Herby Sachs/ dpaEs ist die wichtigste Landtagswahl des Superwahljahres 2017: Am 14. Mai bestimmt Nordrhein-Westfalen ein neues Parlament (Lesen Sie hier den NRW-Faktencheck zur Wahl). Das Ergebnis wird auch den Ton für den Bundestagswahlkampf setzen. Kann die SPD von Ministerpräsidenten Hannelore Kraft klar gewinnen, hilft das auch dem Kanzlerkandidaten Martin Schulz. Erleiden die Sozialdemokraten hingegen im Arbeiterland herbe Verluste, dürfte die anfängliche Schulz-Euphorie wohl verfliegen.
Im WDR-Fernsehen ist Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) am Dienstagabend auf CDU-Herausforderer Armin Laschet getroffen - zum ersten und einzigen TV-Duell. Wer konnte punkten? Die Sendung im Überblick.
Die Ausgangslage:
Die Umfragen im Arbeiterland NRW sind gemischt: Von einem Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen SPD und CDU bis zu einem klaren Sieg von Kraft scheint alles möglich. Und die amtierende rot-grüne Regierung bietet durchaus zahlreiche Angriffspunkte: Ob innere Sicherheit, Bildung oder Wirtschaft - Nordrhein-Westfalen steht im Vergleich zu anderen Bundesländern oft nur mittelmäßig da. Kann Laschet diese offenen Flanken nutzen?
Das Format:
Es ist die puristischste Form des TV-Duells. Die beiden Kandidaten stehen in einem kargen TV-Studio zwei Moderatorinnen gegenüber. Die WDR-Chefredakteurinnen Sonia Mikich und Gabi Ludwig stellen die Fragen; es gibt kein Publikum und keine Einspieler. Zwar hat der WDR im Vorfeld Stimmen von Bürgern eingesammelt, echte NRWler schaffen es aber nicht in die Sendung.
Das sind die Top-Themen:
Die Themenblöcke hatte der WDR ausgesucht und den Kandidaten vorab mitgeteilt: Sicherheit in NRW, Integration und Zuwanderung, Bildung und Verkehr.
Laschet ist angriffslustig, hat sich gut vorbereitet und will zeigen, wo er sich von der SPD-Landesmutter abgrenzt. Doch die pariert die Angriffe - oder gibt ihrem Gegenüber gleich ganz recht. Letztlich bleiben die meisten Diskussionen im Detail stecken; bei den grundsätzlichen Fragen gibt es kaum Unterschiede.
Beispiel Kriminalität: CDU-Mann Laschet fordert die Einführung der Schleierfahndung, um Einbrecherbanden zu überführen. "Das machen 13 Länder: grün-schwarze, schwarz-grüne, rot-grüne, Kenia-Koalitionen, alle möglichen, nur drei nicht: Bremen, Berlin und Nordrhein-Westfalen", sagt Laschet. Kraft widerspricht: Schleierfahndung bringe nichts, und man könne bereits jetzt "anlassbezogen" kontrollieren. So geht das hin und her, wer in Nordrhein-Westfalen derzeit wen aus welchem Grund kontrollieren darf und wen nicht. Am Ende ist sogar die Moderatorin verwirrt: "Also der Unterschied zwischen Ihnen ist, wenn ich das richtig verstanden habe, einmal anlassbezogene Fahndung und bei Ihnen ist es auch anlassbezogene ?"
Krafts stärkster Moment:
Gefragt, ob der Islam zu Nordrhein-Westfalen gehöre, sagt Kraft: "Jeder, der hier lebt, der sich an Recht und Gesetz hält, sich hier einbringt, der seine Steuern hier zahlt, der ist für mich Nordrhein-Westfale." Zuwanderung habe das Land nach vorne gebracht. "Das sollten wir auch beibehalten." Ein solch klares Bekenntnis zur Zuwanderung hört man nach den AfD-Erfolgen bei Landtagswahlen selten. Gegenkandidat Laschet fällt nur eine kurze Antwort ein: "Stimmt."
Laschets stärkster Moment:
Im Fall des Terroristen von Berlin, Anis Amri, greift Laschet den SPD-Innenminister Ralf Jäger frontal an. Amri habe sehr wohl in Abschiebehaft genommen werden können. "Ihr Minister hat nicht gehandelt, Sie halten an ihm fest, Sie finden ihn großartig. Ich finde, dass er zum Sicherheitsrisiko geworden ist." Das sitzt.
Das Duell in einem Zitat:
"Aber doch, weil Sie damals dieses Kinderbildungsgesetz auf den Weg gebracht haben, in dem die Trägerinteressen überhaupt nicht vorkamen und Sie nämlich überhaupt keine Dynamisierung drin hatten, damit die Träger langfristig überleben können." Hannelore Kraft zu Armin Laschet zur Frage, warum manchen Kindergärten Geld fehlt.
Fazit:
Bei allem Verwaltungsdeutsch bleibt vor allem ein Eindruck hängen: Ganz so verschieden sind Kraft und Laschet gar nicht. Beim Abitur wollen beide eine Kombination aus G8 und G9 behalten, in der Frage, wie Integration gelingt, sind sich beide einig und im Kampf gegen Salafismus betonen beide, wie wichtig Prävention sei. Es gibt zwei Momente im Duell, da schaut Kraft während ihrer Antwort in Richtung Laschet - und der nickt freundlich. Man kann den Eindruck bekommen: Wenn es nicht für Rot-Grün reicht, diese beiden würden sich auch in einer Großen Koalition prima verstehen.
Ist Nordrhein-Westfalen sicherheitspolitisch gescheitert? Eine Videoreportage:
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