NRW-Wahlkampf SPD wehrt sich gegen Berichte über Spendenaffäre

Endphase im NRW-Wahlkampf: Probleme auch bei der SPD mit der Parteienfinanzierung
Foto: Oliver Berg/ dpaDer Bochumer Theologie-Professor Günter Brakelmann gilt als bedächtiger Zeitgenosse. Wer ihn anruft, hört im Hintergrund oft klassische Musik. Diese Woche aber hat sich der Senior mächtig aufgeregt - über Vorwürfe gegen die von ihm geleitete Bochumer Wählerinitiative BWI und finanzielle Verstrickungen der Organisation mit der : "Das ist ja gerade der Charme, dass wir unter keinen Umständen abhängig von der Partei sind", verteidigte sich SPD-Mitglied Brakelmann noch am Mittwoch in der "Westfälischen Rundschau".
Aber ist die Wählerinitiative tatsächlich unabhängig von der SPD? Und falls ja: Sind die Einnahmen der Wählerinitiative, die seit 2004 regelmäßig Geld sammelte, politische Veranstaltungen und Plakate finanzierte, dann richtig verbucht und angegeben worden? Seit dieser Woche ermittelt die Bundestagsverwaltung wegen des Verdachts eines Verstoßes gegen das Parteiengesetz. Bundestagspräsident Norbert Lammert will den Sachverhalt möglichst rasch aufklären - und sich bis dahin nicht öffentlich äußern.
Kurz nachdem der SPIEGEL über enge Verbindungen zwischen der nordrhein-westfälischen CDU und der offiziell unabhängigen Wählerinitiative "Wähler für den Wechsel" vor der Landtagswahl 2005 berichtet hatte, schrieb die Online-Ausgabe einer Regionalzeitung am Dienstag über eine angebliche "Spendenaffäre auch bei der SPD". Gelder und Aktivitäten der SPD-nahen Bochumer Wählerinitiative BWI seien nicht ordnungsgemäß im Rechenschaftsbericht der Sozialdemokraten ausgewiesen, so der Vorwurf. Die SPD widersprach heftig, die Zeitung nahm den Bericht aus dem Internet. Aber da hatte die Union schon längst von der Bundestagsverwaltung Aufklärung über die Bochumer Initiative verlangt.
Einnahmen akribisch aufgelistet
Die nordrhein-westfälische SPD übt sich seither in Vorwärts-Verteidigung. In allen Rechenschaftsberichten der Partei von 2004 bis 2009 seien die Einnahmen der Bochumer Initiative akribisch aufgelistet worden, so Parteisprecher Dirk Borhart. Dies sei nötig und korrekt gewesen, weil es sich um eine SPD-nahe Wählerinitiative handele. Tatsächlich finden sich in den Rechenschaftsberichten Angaben, die zu dieser Darstellung passen. So taucht in den Unterlagen mehrfach ein "Konto Wählerinitiative 10413789" auf, 2004 ist ein "Spendenkonto KW-Wahlkampf" aufgeführt und 2005 eine "Wählerinitiative zur Landtagswahl".
Diese Initiativen, hinter denen sich die Bochumer Spendensammler verbergen sollen, schafften demnach Beträge zwischen 720 Euro im Jahr 2008 und maximal 16.951, 43 Euro (2004) heran. Die Höchstsumme von 2004 setze sich aus insgesamt 94 kleineren Einzelspenden zusammen, versichert SPD-Sprecher Borhart. Die Namen der Spender seien einzeln aufgeführt worden. Eingezahlt wurde das Geld laut Borhart auf ein spezielles Konto des SPD-Unterbezirks Bochum, die Geldgeber hätten auf Wunsch Spendenquittungen von der SPD bekommen.
Alles in Ordnung also? Sollten diese Auskünfte der SPD sich als richtig erweisen, sieht der Parteispendenexperte Hans Herbert von Arnim "keinen Verstoß gegen das Parteiengesetz". Dann handele es sich vielmehr um den "umgekehrten Fall wie bei der CDU": Die Union in NRW stehe im Verdacht, Gelder einer CDU-nahen Wählerinitiative rechtswidrig nicht als Einnahmen der Partei im Rechenschaftsbericht ausgewiesen zu haben. Die SPD dagegen habe solche Gelder offenbar als Parteieinnahmen angegeben, so Arnim.
Spendeneinkünfte künstlich nach oben getrieben?
Problematisch wäre es allerdings, wenn die Bochumer Wählerinitiative tatsächlich neutral und unabhängig von der SPD sein würde und es keine Absprachen über die Verwendung der Gelder gegeben hätte. In diesem Fall hätten die Einnahmen der Gruppe um den Theologen Brakelmann nicht im SPD-Rechenschaftsbericht erwähnt werden dürfen, erläutert Arnim. Denn dann hätten sie die Spendeneinkünfte der Partei künstlich nach oben getrieben - und sowohl der SPD als auch den Spendern unrechtmäßig finanzielle Vorteile verschafft.
Das scheint inzwischen auch den Verantwortlichen in der Wählerinitiative und der SPD zu dämmern. Spendensammler Brakelmann betont nun, in Bochum sei seine Gruppe "seit Jahren als sozialdemokratische Wählerinitiative bekannt". Sie habe seit 2004 "die örtlichen Kandidaten der SPD" unterstützt.
Brakelmanns Worte, die Initiative sei "unter keinen Umständen abhängig von der Partei", findet SPD-Sprecher Borhart inzwischen "unglücklich". Gemeint sei nur, dass es sich nicht um ein "formales Gremium der Partei" handele, korrigiert er.