Aufklärung der NSA-Spähaffäre Friedrich reist zu Gesprächen in die USA

Zögerlich und unentschlossen wirkte er bisher in NSA-Affäre - jetzt will Innenminister Friedrich in die USA fliegen. Er beugt sich damit offenbar der harschen Kritik. SPD und Grüne fordern von der Bundesregierung mehr Druck auf US-Präsident Obama.
Bundesinnenminister Friedrich: Fehlende klare Linie in der Spähaffäre

Bundesinnenminister Friedrich: Fehlende klare Linie in der Spähaffäre

Foto: Kay Nietfeld/ dpa

Berlin - Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) will in der Spähaffäre des US-Geheimdienstes NSA nun Flagge zeigen: Er fliegt dafür in die USA. Ein Sprecher des Ministers bestätigte am Donnerstagabend, dass Friedrich Ende der kommenden Woche direkt mit der US-Regierung über die Spähaktion des Geheimdiensts sprechen will. Geplant sind "hochrangige Gespräche", hieß es.

Details zur Dauer des Aufenthalts und genaue Termine sollen in der kommenden Woche bekanntgegeben werden. Die Bundesregierung hatte zunächst angekündigt, auf Arbeitsebene eine Delegation nach Washington zu schicken. Diese Reise wird wie geplant stattfinden, hieß es nun aus dem Innenministerium.

Anfang der kommenden Woche soll die kleine Delegation unter Leitung des Kanzleramts - mit Vertretern aus dem Auswärtigen Amt, dem Innen-, dem Justiz- und dem Wirtschaftsministerium - in die USA reisen, wie es aus Regierungskreisen hieß. Zudem werden ein Vertreter des Bundesnachrichtendienstes und des Bundesamtes für Verfassungsschutz mitreisen. Die Delegationsreise soll zur Vorbereitung des Friedrich-Trips dienen.

Der Minister war zuletzt unter Druck geraten. Selbst in der Koalition wächst der Unmut über Friedrichs Verhalten - ihm wird eine fehlende klare Linie in der Spähaffäre vorgeworfen. Anfang Juni begann Whistleblower Edward Snowden mit seinen Enthüllungen über die amerikanischen Überwachungsmaßnahmen. Friedrich spricht seitdem von Vorwürfen und darüber, dass es keine Belege gebe - dabei betreffen die Spähaktionen die Kernbereiche seiner Zuständigkeit.

"Angriff auf in der Verfassung geschützte Grundrechte"

Auch die Opposition ist unzufrieden mit dem Innenminister. Es reiche bei weitem nicht aus, Unterabteilungsleiter nach Washington zu schicken, sagte SPD-Fraktionsgeschäftsführer Thomas Oppermann am Donnerstag in Berlin.

In den vergangenen Tagen hatte es aus den Reihen der Opposition immer wieder Kritik gehagelt, die Regierung bemühe sich zu wenig um Aufklärung. SPD-Chef Sigmar Gabriel hatte die Bundesanwaltschaft dazu aufgerufen, Ermittlungen gegen die Verantwortlichen der beteiligten Nachrichtendienste einzuleiten. "Es handelt sich um einen Angriff auf in der Verfassung geschützte Grundrechte", sagte er in einem Interview mit SPIEGEL ONLINE.

Opposition reicht Kanzlerin-Telefonat mit Obama nicht

SPD und Grüne griffen zudem Bundeskanzlerin Angela Merkel an. Diese hatte am Mittwochabend mit US-Präsident Barack Obama telefoniert. Sie habe in dem Telefonat deutlich gemacht, dass Ausspähaktionen nicht zum partnerschaftlichen Umgang gehörten, sagte die Kanzlerin am Donnerstag. "Der amerikanische Präsident, so mein Eindruck, hat die Dinge und auch die Sorgen sehr ernst genommen", fügte sie hinzu.

Der Opposition reicht das bei weitem nicht aus. Sie forderte die Kanzlerin auf, sich in der Ausspähaffäre von Obama nicht mit einem Telefonat abspeisen zu lassen. "Wenn solche ungeheuerlichen Enthüllungen seit dreieinhalb Wochen bekannt sind, erwarte ich mehr als die Zusicherung, das prüfen zu wollen", sagte SPD-Fraktionsgeschäftsführer Oppermann.

Der Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion, Michael Grosse-Brömer (CDU), hielt dagegen, die Regierung arbeite mit Hochdruck an der Aufklärung. Dazu reise nun auch Friedrich in die USA. Der SPD warf er vor, sich "in unsachlicher und völlig unangemessener Kritik" zu ergehen. "Statt an der Aufklärung eines uns alle betreffenden Problems mitzuwirken, zieht sie substanzloses Wahlkampfgetöse vor."

US-Auskünfte an Arbeitsgruppe von Experten

Die USA kündigten am Donnerstag an, einer Arbeitsgruppe von Experten aus den 28 EU-Staaten Auskünfte über die umstrittenen Ausspähaktionen des US-Geheimdienstes NSA zu geben. "Sie sind bereit zu kooperieren, sie sind bereit, zu erklären", sagte die derzeitige EU-Ratsvorsitzende, Litauens Präsidentin Dalia Grybauskaite. "Und das ist wichtig für künftige Zusammenarbeit."

Mit diesem Schritt, so Beobachter, wolle Washington die Freihandelsverhandlungen mit der EU retten. Diese sollen vermutlich am kommenden Montag wie geplant beginnen. Allerdings sei das Datum noch nicht endgültig beschlossen.

Das EU-Parlament hatte am Donnerstag die Aktionen des US-Geheimdienstes gegen EU-Vertretungen scharf in einer Resolution verurteilt. Es verlangte einen Stopp aller Überwachungsprogramme. Die USA sollten den Europäern alle Informationen über das Überwachungsprogramm Prism ohne Umschweife zur Verfügung stellen, heißt es in der Erklärung.

tob/heb/flo/dpa/AFP
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