Minister Friedrich und die NSA-Affäre Der USA-Verteidigungsminister

Die Geheimdienstkontrolleure des Bundestags erfahren von dem aus Washington zurückgekehrten Hans-Peter Friedrich wenig Neues zur NSA-Affäre. Der Innenminister erklärt stattdessen die Sicherheit zum "Supergrundrecht" und ermahnt die Bürger zu mehr Datenschutz. Von Aufklärung keine Spur.
Minister Friedrich und die NSA-Affäre: Der USA-Verteidigungsminister

Minister Friedrich und die NSA-Affäre: Der USA-Verteidigungsminister

Foto: Ole Spata/ dpa

Berlin - Er will jetzt endlich mal raus aus der Defensive, will mal selbst etwas anstoßen. Also hat Hans-Peter Friedrich ein paar Ideen mitgebracht, was man so machen könnte mit "all diesen Datenschutzdingen". Neue Regeln in Europa, ein transatlantisches Abkommen, eine digitale Grundrechtscharta. Seine Liste ist lang.

Sie klingt auch ganz gut, nur leider ist Friedrich wieder mal ein bisschen spät dran. Die Ideen haben längst andere gehabt, die Justizministerin zum Beispiel, auch die Kanzlerin. Immerhin einen Vorteil hat es aus seiner Sicht, sich jetzt auch mal ausführlich dem Datenschutz zu widmen. Der Innenminister muss nicht viel über seine eigentliche Aufgabe sprechen: die Aufklärung der NSA-Spähaffäre.

Deretwegen ist Friedrich an diesem Dienstag eigentlich in den Bundestag gekommen. Zweieinhalb Stunden steht er dem Parlamentarischen Kontrollgremium Rede und Antwort darüber, was die Amerikaner ihm über die deutsche Spur ihrer Überwachungsprogramme erzählt haben. Friedrich will ein Zeichen setzen. Aber so richtig wird das nichts mit diesem Zeichen. Denn viel hat er von seinem Trip nach Washington nicht mitgebracht. Und das, was er mitgebracht hat, darf er öffentlich nicht sagen. Alles streng geheim.

Friedrich muss als größten Erfolg verkaufen, dass die vom Whistleblower Edward Snowden erhobenen Vorwürfe, die NSA spähe in Deutschland pro Monat bis zu 500 Millionen Kommunikationsdaten aus, "von der US-Seite nun aufgearbeitet" würden. Die Einzelheiten der Aktivitäten seien leider vertraulich, aber er hoffe darauf, dass der laufende Deklassifizierungsprozess in Washington ein wenig Licht ins Dunkel bringe.

BND kooperiert mit mehr als einem Dutzend Partnerdiensten

Auch hinter verschlossenen Türen, so ist zu hören, soll substantiell wenig Neues darüber zu erfahren gewesen sein. Konkret sei nur Gerhard Schindler geworden, der Präsident des Bundesnachrichtendienstes. Schindler bestätigte laut Teilnehmern eine Zusammenarbeit mit befreundeten Behörden. Bei Gefahrenlagen, wie etwa Entführungen, gebe es in der Regel eine Datenabfrage bei über einem Dutzend Partnerdiensten.

Über die Quelle oder einzelne Programme erfahre der BND aber nie etwas. Auch Friedrich habe nochmals betont, nichts von Programmen wie Prism und Co. gewusst zu haben. "Über die entscheidenden Fragen", kritisiert Grünen-Innenexperte Hans-Christian Ströbele, "wissen wir immer noch nicht mehr."

Friedrich ist, das sollte gesagt sein, auch arm dran. Er muss für die Kanzlerin den Kopf hinhalten. Angela Merkel lässt zwischendurch ein paar markige Worte verlauten, erklärt den Kalten Krieg für beendet und verlangt, dass sich die NSA hierzulande an deutsches Recht halten möge - in Zukunft. Der Minister aber muss nach Washington reisen, wo er erwartungsgemäß mit höflich verpackter Nichtinformation abgespeist wird. "Depp vom Dienst" taufte ihn die "taz" wenig zimperlich.

Doch Friedrich tut auch nicht viel dafür, wenigstens engagiert zu wirken. Als überzeugter Amerika-Freund will er dem Verbündeten nicht zu nahetreten. Und weil er zugleich starke Geheimdienste für unentbehrlich hält, behagt ihm die angetragene Rolle des Aufklärers gar nicht. Stattdessen ermahnt er die Bürger, mehr für den Schutz ihrer Daten zu tun, und bezeichnet Sicherheit als "Supergrundrecht". Der Minister wirkt in diesen Tagen bei seiner Mission äußert unglücklich.

Friedrich in der Terrorfalle

Friedrich verzettelt sich sogar bei jenen Argumenten, die belegen sollen, wie wertvoll die Zusammenarbeit der NSA für Deutschland ist. 45 Anschläge seien durch das Prism-Programm verhindert worden, verkündete der Minister nach seiner USA-Reise, fünf davon hierzulande. Inzwischen will er sich nicht mehr so genau festlegen. Denn welche fünf Anschlagsversuche das sein sollen, das kann Friedrich nicht sagen. Die verhinderten Sauerland-Bomber, die Düsseldorfer Qaida-Zelle - mehr fällt ihm nicht ein. Die Amerikaner haben ihm die Fälle angeblich nicht offengelegt. Warum aber hat er dann nicht nachgefragt? Stattdessen versucht er, die Sicht des großen Verbündeten zu vermitteln.

Selbst in der Union halten viele es für wenig überzeugend, mit Zahlen angeblich verhinderter Anschläge zu hantieren. "Dummes Zeug", sei das, sagt CSU-Innenexperte Hans-Peter Uhl. Er münzt das aber eher auf das Verhalten der NSA als auf das des Ministers. Von Friedrich wünschen sich manche bei Schwarz-Gelb etwas mehr Tatendrang. "Das reicht alles noch nicht, was wir hier erleben", sagt FDP-Innenexpertin Gisela Piltz. Sie fordert eine Task-Force im Bundeskanzleramt. Mit anderen Worten: Angela Merkel solle die Aufklärung zur Chefsache machen.

Das verlangt die Opposition längst. "Die Kanzlerin muss jetzt mehr Druck machen in Richtung Aufklärung - wir brauchen konkrete Fakten", sagt SPD-Fraktionsgeschäftsführer Thomas Oppermann. Sozialdemokraten und Grüne behalten sich vor, Merkel auch persönlich ins Kontrollgremium zu laden. Darüber soll in einer weiteren Sondersitzung entschieden werden, wahrscheinlich Anfang August.

Die Kanzlerin wird diese Debatte erst einmal entspannt aus der Ferne verfolgen. Sie ist dann im Urlaub.

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