NSA-Affäre Verfassungsschutz späht US-Konsulat mit Helikopter aus

Der Auftrag kam vom Verfassungsschutz: Im Tiefflug hat ein Hubschrauber der Bundespolizei Dutzende Fotos vom Dach des Frankfurter US-Konsulats geschossen. Das räumt jetzt die Bundesregierung ein. Es ging angeblich um die Suche nach Abhörantennen.

Berlin - Die Bundesregierung hat eine spektakuläre Aktion gegen mögliche Abhöreinrichtungen der Amerikaner auf deutschem Boden bestätigt: Der Sprecher von Kanzlerin Angela Merkel und das Innenministerium räumten am Montag auf Nachfrage ein, dass Ende August ein Hubschrauber der Bundespolizei im Tiefflug das US-Konsulat in Frankfurt am Main überflog und dabei hochauflösende Fotos vom Dach schoss. Offenkundiges Ziel der Mission war, vermutete Abhörtechnik der USA auf dem Konsulat zu identifizieren.

Der Eurocopter kreiste laut einem Bericht des Magazins "Focus" nur in 60 Meter Höhe über der US-Vertretung. Das Magazin zitierte einen nicht namentlich genannten Regierungsbeamten, man habe den Amerikanern signalisieren wollen, dass Abhörtechnik auf deutschem Boden nicht geduldet werde: "Die Botschaft an die amerikanischen Freunde sollte sein - bis hier und nicht weiter. Germany strikes back!" Die "FAZ" hatte vergangene Woche zuerst über den Flug berichtet.

Die Regierung bemühte sich am Montag, den Fall herunterzuspielen. Das Innenministerium teilte lapidar mit, der Verfassungsschutz sei grundsätzlich für die Sicherheit der ausländischen Einrichtungen zuständig, ebenso aber auch zur Abwehr von ausländischer Spionage auf deutschem Boden. Trotz Dutzender Nachfragen verweigerte die Sprecherin die Auskunft, ob es sich bei dem Spähflug über dem Konsulat um eine Routineoperation oder die gezielte Suche nach versteckten Antennen gehandelt habe: "Das will und kann ich nicht sagen."

Vize-US-Botschafter telefonierte mit dem Auswärtigen Amt

Tatsächlich war der Eurocopter-Einsatz wohl kaum auf Routineflug, einen solchen hätte man den Amerikanern sicherlich auch vorher angemeldet. Stattdessen wurden diese durch den Tiefflug überrascht, Sicherheitsleute sollen an dem Vormittag des 28. August Fotos von dem Helikopter geschossen haben. Kurz darauf telefonierte der stellvertretende US-Botschafter in der Sache dann mit dem Auswärtigen Amt (AA). Was das Ministerium nun als "Informationsaustausch" deklariert, dürfte in Wahrheit eine Beschwerde gewesen sein.

Hintergrund des brisanten Manövers, das fast an Geheimdienstoperationen aus den Zeiten des Kalten Kriegs erinnert, sind die Enthüllungen des ehemaligen Geheimdienstmitarbeiters Edward Snowden. Demnach installierte der Abhördienst der National Security Agency (NSA) weltweit in 80 Einrichtungen der USA Horchposten. In den von Snowden enthüllten internen NSA-Dokumenten werden diese "Special Collection Service" genannt. Naturgemäß, so die Papiere, dürften die Partnerländer nichts von den Spionageeinrichtungen erfahren.

Dass der Verfassungsschutz so massiv reagiert, verdeutlicht trotz der stets wiederholten Gelassenheit der Regierung, dass man die Schilderungen von Snowden durchaus ernst nimmt. Laut "Focus" soll der Spähangriff über Frankfurt sogar direkt aus dem Kanzleramt von Geheimdienstkoordinator Ronald Pofalla angeordnet worden sein. Der CDU-Politiker, der die NSA-Affäre wortreich für endgültig beendet erklärt hat, soll wegen der Berichte über Spähtechnik in diplomatischen Stellen der USA hierzulande mehr als gereizt reagiert haben.

Ob der Tiefflug über Frankfurt Klarheit über die vermutete Abhörtechnik gab, ließ die Bundesregierung am Montag offen. Darüber würden nur die zuständigen Gremien des Bundestags informiert. Für Experten hingegen wirkt die Aktion eher als symbolische Aktion denn als ernsthafter Versuch, mögliche Abhörantennen zu finden. Demnach sollte den Amerikanern nur gezeigt werden, dass man im Fall des Falls auch härter vorgehen kann. Ein Beamter sprach von einem symbolischen "Schuss vor den Bug".

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