"NSU 2.0" Drohmail an Hannovers Oberbürgermeister und weitere Grüne aufgetaucht

Das hessische Landeskriminalamt weiß von 69 mit "NSU 2.0" unterzeichneten Drohschreiben. Nach SPIEGEL-Informationen ist nun noch eine weitere solche Mail gegen Politiker der Grünen verschickt worden.
Mehrere Grünenpolitiker, darunter Renate Künast (4. von links), Katrin Göring-Eckardt (2. von rechts) und Anton Hofreiter (rechts), haben Drohmails erhalten

Mehrere Grünenpolitiker, darunter Renate Künast (4. von links), Katrin Göring-Eckardt (2. von rechts) und Anton Hofreiter (rechts), haben Drohmails erhalten

Foto: AFP / John MacDougall

Erneut ist eine Drohmail mit dem Absender "NSU 2.0" aufgetaucht. Sie ging nach SPIEGEL-Informationen an den Oberbürgermeister der Stadt Hannover, Belit Onay, an den Fraktionschef der Grünen im Bundestag, Anton Hofreiter, sowie die Abgeordneten Renate Künast und Filiz Polat.

Seit Wochen häufen sich rechtsextreme Morddrohungen per Mail und in Briefen, die mit "NSU 2.0" unterschrieben sind, und zum Teil von der Polizei abgefangen werden konnten. Der hessische Innenminister Peter Beuth (CDU) sprach am Dienstag von 69 entsprechenden Drohschreiben, die dem hessischen Landeskriminalamt inzwischen bekannt seien.

Ebenfalls am Dienstag war bekannt geworden, dass auch Bundestagsvizepräsidentin Claudia Roth (Grüne), Grünenfraktionschefin Katrin Göring-Eckardt, die Abgeordneten Martina Renner (Linke) und Karamba Diaby (SPD) und Sawsan Chebli (SPD), Staatssekretärin der Berliner Staatskanzlei, Drohschreiben erhalten haben.

In der nun aufgetauchten Mail an Onay, Hofreiter, Künast und Polat heißt es, man wolle die Politiker umbringen. Unterschrieben ist das Schreiben mit "Heil Hitler", "Der Nationalsozialistische Untergrund 2.0" und "NSU 2.0". Die E-Mail liegt dem SPIEGEL vor.

Die Grünen haben die Mail an die Polizei weitergeleitet und Strafanzeige erstattet. "Drohungen und Einschüchterungen nehmen ein unerträgliches Ausmaß an. Wir müssen alarmiert sein, denn der verbalen Hetze folgen immer wieder Gewalttaten", sagte Onay dem SPIEGEL. Künast sagte, die Mail bekräftige, dass "die Gesellschaft und seine Sicherheitsbehörden sich wirklich auf die Bekämpfung von Rechtsextremismus und Rechtsterrorismus konzentrieren müssen". Sonst, so Künast, zerfalle die Gesellschaft.

"Die Bedrohung durch den Absender hat für mich eine besondere Qualität, sollte hinter dem 'NSU 2.0' tatsächlich ein rechtes Netzwerk oder Tatverdächtige aus unseren Sicherheitsbehörden stecken. Ich hoffe auf eine umfassende Aufklärung", sagte Polat dem SPIEGEL.

Urheber der Schreiben unbekannt

Auch der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime, Aiman Mazyek, hat nach eigenen Aussagen ein rechtsextremes Drohschreiben bekommen. "Heute wieder eine Morddrohung erhalten", sagte Mazyek in einem Video, das er auf Twitter veröffentlichte. Es sei die dritte solche E-Mail seit 2019, die mit "NSU 2.0" unterzeichnet sei, sagte er. Der Absender würde Mazyek und seiner Familie mit "Vernichtung" drohen. Mazyek sagte, er werde die "feige Straftat" anzeigen.

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Die mit "NSU 2.0" unterschriebenen Drohschreiben enthalten teilweise auch nicht öffentliche Daten von Betroffenen. Diese Daten sollen von Polizeicomputern in Frankfurt und Wiesbaden abgerufen worden sein. Betroffen sind unter anderem die Anwältin Seda Basay-Yildiz, die das erste entsprechend unterzeichnete Drohschreiben vor rund zwei Jahren erhielt, außerdem die Fraktionschefin der Linken im hessischen Landtag, Janine Wissler, und die Kabarettistin Idil Baydar.

Die Urheber der Schreiben sind bislang nicht bekannt. Laut Hessens Innenminister Beuth wurden die 69 bisher bekannten Schreiben an 27 Personen in acht Bundesländern verschickt. Die Abkürzung "NSU 2.0" verweist auf den "Nationalsozialistischen Untergrund", der zwischen 2000 und 2007 zehn Morde aus rassistischen Motiven in Deutschland verübte. Inzwischen hat das hessische Innenministerium Hanspeter Mener zum Sonderermittler in der Drohmailaffäre berufen.

höh/kko
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