Platzprobleme NRW-SPD will Zschäpe-Prozess in Messehallen verlegen

Strafjustizzentrum in München: Zu klein für alle Prozessbeobachter
Foto: picture alliance / dpaBerlin - Die Situation vor dem Prozess gegen die rechtsextreme Zwickauer Terrorzelle ist verfahren. Türkische Medien haben keine Presseplätze erhalten, beharren aber auf ihrem Anspruch, dem Verfahren beizuwohnen. Das Oberlandesgericht München verweist auf seine Vergabepraxis - und gibt sich wenig kompromissbereit. Nun könnte ein ungewöhnlicher Lösungsansatz Abhilfe schaffen. Nordrhein-Westfalens Justizminister Thomas Kutschaty (SPD) hat vorgeschlagen, den Prozess in die Münchner Messehalle zu verlegen.
So könnte man den Streit über die Platzvergabe an Medienvertreter beenden - und Platz für alle schaffen. "Wenn man den Prozess zum Beispiel in die Messehallen verlegen würde, wäre die Grundlage für das bisherige Zulassungsverfahren entfallen, und man könnte von vorne anfangen", sagte der SPD-Politiker der "Rheinischen Post".
Das Gericht steht in der Kritik, weil bei der Vergabe der reservierten Presseplätze türkische Medien leer ausgegangen sind. Die 50 Plätze hatte das Oberlandesgericht nach der Reihenfolge der Anmeldungen vergeben. Der Prozess gegen die mutmaßliche Neonazi-Terroristin Beate Zschäpe sowie vier mutmaßliche Helfer und Unterstützer der Terrorgruppe Nationalsozialistischer Untergrund (NSU) beginnt am 17. April. Acht von zehn mutmaßlichen NSU-Opfern haben türkische Wurzeln. Deshalb wollen Medien aus dem Land unbedingt dabei sein, ebenso wie zahlreiche Politiker.
Die türkische Gemeinde in Deutschland hofft nun darauf, dass das Oberlandesgericht in dem Streit noch einlenkt. "Eine Klage gegen die Akkreditierungspraxis könnte den Prozessbeginn verzögern. Das wäre kein gutes Signal", sagte der Vorsitzende Kenan Kolat der "Passauer Neuen Presse". Zugleich äußerte er aber zugleich vollstes Verständnis für einen solchen Schritt.
"Das ist ein Jahrhundertprozess"
Kolat warf dem Gericht vor, die Bedeutung des Prozesses völlig falsch einzuschätzen. "Es ist ein Jahrhundertprozess in der Geschichte der Bundesrepublik. Das ist der Justiz offenbar nicht bewusst", sagte er und forderte Aufklärung über Berichte, wonach deutsche Medien vorab über die Akkreditierung informiert worden seien. Wenn das zuträfe, wäre es ein weiterer Skandal, sagte Kolat. "Dann muss das gesamte Akkreditierungsverfahren erneut durchgeführt werden."
Die türkische Zeitung "Sabah" will gegen die Vergabe der Plätze klagen und lässt sich von dem Medienanwalt Ralf Höcker vertreten. "Wir haben das einem der besten Medienrechtler übergeben, er macht das nun für uns", sagte der stellvertretende Chefredakteur Ismail Erel. Die Platzvergabe verletze den Gleichheitsgrundsatz und das Grundrecht auf Pressefreiheit.