Debatte über Flüchtlingslimit Pro Asyl legt sich mit Zentralrat der Juden an

Wie viele Flüchtlinge kann Deutschland aufnehmen? Neben der CSU fordert auch der Zentralrat der Juden ein Limit. "Befremdlich", urteilt Pro Asyl.
Flüchtlinge auf einem Boot vor Lesbos: Forderungen nach Obergrenze in Deutschland werden lauter

Flüchtlinge auf einem Boot vor Lesbos: Forderungen nach Obergrenze in Deutschland werden lauter

Foto: BULENT KILIC/ AFP

Kanzlerin Angela Merkel ist nach wie vor gegen eine Obergrenze für die Aufnahme von Asylbewerbern - sehr zum Ärger des Koalitionspartners CSU. Parteichef Horst Seehofer hat nun Unterstützung bekommen - der Zentralrat der Juden spricht sich ebenfalls für eine Limitierung von Flüchtlingen aus.

Die Flüchtlingshilfsorganisation Pro Asyl kritisiert diese Forderungen nun scharf. "Es ist befremdlich, wenn die CSU und der Zentralrat der Juden de facto fordern, die Europäische Menschenrechtskonvention außer Kraft zu setzen", sagte Pro-Asyl-Geschäftsführer Günter Burkhardt.

Sowohl die Genfer Flüchtlingskonvention als auch die Europäische Menschenrechtskonvention garantierten Schutz vor Zurückweisung an der Grenze in jedem Einzelfall, sagte Burkhardt. Wenn Flüchtlinge per Boot an Europas Küsten anlandeten, könne niemand sagen: "Jetzt drehen wir das Boot um und schicken es zurück."

Der Pro-Asyl-Geschäftsführer verwies insbesondere auf Artikel 33 der Genfer Flüchtlingskonvention. Darin heißt es: "Keiner der vertragschließenden Staaten wird einen Flüchtling auf irgendeine Weise über die Grenzen von Gebieten ausweisen oder zurückweisen, in denen sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Staatsangehörigkeit, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht sein würde."

"Hass auf Juden und Intoleranz fester Bestandteil"

Zentralratspräsident Josef Schuster hatte zuvor betont: "Über kurz oder lang werden wir um Obergrenzen nicht herumkommen." Er plädierte in einem Interview mit der "Welt"  für kontrollierte Zugänge in die Bundesrepublik und verwies auf die großen Herausforderungen bei der Integration. "Viele der Flüchtlinge fliehen vor dem Terror des 'Islamischen Staates' und wollen in Frieden und Freiheit leben, gleichzeitig aber entstammen sie Kulturen, in denen der Hass auf Juden und die Intoleranz ein fester Bestandteil ist", so Schuster. "Denken Sie nicht nur an die Juden, denken Sie an die Gleichberechtigung von Frau und Mann oder den Umgang mit Homosexuellen."

Schuster führte die Einstellungen weniger auf den muslimischen Glauben zurück, sondern eher auf die Herkunft zahlreicher Asylsuchender aus arabischen Ländern. "Wenn ich mir die Orte und Länder in Europa anschaue, in denen es die größten Probleme gibt, könnte man zu dem Schluss kommen, hier handele es sich nicht um ein religiöses Problem, sondern um ein ethnisches."

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Deutschland und Schweden sind innerhalb der EU die Hauptzielländer für Hunderttausende Flüchtlinge, die sich seit Monaten aus den Krisenregionen in Richtung EU auf den Weg machen. Derzeit wird in der Koalition über die Einführung flexibler Flüchtlingskontingente beraten.

Ein Sprecher des Bundesinnenministeriums sagte der "Welt" vom Montag: "Es bleibt dabei: Beim Grundrecht auf Asyl für politisch Verfolgte gibt es keine Obergrenze." Die SPD ist ebenfalls gegen eine Obergrenze, weil das Grundrecht auf Asyl nicht angetastet werden dürfe.

Innenminister Thomas de Maizière (CDU) hatte in der "Bild am Sonntag" erklärt, in Zukunft sollte Europa ein großzügiges Flüchtlingskontingent aufnehmen. "Ein Kontingent bedeutet automatisch eine Begrenzung der Anzahl von Flüchtlingen."

heb/AFP
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