Offerte aus Brüssel EU bietet Polit-Rentner Stoiber Job an

Die EU umwirbt Edmund Stoiber. Nach Informationen von SPIEGEL ONLINE wartet auf Bayerns scheidenden Ministerpräsidenten bereits ein neues Amt in Brüssel. Er soll den Bürokratieabbau in Europa voranbringen - kein leichter, aber ein ehrenvoller Job.

Für das kommende Wochenende hat sich ein seltener Gast in der Wolfratshausener Doppelhaushäfte der Familie Stoiber avisiert: Ex-Bundeskanzler Gerhard Schröder. Der soll auf der 100-Jahr-Feier der dortigen SPD-Truppe den frustrierten Genossen in der schwarzen Diaspora ein paar wärmende Worte sagen. Da bietet es sich an, vorher auf eine Brotzeit bei Edmund Stoiber vorbeizuschauen und sich persönlich nach dem zu erkundigen, was derzeit manchen politischen Zirkel der Republik beschäftigt: Was Stoiber tun will und tun kann, wenn er in ein paar Wochen politischer Pensionär wird - wie es Schröder schon seit der letzten Bundestagswahl ist.

Denn dass ihn 24 Stunden Familienglück im Reihenhaus auf Dauer ausfüllen könnten, bezweifeln seine politischen Freunde und Feinde gleichermaßen. "Der braucht dringend einen Job", spottet ein christsozialer Mandatsträger, "schon wegen der Logistik: Dienstwagen, Büro etc.".

Einen hochdotierten Job – wie sein SPD-Rentnerkollege – strebe er gar nicht an, hat Stoiber schon vorsorglich verkündet. Aber auch ehrenhafte Ein-Euro-Jobs für ausgediente Spitzenpolitiker liegen ja nicht auf der Straße.

Doch jetzt, so sieht es aus, ist das rechte Amt für den Bayern gefunden. EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso und sein Vize, der deutsche Industriekommissar Günter Verheugen, haben Stoiber angeboten, einem Renommierprojekt neuen Schwung zu verschaffen, das seit längerem nicht vorankommt: Den Abbau der überbordenden Bürokratie, unter der Unternehmen und Bürger Europas zunehmend stöhnen.

Vorhaben mit Priorität

Ein Gremium aus hochgestellten Polit-Rentnern soll – unter Vorsitz Stoibers – die Regierungen der 27 EU-Staaten auf Anti-Bürokratie-Kurs bringen. Denn dort hakt es, sagen die Brüsseler Eurokraten. Bei der EU-Administration in Brüssel sei das Vorhaben schon längst zur "absoluten Priorität" (Verheugen) erklärt worden. Nur die nationalen Behörden zögen in den Feldzug gegen überflüssige Regeln und Formulare nicht beherzt genug mit.

Das wird kein leichter Job für Stoiber, im Vergleich etwa dazu, das CSU-Pachtland Bayern zu regieren. Denn außer großen Worten und einigen symbolischen Aktionen ist in Sachen Bürokratieabbau bislang in der Praxis kaum etwas passiert – auch nicht in Brüssel. Auf 40 bis 50 Prozent schätzt die deutsche Regierung den Anteil Brüssels an der gesamten Papierflut, die über Handwerksbetriebe wie Großkonzerne schwappt. Ein Drittel dieser EU-Gesetze, kündigen Barroso und Verheugen seit drei Jahren immer wieder an, würden abgeschafft. Um 75 Milliarden Euro, so glaubt Verheugen, würde die Wirtschaft damit entlastet: "Ein Wachstumsprogramm". Aber so richtig will die verdienstvolle Aktion nicht in Gang kommen.

Ein paar Uralt-Richtlinien, die in verstaubten Schubladen gefunden wurden, und ein paar schrullige Vorschriften, etwa über zulässige Packungsgrößen für Pulverkaffee, wurden abgeräumt. Das war's. Im Gegenzug sind zur gleichen Zeit schon wieder Hunderte neuer Gesetzeswerke - mit viel Bürokratie - auf dem Weg zu ihren Opfern.

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