Rücktritt der Verteidigungsministerin Scholz dankt Lambrecht für »gute Arbeit«

Christine Lambrecht: Nach dem Rücktritt der Verteidigungsministerin ist noch offen, wer das Amt künftig übernimmt
Foto: Christian Spicker / IMAGODer Schritt hatte sich bereits seit einigen Tagen angekündigt: Christine Lambrecht hat am Montagvormittag ihren Rücktritt eingereicht. Nun will Bundeskanzler Olaf Scholz »zeitnah« über die Nachfolge an der Spitze des Wehrressorts entscheiden. Scholz habe die Bitte Lambrechts um ihre Entlassung angenommen, sagte Vize-Regierungssprecherin Christiane Hoffmann in Berlin.
»Der Bundeskanzler respektiert die Entscheidung von Frau Lambrecht und dankt ihr für die gute Arbeit, die sie in dieser schwierigen und herausfordernden Zeit als Verteidigungsministerin geleistet hat«, sagte Hoffmann. »Der Bundeskanzler wird dem Bundespräsidenten zeitnah einen Vorschlag für die Nachbesetzung des Amtes unterbreiten.«
Laut dem Sprecher des Verteidigungsministeriums wird Lambrecht die Amtsgeschäfte bis zu einer Benennung eines Nachfolgers oder einer Nachfolgerin weiterführen. Nach SPIEGEL-Informationen wurden allerdings für den Montag anberaumte Termine, etwa ein Treffen mit den Verteidigungspolitikern der Koalition, kurzfristig abgesagt. Ebenfalls für den Montag war ein Gespräch mit dem neuen französischen Botschafter geplant. Ob dieses noch stattfindet, blieb zunächst offen.
Ein Sprecher des Verteidigungsministeriums sagte bei der Pressekonferenz, Lambrecht befinde sich nicht im Ministerium. Aus dem Ressort hieß es, Lambrecht habe das Haus gegen 11.30 Uhr verlassen.
Am Vormittag hatte Lambrecht in einer schriftlichen Erklärung ihren Rückzug vom Amt der Verteidigungsministerin bekannt gegeben. Sie habe Kanzler Scholz um die Entlassung gebeten, hieß es in der Mitteilung. Selbstkritische Töne kommen darin nicht vor.
»Die monatelange mediale Fokussierung auf meine Person lässt eine sachliche Berichterstattung und Diskussion über die Soldatinnen und Soldaten, die Bundeswehr und sicherheitspolitische Weichenstellungen im Interesse der Bürgerinnen und Bürger Deutschlands kaum zu«, hieß es in der Erklärung. Die wertvolle Arbeit der Soldatinnen und Soldaten und der vielen motivierten Menschen im Geschäftsbereich müsse im Vordergrund stehen. »Ich habe mich deshalb entschieden, mein Amt zur Verfügung zu stellen.«
Auch SPD-Chef Lars Klingbeil hat Lambrecht für ihre Arbeit gedankt und ihr Respekt für ihre Rücktrittsentscheidung gezollt. Lambrecht habe das Verteidigungsministerium in einer außen- und sicherheitspolitischen Ausnahmesituation übernommen, sagte Klingbeil. »Sie hat gemeinsam mit Bundeskanzler Olaf Scholz dafür gesorgt, dass wir mit dem 100 Milliarden Euro Sondervermögen die Bundeswehr endlich wieder auf die Höhe der Zeit bringen können.« Außerdem habe sie »viele ganz konkrete Verbesserungen für die Truppe angestoßen, bei der persönlichen Ausstattung der Soldatinnen und Soldaten etwa oder auch bei den finanziellen Spielräumen für die Kommandeure vor Ort«. Dafür gebühre Lambrecht »großer Dank« und ebenso Respekt für ihre Entscheidung.
CDU drängt auf schnelle Nachbesetzung
CDU-Generalsekretär Mario Czaja fordert nach dem Rücktritt der Verteidigungsministerin eine zügige Nachbesetzung. »Wir hätten erwartet, dass Bundeskanzler Olaf Scholz frühzeitiger hier Entscheidungen trifft«, sagte er dem Fernsehsender Welt. »Wir brauchen jetzt schnell Klarheit und Kompetenz für die Bundeswehr.« Die Truppe müsse wissen, wer sie führt. Für die anstehenden Rüstungsprojekte und die Entscheidungen über mögliche Panzerlieferungen in die Ukraine brauche es die schnelle Nachfolge.
Der verteidigungspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Florian Hahn, sieht die Wehrbeauftragte Eva Högl (SPD) als geeignete Nachfolgerin für die scheidende Verteidigungsministerin. »Bei der Nachbesetzung müssen Affinität zur Truppe, hohe Einsatzbereitschaft und gewisse Vorerfahrungen die entscheidende Rolle spielen«, schrieb der CDU-Politiker auf Twitter. »Eva Högl wäre beispielsweise geeignet.« Er forderte, die Nachfolge unverzüglich zu regeln und dabei nicht dem »SPD-Proporz« zu folgen.
Endlich herrscht Klarheit. Auch wenn der Rücktritt von Frau #Lambrecht längst überfällig war, so verdient diese Entscheidung zum Wohle der #Bundeswehr auch Respekt. Die Nachfolge muss jetzt unverzüglich geregelt werden und darf nicht nach SPD-Proporz erfolgen. 1/2
— Florian Hahn (@hahnflo) January 16, 2023
Tatsächlich steht die Bundeswehr vor gewaltigen Aufgaben. Der Bundeswehrexperte Carlo Masala warnte schon vor der Neubesetzung im Verteidigungsressort, Lambrechts Nachfolger oder Nachfolgerin erwarte »eine Herkulesaufgabe«, deswegen sei Durchsetzungsfähigkeit gefragt. »Die Aufgabe gleicht der Quadratur des Kreises«, sagte Masala dem SPIEGEL, »er oder sie muss die Bundeswehr ins 21. Jahrhundert führen, sie umfassend einsatzfähig machen, den Beschaffungsprozess grundlegend reformieren und gleichzeitig die Bedürfnisse der Soldaten nicht aus dem Blick verlieren.«