Medienbericht Olaf Scholz schließt erneute Große Koalition aus

"Eine Fortsetzung der heutigen Koalition will niemand": Finanzminister Olaf Scholz hat sich gegen eine Bündnis-Neuauflage von SPD und Union nach der kommenden Bundestagswahl ausgesprochen.
Reichstagsgebäude in Berlin: Keine fünfte Große Koalition?

Reichstagsgebäude in Berlin: Keine fünfte Große Koalition?

Foto: Florian Gaertner/ Photothek/ Getty Images

Nach dem schlechten Abschneiden der SPD bei der Europawahl hat Vizekanzler Olaf Scholz eine erneute Koalition mit der Union nach der nächsten Bundestagswahl ausgeschlossen. "Ich bin ganz sicher, dass es nicht vertretbar wäre, dass wir nach der vierten Großen Koalition noch eine fünfte bekommen", sagte der SPD-Politiker dem "Tagesspiegel"  .

"Drei Große Koalitionen in Folge würden der Demokratie in Deutschland nicht guttun. Eine Fortsetzung der heutigen Koalition nach 2021 will niemand - nicht die Bürgerinnen und Bürger, nicht die Union - und wir Sozialdemokraten schon gar nicht."

Bereits nach der letzten Bundestagswahl 2017 hatte sich die SPD zunächst gegen eine Große Koalition entschieden. Nach dem Scheitern der Verhandlungen über eine "Jamaika-Koalition" zwischen Union, FDP und Grünen willigte sie dann doch in ein Bündnis mit CDU und CSU ein. Damit regieren die drei Parteien jetzt seit 2013 miteinander. Zuvor gab es zwischen 1966 und 1969 sowie 2005 und 2009 sogenannte Große Koalitionen.

Bei der Europawahl hatte die SPD mit 15,8 Prozent das bisher schlechteste Ergebnis ihrer Geschichte eingefahren. Das Debakel löste eine Debatte über die Zukunft von Partei- und Fraktionschefin Andrea Nahles aus. Am Dienstag könnte es zum Showdown kommen. Dann will sich Nahles in der Bundestagsfraktion vorzeitig zur Wahl stellen. Bisher gibt es keinen Gegenkandidaten. Sollte Nahles scheitern, könnte sie auch als Parteichefin stürzen.

Als mögliche Kandidaten für eine Nachfolge von Nahles an der Spitze der Fraktion waren zuletzt unter anderem Ex-SPD-Chef Martin Schulz und der Chef der NRW-Landesgruppe, Achim Post, genannt worden.

Vergangenen Mittwoch wurde aber bekannt, dass Schulz in einer E-Mail an die SPD-Abgeordneten ankündigte, auf eine Kandidatur zu verzichten. In der "Welt am Sonntag" begründete er dies mit persönlichen Gründen, die er nicht näher ausführen wolle. Auf die Frage, ob er ausschließe, zu einem späteren Zeitpunkt anzutreten, sagte der frühere Kanzlerkandidat lediglich: "In einem Brief habe ich den Abgeordneten unserer Fraktion geschrieben, dass ich zur Wahl am Dienstag nicht antrete, dass dies seit zwei Wochen zwischen mir und Andrea Nahles klar war und dass ich sie selbstverständlich informieren würde, sollte ich gegen sie antreten wollen."

Der SPD-Bundestagsabgeordnete Florian Post ging davon aus, dass es noch einen Gegenkandidaten zu Nahles geben werde. "Es wird eine Bewerbung geben, davon bin ich fest überzeugt", sagte er der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung". Post hatte die Fraktionschefin zuletzt zum Rücktritt aufgefordert.

Die stellvertretenden SPD-Vorsitzenden haben unterdessen zur Solidarität mit Nahles aufgerufen. "Die massive öffentliche Kritik an Andrea Nahles ist unfair", heißt es in einer gemeinsamen Stellungnahme von Scholz, den Ministerpräsidentinnen von Rheinland-Pfalz und Mecklenburg-Vorpommern, Malu Dreyer und Manuela Schwesig, den Landeschefs von Bayern und Hessen, Natascha Kohnen und Thorsten Schäfer-Gümbel, sowie dem schleswig-holsteinischen Fraktionschef Ralf Stegner. Sie mahnen einen solidarischen Umgang mit Nahles an. Sie habe schließlich "in einer sehr schweren Phase" den Vorsitz der Partei übernommen.

Zuspruch erhielt Nahles auch vom CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt. Dieser sagte der "Bild am Sonntag": "Andrea Nahles hat echte Handschlagqualität, ist eine absolut verlässliche Partnerin. Das Problem der SPD heißt nicht Andrea Nahles, das Problem heißt Linksruck, Enteignungsfantasien und Sozialismusromantik."

bbr/dpa
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