Einblicke in Stasi-Unterlagen DDR-Geheimdienst bespitzelte Scholz während seiner Juso-Zeit jahrelang

Die DDR-Staatssicherheit hatte Olaf Scholz schon kurz nach Beginn seiner SPD-Karriere im Visier. Nun erhielt die »Bild«-Zeitung Einblick in die Akten. Sie zeugen von Spionage in Hamburg – und einer »höflichen Abfertigung«.
Kanzler Olaf Scholz (SPD) im Bundestag

Kanzler Olaf Scholz (SPD) im Bundestag

Foto: Markus Schreiber / AP

Bundeskanzler Olaf Scholz ist seit 1975 in der Bundesrepublik politisch aktiv. Als Gymnasiast trat er damals in Hamburg in die SPD ein – und geriet nach Recherchen der »Bild«-Zeitung  schon unter Beobachtung des DDR-Geheimdienstes.

Das Ministerium für Staatssicherheit (»Stasi«) hat demnach mindestens seit 1978 Akten über Scholz angelegt, außerdem wurde der SPD-Politiker bei Reisen in die DDR genau beobachtet. Das Bundesarchiv hatte die Akten auf Anfrage der Zeitung freigegeben. Laut der Stasi-Unterlagen soll ihm »das SED-Regime den roten Teppich« ausgerollt haben, schreibt das Blatt. Demnach habe Scholz bei Einreisen eine Sonderbehandlung erhalten.

Als Juso war Scholz in den 1980er-Jahren mehrfach in der DDR. Am 4. Januar 1984 trafen sich Scholz und andere Juso-Führer auf Einladung der DDR-Jugendorganisation FDJ unter anderem mit Egon Krenz, dem Sekretär des Zentralkomitees der SED. In den Akten wird für den Scholz-Besuch vermerkt: »Erteilung Visa für Berlin, gebührenfrei, Befreiung vom Mindestumtausch, höfliche Abfertigung, ohne Zollkontrolle.«

Die »höfliche Abfertigung« ist ungewöhnlich: Besucherinnen und Besucher aus der Bundesrepublik mussten bei Einreisen in die DDR oft Schikanen und langwierige Kontrollen über sich ergehen lassen.

»Gehört zum Stamokap – alter Politprofi«

1986 reiste Scholz laut der Akten erneut in die DDR. Im zugehörigen Stasi-Bericht hieß es: »Gehört zum Stamokap – alter Politprofi, der in der Organisation großen Einfluss hat. Mit ihm wurden auch die meisten Fragen zur Abschlussvereinbarung durchgesprochen. Er übt die Tätigkeit eines Rechtsanwaltes in Hamburg aus.« Die Abkürzung »Stamokap« steht für »Staatsmonopolistischer Kapitalismus«.

Nicht nur die Besuche in der DDR wurden vom DDR-Geheimdienst genauestens beobachtet. Auch in Hamburg wurde Scholz von Stasi-Spionen bespitzelt. Zwischen 1978 und 1987 gibt es in den Unterlagen mindestens 19 Berichte über Scholz und seine Juso-Aktivitäten in Hamburg, schreibt die »Bild«. Ein Teil der Berichte wurde demnach sogar direkt an den KGB weitergeleitet.

Für die Hamburg-Spionage soll der Spion »Kugel« verantwortlich gewesen sein. Bei »Kugel« handelt es sich um den ehemaligen SPD-Funktionär Kurt Wand, der in den 1990er-Jahren als Stasi-Spion enttarnt und verurteilt wurde.

mrc
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