Millionenaufträge der Bundesregierung Scholz will Einsatz externer Berater nicht reduzieren

Ende 2020 forderte der Bundestag alle Ministerien auf, Verträge mit teuren Unternehmensberatern signifikant einzudampfen. Der SPD-Finanzminister indes verteidigte die bisherige Praxis.
Finanzminister Scholz: Offenbar großer Beratungsbedarf

Finanzminister Scholz: Offenbar großer Beratungsbedarf

Foto: HAYOUNG JEON/EPA-EFE/Shutterstock

Finanzminister Olaf Scholz (SPD) will den Einsatz von Unternehmensberatern nicht reduzieren. Auf eine entsprechende Berichtsbitte des Grünenpolitikers Sven-Christian Kindler antwortete das Ministerium bereits Ende November 2020, es gebe »keine Planungen«, die Anzahl der Beraterverträge zu verringern.

Auch eine Evaluierung des bisherigen Einsatzes der Experten von außen hält der Finanzminister für nicht notwendig. »Externe Berater werden nur beauftragt, wenn dies wirtschaftlich ist«, schrieb das Ministerium an den Grünenabgeordneten. Zudem würden die Aufträge regelmäßig vom Bundesrechnungshof überprüft und seien »im Ergebnis durchgängig positiv zu bewerten«.

Die bisher nicht bekannte Antwort aus dem Haus von Scholz dürfte den Streit um die teuren Berater der Bundesregierung weiter befeuern. Denn nur einige Tage nach dem Eingang des Schreibens von Scholz hatte der Haushaltsausschuss des Bundestags zum Thema externe Berater einen sogenannten Maßgabebeschluss gefasst, der ziemlich eindeutig ist. Dort wurde festgelegt, dass die Bundesregierung Schritte ergreifen muss, »um den Einsatz von externen Beratern und externen Unterstützungskräften substanziell zu senken«.

Scholz verteidigt Einsatz von Beratern

In dem Beschluss setzen die Haushälter den einzelnen Ministerien sogar eine Frist. So habe die Bundesregierung bis zum 20. Juni 2021 einen Bericht vorzulegen, »in dem jedes Ressort für seinen Bereich einen Maßnahmenkatalog und Abbaupfad darlegt«. Der Ausschuss ist einflussreich, da er die Budgets der einzelnen Ministerien abnicken muss. In dem Gremium sehen auch die SPD-Mitglieder den uferlosen Einsatz teurer Berater sehr kritisch.

»Aktuell plant die Bundesregierung (insbesondere das BMF) aufgrund der vorgenannten Prüfmechanismen keine Evaluation des Einsatzes externer Berater.«

Antwort des Finanzministeriums an Grünenabgeordneten Sven-Christian Kindler

Scholz indes verteidigte das Engagement der teueren Berater wortreich. Externe Berater würden nur eingesetzt, wenn unter den Tausenden Beamten der Bundesregierung die entsprechende Expertise für einzelne Projekte nicht vorliege.

Als Beispiel nennt Scholz in dem Papier die sogenannte IT-Konsolidierung des Bundes, mit der die arg veraltete Computertechnik der diversen Behörden auf einen modernen und einheitlichen Stand kommen soll.

Dass Scholz dieses Projekt anführt, ist bemerkenswert, gilt es doch nicht nur bei Insidern als Riesenflop und Millionengrab. Gestartet vor gut fünf Jahren, wurde zwar bisher viel Geld für die Vereinheitlichung der verschiedenen IT-Systeme des Bundes ausgegeben – allein für externe Berater fast eine halbe Milliarde Euro. Trotzdem aber musste die Bundesregierung vergangenes Jahr die Reißleine ziehen und das gesamte Projekt neu organisieren.

Der Finanzminister erwähnt all dies in seinem Bericht für den Haushaltspolitiker Kindler nicht. Stattdessen führt er aus, wie eng der Einsatz externer Berater bereits kontrolliert werde. Dieser Teil des Berichts schließt mit dem Satz: »Aktuell plant die Bundesregierung (insbesondere das BMF) aufgrund der vorgenannten Prüfmechanismen keine Evaluation des Einsatzes externer Berater.«

Bundesregierung gab in sechs Monaten 2020 fast 190 Millionen Euro für Berater aus

»Die Beschlüsse des Bundestages und damit seiner eigenen Koalition interessieren Scholz offenbar nicht.«

Sven-Christian Kindler

Die Antwort von Scholz dürfte auch anderen Haushältern übel aufstoßen. Besonders die Vorgänge im Verteidigungsressort, wo 2018 eklatante Brüche des Vergaberechts aufgedeckt worden waren, lösten eine Affäre und einen Untersuchungsausschuss aus. Kritiker mahnen seit Jahren, dass Berater für einzelne Projekte zwar sinnvoll sein können. In vielen Ressorts übernähmen externe Kräfte aber Aufgaben, für die es in den Ministerien viele gut bezahlte Beamte gebe.

Der Trend, sich lieber Berater ins Haus zu holen als den eigenen Apparat einzusetzen, setzte sich 2020 trotz der Affäre im Wehrressort fort. Laut offiziellen Zahlen gab die Bundesregierung in den ersten sechs Monaten mindestens 186 Millionen Euro für externe Berater aus. Spitzenreiter waren das Innenministerium mit 79,8 Millionen Euro. Auf Platz zwei landete das Finanzministerium von Olaf Scholz mit 48,2 Millionen.

Nachtrag: In einer früheren Version dieses Beitrags hieß es, die Berichtsbitte an den Haushaltsausschuss sei Anfang Januar 2021 verschickt worden. Tatsächlich versandte das Ministerium das Papier bereits Ende November 2020.

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