Beobachter-Mission OSZE prüft Überwachung der Bundestagswahl

Wahlen in Deutschland
Foto: Joerg Sarbach/ APDer AfD war das Treffen eine rasche Presseerklärung wert. Schließlich war es das erste Mal, dass eine Abordnung der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) die Parteizentrale der Rechtspopulisten in Berlin besucht hatte.
Parteivize Beatrix von Storch und Bundesvorstandsmitglied Julian Flak sprachen mit den drei OSZE-Vertretern über die Bundestagswahl im September. Die beiden AfD-Politiker übergaben ihnen eine Dokumentensammlung. Sie zeige eine repräsentative Auswahl an "Übergriffen, Gewalttätigkeiten, Behinderungen und Straftaten gegen AfD-Mitglieder durch private und öffentliche Stellen" und belege "einzeln und in ihrer erschreckenden Summe eine massive Beeinträchtigung im demokratischen Wettbewerb um Wählerstimmen im Bundestagswahlkampf".
Die Vorab-Mission von OSZE und ODIHR (das Büro für demokratische Institutionen und Menschenrechte der Organisation) sprach aber außer der AfD auch mit SPD, CDU, CSU, FDP, Grünen und Linken sowie dem Außen- und Innenministerium in Berlin. Die kleine Expertengruppe aus zwei Männern und einer Frau soll zunächst einmal prüfen, ob zu der Wahl am 24. September eine Beobachtermission nach Deutschland entsandt wird.
Die OSZE ist die einzige sicherheitspolitische Organisation, in der alle europäischen Länder, die Nachfolgestaaten der Sowjetunion, die USA und Kanada vertreten sind. Insgesamt gehören ihr 57 Staaten an.
Zwei OSZE/ODIHR-Missionen zur Wahl 2009 und 2013 in Deutschland
Der Besuch der Abordnung passt der AfD ins PR-Kalkül. Schon im vergangenen Jahr hatte die rechtspopulistische Partei beim damaligen Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) mehrfach die OSZE angefordert - zum Beispiel zu den Landtagswahlen in Berlin und Mecklenburg-Vorpommern sowie zu den Kommunalwahlen in Niedersachsen. Der Tenor klang damals ähnlich wie jetzt: Die Partei werde "in allen Wahlkämpfen strukturell auf verschiedenste Weise benachteiligt".
Was die AfD verschweigt: Die OSZE nimmt nur sehr selten Landtagswahlen unter Beobachtung. Einladungen zur Wahlbeobachtung nationaler Urnengänge erfolgen stets auf Wunsch der nationalen Regierung, nie auf Bitten einer Partei.
Mit ihrer Forderung nach einer Wahlbeobachtung suggeriert die AfD zudem, es habe dies zuvor in Deutschland gar nicht gegeben. Aber: OSZE und ODIHR waren bereits zweimal in Deutschland auf Einladung der Bundesregierung aktiv - zu den Bundestagswahlen 2009 und 2013.
Ihre Abschlussberichte sind im Internet nachzulesen, es gab damals nichts zu beanstanden. So hielt die Wahlbewertungskommission 2009 fest: Die Bundestagswahlen hätten in einem "offenen, pluralistischen und wettbewerbsbetonten Prozess" stattgefunden, basierend auf der "Achtung der Grundfreiheiten, gleichen Bedingungen für alle Bewerberinnen und Bewerber, der Effizienz und Professionalität der Wahlorgane".
2009 besuchte eine kleine Wahlmission sechs deutsche Städte
Zur Bundestagswahl im September 2013 entsandte die OSZE lediglich zwei Experten des ODIHR nach Deutschland. Ihre Aufgabe: das damals zuvor geänderte Wahlgesetz und die Parteien- und Wahlkampffinanzierung zu untersuchen. In ihrem Bericht schlugen sie eine Reihe von Empfehlungen vor - etwa eine stärkere und detailliertere Transparenz bei den Wahlkampfausgaben der Parteien. Eine "umfassende und systematische Beobachtung der Wahldurchführung am Wahltag selbst" gab es nicht, so der Bericht.
Fest steht aber bereits jetzt: Die parlamentarische Versammlung der OSZE-Mitgliedstaaten wird - unabhängig von einer möglichen Mission - Abgeordnete aus den einzelnen Mitgliedstaaten als Beobachter zur Bundestagswahl entsenden. Das wurde jüngst in Berlin bekannt. Wie viele Beobachter das sein werden, ist noch offen.
Insgesamt sitzen in der OSZE-Versammlung 323 Parlamentarier, in der Vergangenheit sind wiederholt Vertreter in Mitgliedstaaten entsandt worden, so unter anderem in die USA, nach Russland oder in die Türkei, Georgien, Usbekistan, Großbritannien.
Beim Verfassungsreferendum im Frühjahr in der Türkei sorgte die OSZE für Wirbel, der türkische Staatspräsident Erdogan bezeichnete ihren kritischen Bericht als politisch motiviert. Auch bei den vergangenen US-Präsidentschaftswahlen war die OSZE - mit rund 300 Beobachtern - vor Ort, darunter auch mit deutschen Bundestagsabgeordneten (mehr hier im SPIEGEL ONLINE-Interview).
Bei der ersten OSZE/ODIHR-Mission in Deutschland zu einer Bundestagswahl 2009 gab es eine kleine Abordnung, eine umfassende und systematische Kontrolle der Bundestagswahl war daher auch nicht möglich, wie der damalige Bericht festhielt. Die 15-köpfige Wahlmission, geleitet von einem Schweizer Diplomaten, besuchte die Abstimmungslokale in sechs deutschen Städten. Zu beanstanden hatte sie dort nichts. Insgesamt, hieß es damals, seien die Wahlen "korrekt durchgeführt und das Wahlgeheimnis überall gewahrt" worden.