Paketbomben aus dem Jemen Landesminister fordert Not-Abschuss von Frachtflugzeugen

Lufthansa-Frachtflugzeug: Jemen-Pakete alarmieren Sicherheitspolitiker
Foto: dapdBerlin - Sicherheitspolitiker fordern Konsequenzen aus den gerade noch verhinderten Anschlägen mit : Niedersachsens Innenminister Uwe Schünemann (CDU) plädiert dafür, endlich zu einer Einigung im Umgang mit möglichen Terror-Flugzeugen zu kommen. "Die Pläne sind auf dem Tisch, jetzt muss nur noch entschieden werden", sagte er - und forderte eine Verfassungsänderung. "Wir brauchen rasch Klarheit, dass die Bundeswehr Frachtflugzeuge mit einer Bombe an Bord notfalls auch abschießen darf, wenn die Maschine von Terroristen als Waffe missbraucht wird."
Wie er sich ein Szenario vorstellt, in dem ein mit einer Bombe bestücktes Frachtflugzeug von Terroristen klar erkennbar als Waffe eingesetzt wird, sagte Schünemann nicht. "Ein Flugzeug, ein Frachtflugzeug kann als Waffe eingesetzt werden. Das hat man beim 11. September gesehen", erklärte er lediglich im ZDF. Er sprach mit Blick auf einen möglichen Abschuss von "Extremfällen". Der Fall der Frachtmaschine, die eine als Druckerpatrone getarnte Bombe Ende vergangener Woche auch über Deutschland transportiert hatte, sei kein Fall für einen Abschuss gewesen. Man habe nicht gesehen, dass die Maschine als Waffe eingesetzt worden sei. Eine Begleitung der Maschine müsse aber möglich sein.
Das Bundesverfassungsgericht hatte im Jahr 2006 die Erlaubnis zum Abschuss entführter Flugzeuge mit Passagieren an Bord für verfassungswidrig erklärt. Schünemann sagte, nach dem Karlsruher Urteil gebe es eine Sicherheitslücke. "Es gibt keine rechtlich einwandfreie Lösung, dass die Bundeswehr ein solches Flugzeug abdrängen und zum Landen zwingen kann. Das macht mir schon Sorge."
Schünemann hält es für notwendig, die Verantwortung für die Kontrollen der Luftfracht auf das Bundesinnenministerium und die Bundespolizei zu übertragen. "Es ist im Bereich der Inneren Sicherheit immer wichtig, dass einer den Hut auf hat." Zudem müsse geprüft werden, ob auch bei Frachtstücken Scanner einsetzbar seien.
Mehr Kontrolldichte im Frachtbereich gefordert
Berlins Innensenator Ehrhart Körting (SPD) plädierte für eine weltweit koordinierte Überprüfung sämtlicher Sicherheitssysteme im Luftverkehr. "Die Vorgänge um die explosive Fracht aus dem Jemen sollte nicht nur Anlass sein, die Frage der Luftfracht zu diskutieren, sondern wir müssen alle Maßnahmen, die wir im Luftverkehr in den letzten Jahren ergriffen haben, erneut auf den Prüfstand stellen", sagte Körting in der "Berliner Morgenpost".
Auch die FDP sprach sich für schärfere Kontrollen in der Luftfracht aus. "Es ist schwer verständlich, warum es bei den Passagieren so strenge Sicherheitsvorkehrungen gibt, in der Fracht, die in derselben Maschine transportiert wird, aber nicht", sagte der stellvertretende Vorsitzende der FDP-Bundestagsfraktion, Patrick Döring. Man werde nicht umhin kommen, "die Kontrolldichte auch im Frachtbereich zu erhöhen".
Ein "Gesamtsicherheitskonzept" für den Luftverkehr forderte die Pilotenvereinigung Cockpit. Durch die jüngsten Paketbomben seien weitere Lücken bei Luftfrachtkontrollen offenbar geworden. Die Politik habe bisher auf bestehende Mängel nicht ausreichend reagiert.
Wirtschaft warnt vor übertriebener Sicherheit
Kritisch äußerte sich der Präsident des Weltluftfahrtverbands Iata, Giovanni Bisignani. "Paletten oder Container können bis heute nicht in einem Arbeitsgang gescannt werden", sagte er. Zwar gebe es entsprechende technische Verfahren, die zügig realisiert werden könnten. Nötig sei dazu aber Druck von Regierungen und nationalen Luftfahrtbehörden. Heikelster Punkt im Frachtverkehr bleibe der Umschlag der Güter vor dem Abflug.
Die führenden deutschen Wirtschaftsverbände warnten die Bundesregierung dagegen vor übertriebenen Sicherheitsvorkehrungen im Frachtverkehr. Die Präsidenten des Bundesverbands der Deutschen Industrie, des Groß- und Außenhandels und des Deutschen Industrie- und Handelskammertags mahnten Verkehrsminister Peter Ramsauer (CSU), den Frachtverkehr in Deutschland nicht mit zusätzlichen Maßnahmen lahmzulegen, wie das "Handelsblatt" unter Berufung auf Verbandskreise berichtete.