Parlamentsstress Bundestagspräsident kritisiert Hauruck-Gesetze

Bundestagspräsident Norbert Lammert: "Das Parlament hat jede Macht der Welt"
Foto: Alina Novopashina/ dpaBerlin - Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) ist unzufrieden über die Eile, mit der die schwarz-gelbe Regierung Gesetze durch das Parlament bringt. Er spricht von "Zumutung" und "mangelnder Sorgfalt". Dass Kanzlerin Angela Merkel seine Klagen zurückweist, scheint ihn nicht zu stören. Im SPIEGEL hat er nun seine Kritik verschärft: "Es schadet dem Ansehen des Parlaments, wenn der Eindruck entsteht, als folgten wir vermeintlichen oder tatsächlichen Vorgaben, statt selbständig zu urteilen und zu entscheiden."
Lammert sieht ein Missverhältnis zwischen Beratungsbedarf und der parlamentarisch verfügbaren Beratungszeit. Darauf habe er "mehrfach hingewiesen", so Lammert im SPIEGEL. Die Abgeordneten im Bundestag sollten sich das nicht bieten lassen: "Das Parlament hat jede Macht der Welt, einen unzumutbaren Zeitplan zu verändern."
Die Fraktionsspitzen der Koalition dürften auch dieses Mal wieder genervt auf Lammerts Schelte reagieren - schließlich lassen sich auch Abgeordnete aus den Regierungsfraktionen nur ungern unterstellen, bloß der verlängerte Arm der Exekutive zu sein.
Bald Ärger ums Elterngeld?
Für Unmut sorgt in der Union nach Informationen des SPIEGEL derzeit ein weiteres Thema: der Plan der Bundesregierung, Spitzenverdienern künftig kein Elterngeld mehr zu bezahlen. Dies hatte der Bundestag Ende Oktober beschlossen. Steuerpflichtige, die als Alleinerziehende mehr als 250.000 Euro oder als Verheiratete 500.000 Euro im Jahr versteuern, bekommen ab Januar gar kein Elterngeld mehr. So werden jährlich rund 3,8 Millionen Euro eingespart, hieß es.
Doch laut Berechnungen der bayerischen Staatskanzlei dürfte die Maßnahme unterm Strich tatsächlich mehr kosten, als sie dem Staat einbringt. Die zu erwartenden Einsparungen lägen bei maximal zehn Millionen Euro. Dieser Betrag werde durch den höheren Verwaltungsaufwand mehr als aufgefressen, weil "zukünftig fast alle Elterngeldbescheide mindestens noch einmal überprüft werden müssen", so die Staatskanzlei.
Allein in Bayern würden 13 bis 15 neue Sachbearbeiterstellen erforderlich, die mit rund 1,18 Millionen Euro pro Jahr zu Buche schlügen.