AfD-Finanzaffäre Welche Regeln gelten für Parteispenden?

AfD-Fraktionschefin Alice Weidel steht wegen dubioser Parteispenden aus dem Ausland unter Druck. Welche Regeln gelten für Parteien eigentlich bei der Annahme von Spenden?
Plenarsaal des Deutschen Bundestages

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Foto: Fabian Sommer/ dpa

Wegen des Verdachts der Annahme illegaler Parteispenden ist AfD-Ko-Fraktionschefin Alice Weidel und ihr Kreisverband Bodenseekreis unter Druck. Zunächst war am Wochenende bekannt geworden, dass der Verband im Bundestagswahlkampf 145.000 Schweizer Franken (rund 130.000 Euro) erhalten hatte - gestückelt in 18 Tranchen und jeweils mit dem Vermerk "Wahlkampfspende Alice Weidel" versehen. Eine Pharmafirma aus der Schweiz soll die Überweisung "treuhänderisch für einen Geschäftsfreund" getätigt haben. Erst Monate später war der Betrag zurücküberwiesen worden, allerdings nicht vollständig.

Außerdem wurde bekannt, dass Weidels Kreisverband im Februar auch eine Zuwendung in Höhe von 150.000 Euro von einer niederländischen Stiftung erhalten, drei Monate später aber zurücküberwiesen habe. Inzwischen beschäftigt sich auch die Staatsanwaltschaft Koblenz mit den Spenden. Der Verdacht: ein Verstoß gegen das Parteiengesetz.

Welche Regeln gelten eigentlich bei Parteispenden? Was ist illegal? Der Überblick:

Welche Rolle spielen Spenden für die Parteien in Deutschland?

Politische Parteien finanzieren sich in Deutschland vor allem durch Mitgliedsbeiträge, Geld vom Staat und eben Spenden. Sie müssen laut Grundgesetz über Herkunft und Verwendung ihrer Mittel sowie über ihr Vermögen öffentlich Rechenschaft geben. Der Bundestagspräsident veröffentlicht jedes Jahr die Rechenschaftsberichte der Parteien als Bundestagsdrucksache. Dies allerdings mit sehr großer Verzögerung, denn die Parteien haben bis zum 30. September des Folgejahres Zeit, ihren Bericht einzureichen und können dann auch noch einen Aufschub von drei Monaten beantragen. Die Berichte sind auf der Seite des Bundestags einsehbar .

Laut den jüngsten Rechenschaftsberichten für das Jahr 2016 haben die heute im Bundestag vertretenen Parteien rund 60 Millionen Euro an Spenden eingenommen, diese machen zwischen 7,1 (SPD) und 38,5 Prozent (AfD) ihrer Gesamteinnahmen aus. In Bundestagswahljahren sind in der Regel deutlich höhere Spendeneingänge zu verzeichnen.

Welche Regeln gelten konkret für Parteispenden?

In Deutschland sind Parteispenden im Grundsatz in unbegrenzter Höhe möglich, allerdings gelten Einschränkungen und Bedingungen. Geregelt ist das im Parteiengesetz. Es fängt "klein" an: Spenden über 500 Euro müssen die Parteien namentlich zuordnen können, bis zu 1000 Euro kann auch bar gezahlt werden. Zuwendungen von Einzelpersonen, Unternehmen oder Wirtschaftsverbänden, die im Jahr 10.000 Euro übersteigen, müssen laut Paragraf 25 mit Namen und Anschrift des Spenders sowie der Summe im Rechenschaftsbericht verzeichnet werden. Das gilt auch für mehrere Zuwendungen eines einzelnen Spenders, wenn sie in dem Jahr in Summe die genannte Grenze von 10.000 Euro überschreiten. Einzelspenden über 50.000 Euro müssen sofort gemeldet und dann vom Bundestagspräsidenten "zeitnah" veröffentlicht werden. Die Großspenden sind dann auch sofort auf der Bundestagsseite einsehbar. So ist nachzulesen, dass zuletzt die SPD und die CDU im November 2018 je 80.000 Euro des Essener Mischkonzerns Evonik Industries erhielten .

Welche Spenden sind unzulässig?

Das Parteiengesetz listet eine Reihe von Spenden, die unzulässig sind. Anonyme und von unbekannten Dritten weitergeleitete Spenden über 500 Euro gehören dazu. Auch Zuwendungen von gemeinnützigen Einrichtungen oder öffentlich-rechtlichen Körperschaften. Ebenso "erkennbar" auf Gegenleistung ausgerichtete Gaben. Um zu verhindern, dass Parteien unter den Einfluss ausländischer Geldgeber geraten, dürfen Spenden von Ausländern über 1000 Euro nicht angenommen werden. Doch es gibt hier zentrale Ausnahmen: Auslandsspenden sind zulässig, wenn sie aus dem Vermögen eines Deutschen oder eines Bürgers der Europäischen Union unmittelbar einer Partei zufließen oder von einem Wirtschaftsunternehmen kommen, das sich zu mehr als 50 Prozent im Eigentum von Deutschen oder EU-Bürgern befindet oder dessen Hauptsitz in einem EU-Land ist.

Wer darf Spenden annehmen?

Laut Parteiengesetz dürfen einfache Parteimitglieder Spenden für ihre Partei entgegennehmen, müssen diese aber umgehend an einen für Finanzen zuständigen Vorstand weiterleiten. Wird eine Zuwendung umgehend nach Eingang an den Spender zurückgegeben, gilt sie als "nicht von der Partei erlangt". Nimmt eine Partei eine unzulässige Spende an, muss sie diese "unverzüglich", aber "spätestens mit Einreichung des Rechenschaftsberichts für das betreffende Jahr" an den Bundestagspräsidenten weiterleiten.

Welche Sanktionen drohen bei Verstößen?

Wenn eine Partei eine unzulässige Spende annimmt und diese nicht unverzüglich an das Bundestagspräsidium weiterleitet, muss sie das Dreifache des eingegangenen Betrages als Strafe ans Präsidium zahlen. Werden eingegangene Spenden im Rechenschaftsbericht nicht verzeichnet, steht das Zweifache des zu verzeichnenden Spendenbetrags auf der Rechnung. Paragraf 31d des Parteiengesetzes sieht sogar eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren vor, wenn jemand vorsätzlich "Herkunft oder die Verwendung" von Parteimitteln verschleiert.

Warum sind also die beiden AfD-Vorgänge problematisch?

Vor allem die Schweizer Spende ist dubios. Sie ging gestückelt ein und kann in Summe als meldepflichtige Großspende gewertet werden. Wer der Schweizer Spender ist, liegt bislang im Dunkeln. Das überweisende Pharmaunternehmen habe das Geld angeblich "für einen Geschäftsfreund" überwiesen. Spenden, bei denen die Geber ihre Identität verschleiern, sind aber nicht erlaubt.

Da die Schweizer Zuwendung nach derzeitigem Stand aus einem Nicht-EU-Land kam, hätte sie ohnehin gar nicht erst angenommen werden dürfen und sofort zurückgewiesen werden müssen. Es verstrich aber ein erheblicher Zeitraum. Das Geld wurde sogar genutzt, um einen Medienanwalt und Social- Media-Aktivitäten zu bezahlen. Das Bundestagspräsidium wurde nicht informiert und das Geld nach Eingang auch nicht hierhin weitergeleitet.

Nach Angaben des AfD-Kreisverbands Bodenseekreis sei die zuständige Schatzmeisterin unsicher gewesen, wie mit der Zuweisung umzugehen ist. Sie habe sich an den AfD-Landesschatzmeister gewandt, der angeblich keine Bedenken hatte. Der weist diese Darstellung zurück. Alice Weidel selbst will erst im September 2017 auf den Vorgang hingewiesen worden sein. Sie habe darauf vertraut, dass er korrekt geprüft würde.

Eine niederländische Spende ist per se zunächst nicht problematisch, die Niederlande gehören ja zur EU. Doch auch hier sind viele Hintergründe unklar. Spenden über 50.000 Euro müssen sofort gemeldet werden. Die Partei erklärt, ihr sei die Identität und Motivation des Gönners unklar gewesen, deswegen habe man das Geld zurück überwiesen. Es verstrichen allerdings drei Monate. Das Bundestagspräsidium wurde erst im November über den Vorgang informiert.

Nach jüngsten Recherchen des SPIEGEL und des ARD-Politik-Magazins "Report Mainz" floss aber offenbar schon Jahre zuvor Geld von der ominösen Stiftung an die AfD: Bereits 2016 habe die Stiftung "Identiteit Europa" eine Zahlung an die AfD geleistet. Hier verhielt sich der nordrhein-westfälische Landesverband offenbar korrekt und wies das Geld innerhalb weniger Tage zurück - mit dem Hinweis, dass die Annahme nach deutschem Recht verboten sei.

Mit Material von dpa
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