Parteitag CSU will als Europakraft punkten

Ein Bayer soll an die Spitze der Kommission, da verbietet sich zu scharfe EU-Kritik: Die CSU geht mit einem Pro-Europa-Bekenntnis in ihren Parteitag - und wendet sich gegen Populisten und "nationale Egoismen".
CSU-Mann Weber

CSU-Mann Weber

Foto: imago/ Alexander Pohl

Früher war mehr Europakritik bei der CSU. Vor fünf Jahren, im letzten Europawahlkampf, da gab noch ein ausgewiesener EU-Skeptiker wie Peter Gauweiler den Ton bei den Christsozialen an. Geholfen hat es nicht: Die Partei stürzte von 48,1 auf 40,5 Prozent.

Also Schluss damit. Erstmals ist mit Parteivize Manfred Weber ein Bayer Spitzenkandidat der konservativen Europäischen Volkspartei (EVP), er will Kommissionspräsident werden. Und so ist die CSU bemüht, sich in Zeiten des Brexits und anderer Anti-EU-Tendenzen diesmal als Pro-Europa-Kraft zu positionieren. Ein entsprechender Leitantrag soll auf dem Parteitag in München an diesem Samstag verabschiedet werden.

In dem Fünf-Seiten-Papier, das dem SPIEGEL vorliegt, beruft sich die Partei auf ihr europäisches Erbe und versucht, sich von SPD und Grünen abzusetzen. "Während die Sozialdemokraten in den 1950ern gegen die Annäherung an Frankreich protestierten und die Grünen später gegen den Binnenmarkt juristisch zu Felde zogen, haben wir mit Franz Josef Strauß, Theo Waigel und Edmund Stoiber Europa gestaltet", heißt es in dem Leitantrag. "Die CSU ist die Volkspartei für Europa", bekräftigt Generalsekretär Markus Blume den Slogan zur Wahl am 26. Mai.

In dem Antrag stellen sich die Christsozialen gegen die AfD und die antieuropäische Politik anderer populistischer Parteien. "Wer das Europäische Parlament abschaffen möchte, legt die Axt an die Grundlagen unserer Demokratie." Die AfD hatte zuletzt auf ihrem Europa-Parteitag die Abschaffung des Straßburger Parlaments gefordert. Am Wahltag falle "die Entscheidung, ob sich das Populismus-Virus von Links- und Rechtsaußen weiter ausbreitet und sich nationale Egoismen durchsetzen", ist in dem Entwurf zu lesen.

Angesichts solcher Töne wird sich gerade Weber im Wahlkampf wohl immer wieder mit der Frage herumschlagen müssen, wie er es mit Viktor Orbán hält. Der ungarische Ministerpräsident und seine Fidesz-Partei gehören ebenfalls zur EVP-Familie, Orbán allerdings fällt immer wieder mit antieuropäischen Vorschlägen auf, unter anderem weigert er sich konsequent, die Flüchtlingspolitik der EU mitzutragen. Unter dem scheidenden Parteichef Horst Seehofer war Orbán ein gern gesehener Gast bei der CSU, der Ungar pries das Verhältnis zu den Christsozialen gar als "einzigartige Waffenbrüderschaft".

Auch die von Italiens Ex-Premier Silvio Berlusconi angekündigte Kandidatur für das Europaparlament ist keine gute Nachricht für Weber und seine Partei: Die Partei des EU-Kritikers Berlusconi, Forza Italia, gehört ebenfalls zum Parteienbündnis der EVP.

In ihrem Leitantrag bekräftigt die CSU ihr Nein zu einem EU-Beitritt der Türkei. "Die EU-Beitrittsgespräche wollen wir auf Initiative der nächsten Europäischen Kommission beenden und in Partnerschaftsgespräche überführen", heißt es.

Ebenso deutlich ist die Absage an finanzpolitische Ideen, die auch von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron geteilt werden. "Eurobonds, wie seit Langem von Sozialdemokraten, Linken und Grünen gefordert, wird es in unserem Europa ebenso wenig geben wie einen europäischen Finanzminister oder eine europäische Arbeitslosenversicherung."

Ausbau des Interrail-Programms

An anderer Stelle will die CSU mehr Europa, gerade für junge Menschen. "Wir wollen das DiscoverEU-Interrail-Programm deutlich ausbauen, damit jeder 18-jährige Europäer die Vielfalt unseres Europas mit dem Zug erleben kann", heißt es in dem Papier. Mit dem ErasmusPlus-Programm will man auch junge Menschen ohne Hochschulabschluss "motivieren, einen europäischen Auslandsaufenthalt zu erleben". Die CSU übersetze "Europa vom Abstrakten ins Konkrete" und mache es zu "einem Europa der Bürger", sagt Generalsekretär Blume.

Auf dem CSU-Parteitag am Samstag wird Horst Seehofer nach mehr als zehn Jahren aus dem Amt des Vorsitzenden scheiden, zum Nachfolger soll Markus Söder gewählt werden, der Seehofer im Frühjahr vergangenen Jahres bereits als bayerischer Ministerpräsident beerbt hatte.

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