Parteitag in Bremen Piratenpartei gibt sich neue Führungscrew

Auf ihrem Parteitag in Bremen haben die Piraten Konsequenzen aus dem Niedergang der vergangenen Monate gezogen. Die Partei verpasste sich eine komplett neue Führungsmannschaft - und verkündete die Rückkehr zur wilden Attitüde.
Kurzporträts der Kandidaten: Mitglieder der Piratenpartei wählten eine neue Führung

Kurzporträts der Kandidaten: Mitglieder der Piratenpartei wählten eine neue Führung

Foto: Ingo Wagner/ dpa

Berlin - Sie wollen es nochmal wissen: Nach der schweren Schlappe bei der Bundestagswahl haben die Piraten bei ihrem Parteitag ihre Führungsriege ausgetauscht. Mit einer neuen Mannschaft will die Partei wieder in die Offensive kommen. In Bremen wählten rund tausend Mitglieder am Wochenende Thorsten Wirth aus Frankfurt am Main zum neuen Vorsitzenden. Seine Stellvertreterin ist Caro Mahn-Gauseweg aus Sachsen. Ziel der neuen Führung ist vor allem, nach langem internen Streit das Bild der Piraten in der Öffentlichkeit wieder zu verbessern.

Der 45-jährige Wirth erhielt 78,1 Prozent der Stimmen. Er setzte sich in einem komplizierten Wahlverfahren, bei dem jedes Mitglied mehrere Stimmen verteilen konnte, gegen fünf weitere Kandidaten durch. Zum Politischen Geschäftsführer wählte der Parteitag den 35 Jahre alten Studenten Björn Semrau aus Hessen. Er kündigte an, "die wilde Attitüde" der Piraten künftig wieder stärker herausarbeiten zu wollen. "Wir sind eine Partei zwischen Professionalität und Punkrock", zitierte er seine Vorgängerin Katharina Nocun.

Neue Generalsekretärin ist Stephanie Schmiedke aus Nordrhein-Westfalen. Stundenlange Satzungsdebatten und langwierige Wahlen verzögerten immer wieder den Ablauf des Kongresses.

Kritik an SPD und Union

Der neue Piratenchef nannte als Priorität seiner künftigen Arbeit, das Profil der Piraten zu schärfen und die verschiedenen Strömungen wieder zusammenzuführen. "Motivation ist das Gebot der Stunde." Er kritisierte auch das geplante Bündnis von Union und SPD im Bund. "Die Große Koalition ist eine Zäsur für unsere Demokratie."

Mahn-Gauseweg forderte eine Konzentration auf die zentralen Anliegen der Partei wie Netzthemen, Datenschutz und Bürgerrechte. Sie beklagte unnötige Reibungsverluste und die schlechte Außendarstellung des bisherigen Vorstands in der Öffentlichkeit. Semrau sagte: "Wir wollen zeigen, dass wir wieder da sind."

Nächster Parteitag im Januar

Nach dem enttäuschenden Ergebnis bei der Bundestagswahl waren der bisherige Vorsitzende Bernd Schlömer und die meisten anderen Vorstandsmitglieder nicht wieder angetreten. Im September hatten die Piraten mit 2,2 Prozent der Stimmen den Einzug in den Bundestag weit verfehlt. Auf einem neuen Parteitag in Bochum sollen Anfang Januar die Kandidaten für die Europawahl im Mai aufgestellt werden.

Zu Beginn des Bundeskongresses entschieden die Mitglieder am Samstag, ihrem Vorstand auch künftig kein Gehalt zu zahlen. Lediglich für Vorstandsmitglieder, die auf Sozialleistungen angewiesen sind, soll es einen finanziellen Ausgleich geben.

Der Kongress verabschiedete eine Reform der Parteispitze. So gibt es keine Beisitzer mehr, sondern Stellvertreter für die wichtigsten Positionen. Dies soll die geforderte Professionalisierung der Parteiarbeit voranbringen.

Nach Ansicht von Kritikern haben die basisdemokratischen Strukturen eine effektive Arbeit des Piraten-Vorstands bisher weitgehend verhindert. Auch finanzielle Probleme plagen die Partei, die zeitweise in Umfragen zweistellige Ergebnisse erzielt hatte. Von den rund 30.000 Mitgliedern zahlt nur gut ein Drittel regelmäßig Beiträge.

ler/dpa/AFP
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