Parteiverbot Dobrindt verstört mit Linken-Vorstoß

CSU-Generalsekretär Dobrindt: Unverständnis von Parteifreunden
Foto: Peter Kneffel/ dpaMünchen - Der Innenminister geht auf Distanz, die Landesgruppenchefin sieht keinen Grund für die Debatte. Der Vorstoß von CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt, ein Verbotsverfahren gegen die Linke anzustreben, sorgt in der eigenen Partei für Unverständnis. Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) machte am Montag vor einer Sitzung des CSU-Vorstands in München deutlich, dass er von den Gedankenspielen Dobrindts wenig hält. "Die Frage, vor der wir stehen, ist: Ist es richtig, die Linkspartei zu beobachten. Ich glaube, die Frage ist eindeutig mit Ja zu beantworten", sagte er. Die Linkspartei habe "große Einschlüsse" linksextremistischer Gruppierungen und müsse somit beobachtet werden. Das sei die einzige Fragestellung, mit der er sich auseinandersetze, so Friedrich.
Auch Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt ging auf Distanz zu Dobrindt. "Ein Verbotsverfahren bei den Linken sehe ich derzeit nicht", sagte sie. Dafür gebe es im Moment keinen Anlass. Auf die Frage, ob es klug von Dobrindt sei, ein Verbot der Linkspartei in die Debatte zu bringen, sagte sie: "Das ist die Entscheidung jedes einzelnen, was er gerade in die Debatte bringt. Ich kann nur für mich sprechen."
Dobrindt hatte am Sonntagabend gesagt: "Ich denke, wir sollten alle Anstrengungen unternehmen, dass wir mittelfristig auch zu einem Verbotsverfahren kommen." In der ARD-Sendung "Günther Jauch" plädierte der CSU-General dafür, sogar alle 76 Bundestagsabgeordneten der Linken vom Verfassungsschutz beobachten zu lassen. "Es wäre richtig, die Beobachtung zu intensivieren, dass alle beobachtet werden und dass man dies auch in allen Bundesländern tut", sagte er. "Natürlich kann am Ende auch der Gang nach Karlsruhe stehen und sich die Frage nach einem Verbotsantrag stellen", sagte Dobrindt. "Wesentliche Teile der Partei lehnen das Grundgesetz ab."
"Sprache eines Despoten"
Aus den Reihen der Opposition kam scharfe Kritik am CSU-Generalsekretär. Der Parlamentarische Geschäftsführer der Grünen-Fraktion, Volker Beck, nannte Dobrindts Forderung nach einer Überwachung aller Linken-Abgeordneten absurd. "Aus Dobrindts Herzen spricht die Sprache eines Despoten", sagte Beck am Montag in Berlin.
Der Linke-Vorsitzende Klaus Ernst nannte Dobrindt am Montag einen "politischen Quartalsirren". "Weil man es nicht geschafft hat, die Partei mit demokratischen Methoden klein zu kriegen, wird jetzt der Verfassungsschutz (...) gegen die Linke instrumentalisiert", sagte er in Berlin. "Das Verbotsgerede ist gefährlich, weil es braune Schläger ermutigt", sagte Ernst zu "Süddeutsche.de". "Jede Woche werden unsere Büros von Nazis demoliert und unsere Mitglieder bedroht." Ernst sprach davon, dass die "CSU die Linke verfolgt". Der Thüringer Linke-Fraktionschef Bodo Ramelow griff den CSU-Generalsekretär für seine Äußerungen ebenfalls an. "Dobrindt hatte schon lange nicht mehr so viel Schaum vorm Mund", sagte Ramelow der Web-Seite. Für Dobrindt und seine Partei scheine der Kalte Krieg nicht vorbei zu sein: "Die CSU tut so, als ob kommunistische Horden davorstehen, in Bayern einzufallen."
Die Überwachung von 27 Bundestagsabgeordneten der Linkspartei und damit mehr als einem Drittel der Fraktion durch das Bundesamt für Verfassungsschutz hatte parteiübergreifend Kritik ausgelöst. Sogar in der Unionsfraktion sorgt das Vorgehen des Geheimdienstes für Unmut: Der Vorsitzende des Rechtsausschusses im Bundestag, Siegfried Kauder (CDU), solidarisiert sich mit der Opposition: "Der Weg, auf dem die Linke beobachtet wird, ist nicht in Ordnung. Schließlich kontrolliert das Parlament die Verfassung und nicht der Verfassungsschutz das Parlament."
Der Verfassungsschutz hat die 27 Linken-Abgeordneten nach SPIEGEL-Informationen offenbar mit schärferen Mitteln überwacht als bisher bekannt. Zuerst hatte es geheißen, man würde nur öffentlich zugängliche Quellen auswerten und nicht etwa abhören oder V-Leute einsetzen. Tatsächlich enthält aber zum Beispiel die fast tausend Seiten starke Verfassungsschutzakte über Fraktionschef Gregor Gysi deutlich mehr als nur Zeitungsausschnitte.