SPD-Kanzlerkandidat Steinbrücks Frauen-Frage

Ein Umfrage-Problem beunruhigt die SPD: Bei Männern kommt Peer Steinbrück gut an, doch junge Wählerinnen misstrauen ihm. Der Kanzlerkandidat hat das auch selbst erkannt und kündigte im Parteivorstand an, daran zu arbeiten. Nur wie?
SPD-Kanzlerkandidat Steinbrück: Wie lässt sich bei weiblichen Wählerinnen punkten?

SPD-Kanzlerkandidat Steinbrück: Wie lässt sich bei weiblichen Wählerinnen punkten?

Foto: dapd

Berlin - Wenn Sozialdemokraten dieser Tage über Umfragen sprechen, blickt man in einigermaßen zufriedene Gesichter. Die Genossen empfinden die Ausgangslage für 2013 als gar nicht so schlecht. Die Partei liegt bei um die 30 Prozent. Peer Steinbrück wird auf wichtigen Feldern wie der sozialen Gerechtigkeit oder der Entschuldung eine hohe Kompetenz zugesprochen. Kanzlerin Merkel droht der Partner abhanden zu kommen. Da müsste doch was gehen.

Doch es gibt da ein Problem, dass auch den Strategen im Willy-Brandt-Haus zunehmend Sorgen bereitet. Der Kanzlerkandidat punktet bei Männern. Doch bei Frauen - vor allem bei jüngeren - hat Steinbrück ziemliche Schwierigkeiten.

In keiner anderen Wählergruppe liegt der Ex-Finanzminister so klar hinter Merkel wie bei unter 30-jährigen Wählerinnen. Nur 26 Prozent der jüngeren Frauen würden sich für ihn entscheiden, 58 Prozent dagegen für die Kanzlerin, ermittelte kürzlich das Institut Forsa. "Er fällt da deutlich ab", sagt Forsa-Chef Manfred Güllner. Gerade bei einem knappen Wahlergebnis könnte das Steinbrücks entscheidender Nachteil sein.

Steinbrück hat seine Schwachstelle längst erkannt. Auf der Sitzung des Parteivorstands kam er am Montag nach Angaben von Teilnehmern von selbst auf das unangenehme Thema zu sprechen. In der Zielgruppe junger weiblicher Wähler sei er ja nun nicht die beliebteste Figur, wird er wiedergegeben. Er müsse da noch ein bisschen "nacharbeiten". Das Eingeständnis dürfte nicht ganz zufällig gekommen sein. Als Gast war im SPD-Parteivorstand auch Richard Hilmer erschienen, Chef des Umfrageinstituts Infratest. Er kennt die Zahlen ebenfalls.

Bei Frauen noch unbeliebter als Sigmar Gabriel

Das Problem ist, dass die Operation Frauenschwarm nicht ganz so einfach zu bewerkstelligen sein dürfte. Über die Jahre hat sich bei Steinbrück ein Image verfestigt, das nach Ansicht von Meinungsforschern eher Männer anspricht als Frauen: Klare Kante, manchmal ruppig, auch mal gegen den Strich - das sind so die Zuschreibungen. Der Göttinger Parteienforscher Franz Walter meint gar, einen "Rambo-Habitus" und einen "Macho-Auftritt" beim Kanzlerkandidaten ausmachen zu können. Güllner sagt es so: "Steinbrück ist nicht professoral."

Auch Steinbrücks Leuten ist klar, dass der Kandidat nicht mal eben in einen Barack Obama verwandelt werden kann, dem die Herzen zufliegen. In SPD-internen Erhebungen über die Wahlchancen der Troika-Mitglieder schnitt Steinbrück unter Frauen nicht nur schlechter ab als Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier, sondern auch schlechter als Parteichef Sigmar Gabriel, was durchaus als Alarmsignal gewertet werden kann. Irgendwas muss also getan werden, wenn Steinbrück die wichtige Bevölkerungsgruppe nicht kampflos an Merkel abgeben will. Nur was?

In der SPD kursieren drei Szenarien, die Steinbrücks Ruf unter weiblichen Wählern verbessern sollen. Manch ein Parteifreund, oder besser gesagt: manche Parteifreundin rät ihm, stärker familienpolitische Themen anzusprechen. Statt Fiskalpakt und Finanzmarktregulierung also auch mal Frauenquote, gleicher Lohn für gleiche Arbeit, Ausbau der Kinderbetreuung. "Wir müssen insgesamt stärker frauenpolitische Themen in den Vordergrund stellen", sagt Elke Ferner, die Chefin der Arbeitsgemeinschaft Sozialdemokratischer Frauen. "Das ist auch gar nicht so schwer. Angela Merkel ist zwar die erste Kanzlerin, aber für Frauen hat sie nicht sonderlich viel getan. Wir haben da ein paar Angriffspunkte", meint sie.

Auch von Steinbrücks Kompetenzteam versprechen sich die Frauen in der SPD einiges. Geht es nach ihnen, darf die Wahlkampfmannschaft ruhig stark weiblich geprägt sein. Hälfte Frauen, Hälfte Männer, warum denn nicht? Kann ja nicht schaden mit Blick auf das demoskopische Problem. "Ich gehe fest davon aus, dass Steinbrück ein paritätisch besetztes Team präsentieren wird", nimmt Elke Ferner den Kanzlerkandidaten vorsorglich in die Pflicht.

"Mit privaten Einstreuseln gewinnt man nichts"

Ob Steinbrück dem Wunsch Folge leistet, ist allerdings unklar. Als er vorvergangenen Freitag auf einer Sitzung führender SPD-Linker am Pichelssee bei Berlin zu Gast war, wollte er sich in dieser Frage nicht festlegen. Natürlich sei er offen für eine möglichst ausgeglichene Zusammensetzung, sagte er laut Teilnehmern. Er werde aber nicht das Team aufblähen, nur um noch ein paar zusätzliche Frauen unterzubringen. Nicht alle Anwesenden waren darüber begeistert.

Bleibt, als dritter Ansatz, die Familie. Im Hause Steinbrück gibt es ein weibliches Übergewicht. Unter seinen drei Kindern befinden sich zwei erwachsene Töchter, und manch ein Parteifreund sieht sie schon gemeinsam mit dem Papa auf der Wahlkampfbühne herumspazieren, in Talkshows sitzen oder durchs Bierzelt flanieren. Doch allzu viel Amerikanisierung dürfte Kandidat Steinbrück in seinem Wahlkampf nicht zulassen. Er selbst kündigte bereits öffentlich an, seine Familie, wenn überhaupt, nur sehr dosiert in die Kampagne einbinden zu wollen. "Ich freue mich, dass wir nicht die Verhältnisse haben wie in den USA, wo plötzlich die Ehefrau eine flammende Rede auf ihren Mann halten muss", sagt er.

Auch Demoskopen warnen ihn davor, zu versuchen, mit der Familie zu punkten. "Um Gottes Willen", sagt Güllner. "Das ist in Deutschland nicht machbar, mit privaten Einstreuseln gewinnt man hierzulande nichts." Ähnlich sieht es Matthias Jung. "Die Wirkung von gezielten Aktionen sollte nicht überschätzt werden", sagt der Chef der Forschungsgruppe Wahlen.

Jung macht Steinbrück allerdings auch ansonsten wenig Hoffnung dafür, bei jüngeren Frauen signifikant an Popularität zu gewinnen. "Damit eine Imageänderung gelingt, muss man sehr langfristig arbeiten", sagt er. "Das geht in einem Jahr eigentlich nicht."

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