Drohgebärden vor Haus der sächsischen Gesundheitsministerin Bundesregierung verurteilt Fackelaufmarsch als »Angriff auf Demokratie«

Gegner der Coronapolitik waren zuletzt vor das Wohnhaus von Sachsens Gesundheitsministerin Petra Köpping gezogen – Fackeln inklusive. Nun machte die geschäftsführende Bundesregierung deutlich, was sie von derartigen Aufmärschen hält.
Die Polizei umstellt einen nicht genehmigten Aufzug im sächsischen Freiberg

Die Polizei umstellt einen nicht genehmigten Aufzug im sächsischen Freiberg

Foto: B&S/Bernd März / imago images/Bernd März

Sie hatten sich mit Fackeln vor dem Privathaus der sächsischen Gesundheitsministerin Petra Köpping (SPD) postiert und lautstark Lärm gemacht: Etwas mehr als zwei Dutzend Gegnerinnen und Gegner der sächsischen Coronapolitik waren am Freitag in Grimma aufmarschiert.

Nun hat die geschäftsführende Bundesregierung den »Fackelprotest« auf das Schärfste verurteilt. »Was da geschehen ist vor dem Haus der sächsischen Gesundheitsministerin, dieser Aufmarsch, ist zutiefst empörend«, erklärte Regierungssprecher Steffen Seibert. »Das ist nicht nur ein Angriff auf die Privatsphäre von Frau Köpping, der Ministerin, es ist auch ein Angriff auf die Demokratie.«

Bei den Protestierenden handelt es sich offenbar um Mitglieder und Sympathisanten der rechtsextremen Organisation »Freie Sachsen«. Auf einem Video bei Twitter  ist zu sehen, wie sich die Menschen vor dem Haus versammeln und »Friede, Freiheit, keine Diktatur« skandieren. Mit Trommeln und Trillerpfeifen machen sie Lärm.

Regierungssprecher Seibert stufte die Proteste gegen Köpping als Versuche der »Einschüchterung« ein. Die Demonstranten wollten »nichts anderes als Angst machen«, sagte er. Dafür dürfe es »in der demokratischen Auseinandersetzung um den richtigen Weg in dieser Pandemie keinen Platz geben«.

»Organisierte Einschüchterung«

Über Parteigrenzen hinweg hatten Politikerinnen und Politiker bereits am Wochenende Entsetzen über die Aktion geäußert. »Das erinnert mich an die dunkelsten Kapitel unserer deutschen Geschichte«, sagte etwa der noch amtierende Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) der »Bild am Sonntag«. Es handele sich um die »organisierte Einschüchterung einer staatlichen Repräsentantin«, erklärte er.

Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) sprach in Erinnerung an die Kampforganisation der NSDAP von »Methoden, die hat die SA erfunden«. Solchen Demonstranten müssten die Behörden entschieden entgegentreten. »Gegen die werden wir uns als wehrhafte Demokratie zu erweisen wissen.«

SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil sagte beim Parteitag in Berlin, die Grenzen der Meinungsfreiheit seien hier überschritten worden. Es könne nicht sein, dass Politiker bedroht würden und sich »rechte Verschwörer und Schwurbler« mit Fackeln vor dem Haus einer Ministerin versammelten.

»Widerwärtig und unanständig«

Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) schrieb nach dem Vorfall in Grimma auf Twitter: »Wir treten allen Kräften entgegen, die einschüchtern wollen.«

Auch Köpping selbst fand deutliche Worte. Sachliche Kritik an den Coronamaßnahmen sei völlig legitim, sagte sie, »ich bin immer gesprächsbereit. Fackelproteste vor meinem Haus aber sind widerwärtig und unanständig.«

Köpping sagte, sie wisse, dass dies keine Proteste seien, sondern organisierte Einschüchterungsversuche von Rechtsextremisten und Verschwörungsgläubigen, die leider viel zu oft vorkämen – vor Arztpraxen, an Impfzentren und Krankenhäusern, gegenüber Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern und anderen engagierten Menschen. Nicht selten endeten solche Einschüchterungsversuche gewalttätig. Dies sei gefährlich für jeden Einzelnen und für den Zusammenhalt.

mrc/dpa
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