Grabenkämpfe bei den Piraten Sozial-liberaler Flügel setzt sich vom Schwarm ab

Pirat Nerz: "Wir wollen uns nicht ausgrenzen"
Foto: dapdBerlin - Prominente Mitglieder der Piratenpartei wollen einen Verein namens "Frankfurter Kollegium" gründen und damit sozial-liberale Themen in der Partei vorantreiben. Zu den Unterstützern gehören nach SPIEGEL-ONLINE-Informationen der stellvertretende Bundesvorsitzende Sebastian Nerz, der Generalsekretär Sven Schomaker, der niedersächsische Landesvorsitzende Andreas Neugebauer sowie das Mitglied des bayerischen Landesvorstands, Astrid Semm.
"Wir haben festgestellt, dass man mit einem gewissen Grundkonsens besser arbeiten kann. Wir wollen daher eine Gruppe aufbauen, in der wir freiheitliche Positionen diskutieren, ausarbeiten und der Piratenpartei vorstellen können", sagte Sebastian Nerz SPIEGEL ONLINE. Bei der Gründungsversammlung am kommenden Samstag im Frankfurter Presseclub wollen die Mitglieder den Verein offiziell gründen und eine Satzung beschließen.
Der neue Verein offenbart die seit langem schwelenden Richtungskämpfe bei den Piraten. Zuletzt konnten sich zunehmend Vertreter der Parteilinken durchsetzen und beim letzten Parteitag in Bochum die Einführung eines Mindestlohns und die Prüfung eines bedingungslosen Grundeinkommens im Grundsatzprogramm verankern. Nach wie vor gibt es bei den Piraten jedoch auch viele freiheitlich eingestellte Mitglieder, die zu viele staatliche Eingriffe in die Gesellschaft ablehnen.
"So wenig Staat wie möglich, so viel wie nötig"
Zudem kritisieren viele Piraten, dass frühere Kernthemen wie Bürgerrechte oder Netzpolitik in den Hintergrund getreten sind, was auch manche Netzaktivisten beklagen. Anfang dieses Jahres hatte sich bereits die "Gruppe 42" um den ehemaligen Parteivorsitzenden Jens Seipenbusch formiert, die ebenfalls eine Besinnung auf die ursprünglichen Ziele fordert. Allerdings sind deren Mitglieder bei weitem nicht so prominent wie die Unterstützter des "Frankfurter Kollegiums". Beim Treffen am Samstag in Frankfurt werden voraussichtlich noch weitere Landtagsabgeordnete und andere Spitzenvertreter der Piraten zu der Gruppe stoßen, hieß es aus dem Umfeld des neuen Vereins.
"Die Gründung ist eine Reaktion auf die fehlenden Positionen in der Piratenpartei zu sozial-liberalen Themen", sagte Aleks Lessmann, vorläufiger Sprecher des "Frankfurter Kollegiums". Die Devise der neuen Gruppe laute: "So wenig Staat wie möglich, so viel wie nötig", erklärt Lessmann.
Die Gruppe hätte die Gründung in den vergangenen Wochen auf mehreren Telefonkonferenzen vorbereitet. Am Samstag wolle man in Frankfurt bereits das erste Positionspapier zum öffentlichen Einsatz von RFID-Chips verabschieden. Man habe außerdem schon über Themen wie Bürokratieabbau für kleine und mittelständische Unternehmen oder eine Reform der Industrie- und Handelskammern gesprochen.
Das Ziel sei es, zwischen 300 und 500 Mitglieder zu sammeln, die sich im "Frankfurter Kollegium" engagieren wollen. Es dürften nur Parteimitglieder der Piraten mitmachen, sagte Lessmann. Sein Kollege Sebastian Nerz betonte, dass jeder gleichgesinnte Pirat willkommen sei.
"Wir wollen uns nicht ausgrenzen und freuen uns über jeden", sagte Nerz, "der unseren Grundkonsens teilt und mitarbeiten möchte."