Twitter-Foto
Piraten zeigen Parteichef den Mittelfinger
Achtung, es wird selbst für Piratenverhältnisse peinlich: Auf einem Foto zeigen mehrere Freibeuter demonstrativ Parteichef Bernd Schlömer den Mittelfinger. Das Bild postete ein Landesgeschäftsführer. Schlömer sieht den Beginn einer "Treibjagd auf Menschen".
Screenshot vom Foto bei Twitter: "Beginn einer Treibjagd"
Foto: @saschabrandhoff
Hamburg - Es geht immer noch ein bisschen schlimmer: Kurz vor ihrem wichtigen Parteitag am Wochenende hat die Streitkultur unter Piraten einen neuen Tiefpunkt erreicht.
Auf einem Foto zeigen mehrere Parteimitglieder dem Vorsitzenden Bernd Schlömer kollektiv den Mittelfinger. Der Politische Geschäftsführer der Partei in Hessen, Sascha Brandhoff, twitterte das Foto am Sonntag. Dazu schreibt er an den Account Schlömers: "@BuBernd, ich soll folgendes Bild aus #Hessen übermitteln, das unsere Motivation gegenüber deinen Aussagen darstellt." Darauf werden dem Parteichef ein gutes Dutzend Mittelfinger entgegengestreckt.
Hintergrund des Aktion ist der Unmut an der Parteibasis über eine Äußerung Schlömers zum Zustand der Partei. Die "taz" hatte am Samstag ein Zitat Schlömers verbreitet: "Uns fehlt die Kraft und die Motivation für den Wahlkampf", sagte der Parteivorsitzende demnach. Das Zitat entstammt einem Porträt über den scheidenden Geschäftsführer Johannes Ponader.
Darüber echauffierten sich umgehend mehr als hundert Piraten stundenlang auf Twitter und antworteten dann unter dem Hashtag #ichbinmotiviert. Zeitgleich gab es noch Wirbel um ein nichtöffentliches Beraterpapier, das mit den Vorstandsmitgliedern hart ins Gericht geht.
Schlömer antwortete auf das Mittelfinger-Foto ebenfalls auf Twitter: "So beginnt eine Treibjagd gegen Menschen." Schon zuletzt zeigte er sich enttäuscht über den Umgang mit ihm. Der hessische Landesverband hat Schlömer wiederholt angegriffen. Auch weitere Piraten kritisierten das Foto scharf.
Der Parteivorsitzende sagte SPIEGEL ONLINE, er habe den fraglichen Satz der "taz" so nie gesagt. Die "taz" beharrt allerdings darauf, dass das Zitat so gefallen ist.
In jedem Fall kommt die zweitägige Aufregung samt Mittelfinger-Tiefpunkt zu einem ungünstigen Zeitpunkt, denn man steht kurz vor dem Parteitag in Neumarkt bei Nürnberg, wo die Piraten Teile ihres Vorstands neu wählen, sich ein Programm für die Bundestagswahl geben wollen und über weitere Streitthemen wie einen permanenten Online-Parteitag entscheiden müssen.
Zu der Mittelfinger-Episode passt dann auch eine neue Emnid-Umfrage für das Magazin "Focus". Demnach rechnen 78 Prozent der Deutschen damit, dass die Piraten bei der Bundestagswahl scheitern. Nur 18 Prozent glauben, dass die Partei die Fünfprozenthürde überspringt. Emnid-Chef Klaus-Peter Schöppner sagte dazu: "Die Partei zeigt derzeit ein desaströses Außenbild. Sie hat ihre Chance vertan, den Wähler von sich zu überzeugen."