Klagen über Arbeitsstil Piratenvorstand verbündet sich gegen Ponader

Piraten-Geschäftsführer Ponader: Im Parteivorstand isoliert
Foto: dapdBerlin - Es wäre auch ohne interne Querelen schon ein schwarzer Tag für die Piraten gewesen: Im ARD-Deutschlandtrend sackten sie am Donnerstag erstmals unter die wahlentscheidende Hürde von fünf Prozent. Monatelange Orientierungslosigkeit, mit dem Ehrenamt Politik überforderte Spitzenpiraten, Geldprobleme, Affären und Rücktritte - Gründe für den schleichenden Abstieg der einstigen Polit-Hoffnungsträger gibt es viele.
Einige Piraten machten für das Stimmungstief aber auch einen ihrer Oberpiraten verantwortlich: Johannes Ponader, politischer Geschäftsführer im Bundesvorstand. Über den Sommer sorgte er mit einem Sandalen-Auftritt zur besten Sendezeit, Spekulationen um seine Hartz-IV-Bezüge und einer umstrittenen Spendenaktion für Wirbel - auch Umfrageforscher bescheinigten ihm, den Ruf der Piraten anzukratzen.
Die Wogen schienen sich geglättet zu haben, zumal sich der Fokus der Kritik zuletzt auf die umstrittene Buchautorin Julia Schramm verlagerte. Doch offenbar gab es beim letzten vertraulichen Treffen des Bundesvorstands in Hamburg, das am vorvergangenen Wochenende stattfand, eine heftige Auseinandersetzung über Ponaders Wirkung in der Öffentlichkeit und den möglichen Schaden für das Image der Partei. Das berichten Teilnehmer der Runde.
Maulkorb für den Oberpiraten?
Schließlich habe man, so heißt es aus dem Umfeld des Vorstands, dem 36-Jährigen "nahegelegt", sich ab sofort mit öffentlichen Auftritten in der Presse zurückzuhalten. Zwar gab es keinen offiziellen Beschluss dazu, aber den Angaben zufolge sprachen sich acht Vorstandsmitglieder - alle außer Ponader - dafür aus, ihr politischer Geschäftsführer dürfe sich zwar öffentlich noch zu Sachfragen äußern, aber nicht mehr "seine Person in den Vordergrund" stellen.
Es habe der "einhellige Wunsch" bestanden, Ponader solle sich für die nächste Zeit medial zurückhalten, hieß es weiter. Mehrere Mitglieder des Bundesvorstands sollen sogar das indirekte Angebot gemacht haben, ihren Posten niederzulegen, sollte Ponader sich nicht an die Absprache halten.
Bundeschef Bernd Schlömer oder Ponader selbst äußerten sich in der Nacht nicht weiter persönlich zu dem Vorfall. Das Vorstandsmitglied Matthias Schrade sagte SPIEGEL ONLINE, es gebe seit Monaten Kritik an Ponaders "Arbeitsweise" im Führungsgremium der Piraten. Immer wieder habe es Alleingänge des Künstlers gegeben, oder "Extrawürste", mit denen die anderen nicht einverstanden waren. Mit der Situation Vertraute sprechen von "unterschiedlichen Definitionen von Transparenz und Verantwortlichkeitsbereichen". Zuletzt seien Zweifel an Ponaders Teamfähigkeit aufgekommen.
Talkshow-Zusage offenbar Auslöser für Streit
Ins Detail wollte Schrade mit Verweis auf die laufende Diskussion nicht gehen. Nur so viel, so Schrade: Ponader ignorierte anscheinend die Bitte seiner Kollegen und nahm kürzlich eine Einladung für einen Gastauftritt in der Talkshow von Benjamin von Stuckrad-Barre an. Die Sendung, die in einem Nischenprogramm läuft, soll in Kürze aufgezeichnet werden.
Ponaders Zusage fachte den Streit am Donnerstag offenbar wieder an. Bundesvize Sebastian Nerz machte als Erster seinem Ärger via Twitter Luft. "Ich finde es schade, dass Johannes Ponader sich nicht an Absprachen hält. Gruppenfähigkeit und Verantwortungsbewusstsein geht anders", schrieb er am Abend. "Lässt du die Mehrheit entscheiden, was nicht in ihrem Entscheidungsrahmen liegt?", konterte Ponader. Es entspann sich ein bissiger Dialog zwischen den beiden Oberpiraten, mehrere Mitglieder aus dem Bundesvorstand schalteten sich in die Debatte ein und stärkten Nerz den Rücken. Ponader, so der Eindruck der in aller Öffentlichkeit ausgetragenen Debatte, ist anscheinend mittlerweile unter seinen Vorstandskollegen weitgehend isoliert.
Ponader war im April zum Nachfolger der 25-jährigen Marina Weisband gewählt worden. Viele Piraten äußerten am späten Abend harsche Kritik an der öffentlichen Zerlegung ihres Führungsgremiums. "Reißt euch endlich zusammen", hieß es, man dürfe die "einmalige Chance der Bundestagswahl" nicht vertun. Über einen Streit im "Kindergarten-Stil" wurde geschimpft und die Bitte geäußert, sich der Sacharbeit zu widmen.
Ob die Vorstandsmitglieder gegen Ponader eine Ordnungsmaßnahme verhängen, ist ungewiss. Kurz vor Mitternacht informierte Ponader via Twitter, er habe mit seinem Hauptkritiker Nerz "telefoniert". Ob der Streit beigelegt wurde, bleibt zunächst offen.