Präventionsgipfel Muslime sollen Seit' an Seit' mit Friedrich kämpfen

Minister Friedrich, Verhandlungspartner Mazyek: "Der Radikalisierung entgegentreten"
Foto: Rainer Jensen/ dpaBerlin - "Der Radikalisierung und dem Missbrauch der Religion wollen wir gemeinsam entgegentreten", erklärte Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) nach dem Präventionsgipfel, bei dem muslimische Verbände und Sicherheitsexperten am Freitag in Berlin gemeinsam über den Kampf gegen den Extremismus berieten. Die Bevölkerung müsse gegenüber jeder Art von Radikalisierung wachsamer werden, so Friedrich.
Eine besondere Gefahr gehe vom Internet aus, über das junge Leute radikalisiert werden könnten, ohne dass dies wie bei der klassischen Radikalisierung in einem Moscheeverein auffalle. Dies sei bei dem 21-jährigen Kosovaren so gewesen, der Anfang März am Frankfurter Flughafen zwei amerikanische Soldaten erschossen hatte, sagte der Innenminister. Der junge Mann sei in Deutschland aufgewachsen und habe sich im Internet dem Terror zugewandt. Zielgruppe der Extremistenorganisation al-Qaida seien besonders deutsche Konvertiten, aber auch junge Muslime, die in Deutschland aufgewachsen seien.
"Nicht das Problem, sondern Teil der Lösung"
Friedrich forderte die Familien daher auf, junge Leute genau zu beobachten, um extremistische Tendenzen frühzeitig festzustellen. Familien mit radikalisierten Kindern könnten sich an das Bundesamt für Migration wenden, dort gebe es eine Clearing-Stelle für solche Fälle. Friedrich verwies darauf, dass es auf allen Ebenen Modelle gegen die Radikalisierung junger Leute gebe. Ein Wettbewerb für die besten Praxis-Projekte soll die Präventionsarbeit in den Moscheegemeinden unterstützen. "Durch gemeinschaftliches Handeln von Staat und Muslimen wird jedem Generalverdacht entgegengetreten", betonte er.
Der an Friedrichs Gipfeltisch vertretene Zentralrat der Muslime warnte indes davor, die Themen Islam und Extremismus miteinander zu vermischen. Es müsse deutlich werden, dass von den Moscheen keine Gefahr ausgehe und dass es dort keinen Platz für religiöse Extremisten gebe, sagte der Ratsvorsitzende Aiman Mazyek.
Er erinnerte daran, dass es bereits seit dem Jahr 2005 eine Zusammenarbeit des Zentralrats mit dem Bundeskriminalamt und dem Verfassungsschutz gibt: "Wir müssen immer wieder deutlich machen, dass Muslime hier nicht das Problem sind, sondern Teil der Lösung." Zugleich mahnte er, auch das Thema Islamfeindlichkeit nicht aus dem Blick zu verlieren. Anschläge auf Moscheen und gewalttätige Übergriffe seien keine Einzelfälle und bereiteten den Muslimen Sorge.
Mazyek sagte, in den vergangenen Jahren habe es beim Thema Islam einen starken Schwerpunkt auf der Sicherheitspolitik gegeben. Künftig müsse wieder die Integration von Muslimen stärker in den Fokus rücken. Die beste Prävention gegen Extremismus bestehe darin, Muslimen die Möglichkeit zu geben, ihren Platz in der Mitte der Gesellschaft zu finden.
Dennoch warf die SPD Friedrich vor, Muslime unter Generalverdacht zu stellen: "Wenn wir gewaltbereite Extremisten isolieren wollen, müssen wir die gemäßigten Muslime stärken und in Deutschland willkommen heißen", so SPD-Fraktionsgeschäftsführer Thomas Oppermann. Der Islam gehöre zu Deutschland. Dies habe Friedrich noch immer nicht erkannt.
Bereits im Vorfeld hatte es heftige Kritik am CSU-Minister in Sachen Misstrauen und Generalverdacht gegeben - sogar vom eigenen Koalitionspartner: "Friedrich suggeriert, dass in jeder Moschee potentiell Radikale angeworben werden", sagt der integrationspolitische Sprecher der Liberalen, Serkan Tören. Mit dem Präventionsgipfel bekräftige Friedrich seine These, wonach der Islam nicht zu Deutschland gehöre. "Viele Muslime fühlen sich durch die Veranstaltung vorverurteilt und in Sippenhaft genommen", so Tören.
Schon nach der Islamkonferenz Ende März hatte Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP)Friedrich scharf angegriffen: "Es hinterlässt Fragezeichen, wenn die in der Konferenz vertretenen Muslime offener für andere Religionen wirken als der amtierende Innenminister." Wohlwollende Worte aus den anderen Parteien sind anders als bei Friedrichs CDU-Vorgängern Wolfgang Schäuble und Thomas de Maizière nicht zu vernehmen. Friedrich hat einen anderen Ton im Umgang mit Migranten anschlagen - statt auf Integrations- setzt er eher auf Sicherheitspolitik.
Friedrich selbst zeigte sich betrübt: Der Vorwurf, mit seinem Gipfel fördere er die Kultur des Denunziantentums, habe ihn "tief getroffen".