Predigt gegen PID Kardinal Meisner vergleicht Embryonentests mit biblischem Kindermord

Kardinal Joachim Meisner (Aufnahme von 2009): Scharfe Attacken gegen PID
Foto: Harald Tittel/ dpaKöln - Kardinal ist für deutliche Worte und scharfe Attacken bekannt. Nun hat sich der Kölner Erzbischof in einer Predigt zur umstrittenen (PID) geäußert und einen zweifelhaften Vergleich gezogen. Er stellte den Gentests an Embryonen den biblischen Kindermord von Bethlehem gegenüber.
König Herodes habe im Matthäus-Evangelium eine Selektion nach ganz bestimmten Kriterien vorgenommen, sagte Meisner am Dienstag in seiner Predigt zum Fest der Unschuldigen Kinder im Kölner Dom. Genau dies täten heute die PID-Befürworter. "Gewiss, es ist politisch unkorrekt, diesen Vergleich zu ziehen, weil die Befürworter von PID um ihre Entscheidung gerungen haben. Aber bei allem Ringen: Diese Entscheidung ist falsch", sagte der Kardinal.
Laut biblischer Überlieferung ließ Herodes alle Jungen aus Bethlehem im Alter von bis zu zwei Jahren töten, weil er den neugeborenen Jesus als Gefahr für seine eigene Macht betrachtete. "Die Kriterien des Herodes waren: Ort, Alter, Geschlecht, Stand der Forschung", sagte Meisner laut dem vorab verbreiteten Predigttext. "Die Befürworter der PID haben auch ihre Kriterien, und sie machen sich auch den Stand der Forschung zunutze."
Meisner verurteilte PID scharf: "Es kann nicht göttlich sein, zu töten. Es kann nicht göttlich sein, zu selektieren. Es kann nicht göttlich sein, Angst triumphieren zu lassen", sagte er. Bei der PID gebe es keinen Mittelweg.
"Der Mensch in seiner Würde ist von dem Moment an da, wo die Eizelle befruchtet ist." Niemand habe das Recht, hier eine Auswahl zu treffen. "PID zieht immer Selektion und Tötung nach sich. Wer PID zulässt, sagt Nein zum Leben und damit Nein zu Gott selbst", erklärte der Kardinal. Auch andere Bischöfe hatten sich in ihren Weihnachtspredigten gegen die Embryonentests ausgesprochen.
Meisner ist für umstrittene Vergleiche berüchtigt
Bei der PID werden im Reagenzglas erzeugte Embryonen außerhalb des Mutterleibs auf Erbkrankheiten untersucht. So sollen Fehl- und Totgeburten oder Geburten kranker oder behinderter Kinder vermieden werden. Nur gesunde Zellen werden in den Mutterleib eingepflanzt. Die nicht verwendeten Embryonen sterben ab.
Eine fraktionsübergreifende Gruppe von Parlamentariern hatte zuletzt einen Gesetzentwurf vorgestellt, der die PID in engen Grenzen erlauben soll. Die Gegner wollen allerdings bald nachziehen. Im deutschen Embryonenschutzgesetz von 1990 wurde die Präimplantationsdiagnostik noch nicht ausdrücklich geregelt und galt daher als strafbar. Mit einem Urteil vom Juli dieses Jahres hat der Bundesgerichtshof (BGH) allerdings die Auswahl künstlich befruchteter Eizellen bei Paaren mit einer Veranlagung zu schweren Genschäden erlaubt. Deswegen steht nun eine gesetzliche Regelung an. Die Abstimmung im Bundestag soll ohne den sogenannten Fraktionszwang stattfinden.
Meisner betonte, dass die menschliche Würde unabhängig von Krankheiten und Behinderungen sei und auch unabhängig vom Alter. Der Mensch unterscheide sich vom Tier dadurch, dass er Person sei. Diese Personalität gelte zum Beispiel auch für schwer geistig Behinderte. Eine Zulassung von PID würde "lawinenartig eine weitere Lockerung des Lebensschutzes" verursachen, warnte der 77-jährige Priester.
Die Errungenschaften des medizinischen und biotechnischen Fortschritts könnten auch vom Heil ins Unheil kippen, sagte Meisner. "Gesundheit ist gewiss ein hohes Gut, das höchste Gut des Menschen ist sie nicht", hieß es in seiner Predigt. Das höchste Gut sei die Beziehung zu Gott.
Meisner provozierte bereits in der Vergangenheit mit umstrittenen Vergleichen Kritik. So zog er Parallelen zwischen Abtreibungen und dem Holocaust. Im vergangenen Jahr hatte der Kölner Erzbischof in seiner Allerheiligen-Predigt das Weltbild des Evolutionsbiologen Richard Dawkins mit dem der Nazis verglichen.