Presseschau zum Fernsehduell "Yes, we gähn"
Bild: "Yes, we gähn. Wollten sie nicht - oder konnten sie nicht ? Kanzler-Duell im TV - DAS Fernsehereignis des Jahres - es wurde zäh !"
Frankfurter Neue Presse: "Das Duell, das oft ein Duett war, hatte keinen klaren Sieger. Das begünstigt an sich eher Merkel. Sie ist es schließlich, die in Umfragen führt. Steinmeier hat diesen Trend sicher nicht umkehren können. Der Herausforderer hat aber etwas Boden gutgemacht, weil er voll auf Augenhöhe mit der Kanzlerin war und sie in puncto soziale Gerechtigkeit ein wenig treiben konnte."
Nordsee-Zeitung: "Während diese Koalition bei den Wählern immer unbeliebter wird, scheinen Merkel und Steinmeier eine stille Allianz auch für die letzten Wochen des Wahlkampfes geschmiedet zu haben. Steinmeier mag sich sagen, lieber weiter Vize-Kanzler als gar nichts oder gar die Kröte Lafontaine schlucken zu müssen. Merkel denkt wohl: wer unter mir dient, ist mir egal. ... Ein wirklicher Schlagabtausch war es nicht, und inhaltlich gab es nichts Neues: Irgendwie haben sie sich doch noch lieb."
Mindener Tageblatt: "Stets blieb, und durchaus nicht nur zwischen den Zeilen, die Fortsetzung der Großen Koalition die unausgesprochene Alternative, die offensichtlich weder Merkel noch Steinmeier sonderlich schrecken würde."
Sueddeutsche.de: "Langweiliger als dieses 'TV-Duell' ist selten ein - vorher gehyptes - Aufeinandertreffen zweier Spitzenpolitiker gewesen. Die Schlussansprache der beiden Kandidaten war der Höhepunkt dieser missratenen Inszenierung: Beide referierten breit ihre Slogans im Stil einer Neujahrsansprache. An dieser Stelle hätte man vielleicht besser Konserven gesendet. Ein groteskes Finale einer völlig überbewerteten Sendung."
Faz.net: "Auch wenn die beiden Agenden sehr ähnlich waren, gelang es dem Herausforderer Frank-Walter Steinmeier doch, seine Antworten etwas souveräner zu formulieren, wobei er andererseits auch Wiederholungen nicht scheute und die Floskel 'Begrenzung von Managergehältern' im gefühlten Dutzend zu Markte trug. Und trotzdem war es nicht so, dass jede Aggressivität fehlte: Sie richtete sich allerdings gegen die Moderatoren."
Welt.de: "Wer sich vor der Sendung nicht sicher war, wen er wählen will, der wird es jetzt auch nicht sein. Die mangelnde Schärfe kommt auch daher, dass die kleineren Parteien nicht vertreten waren. Sie hätten Schwung in das Ganze bringen können. Schön aber doch, dass sich in dieser Republik zwei Spitzenkandidaten miteinander messen können, ohne dass es zu dem Grobianismus kommt, der früher einmal die politische Auseinandersetzung geprägt hat. Es geht auch ohne Krawall. Doch ein bisschen leidenschaftlicher könnte es schon zugehen."
Algemeen Dagblad, Amsterdam: "Merkel und Steinmeier wollten die Atmosphäre nicht verderben, für den Fall, dass nach dem 27. September eventuell doch wieder eine Große Koalition gebildet werden muss. Merkel und der SPD-Außenminister hielten sich zurück... Dem Anschein nach waren sie nicht nervös, aber erfahrene politische Berater versicherten, dass sie so aufgeregt wie Rennpferde vor dem Start waren."
The Times, London: "Bislang hat dieser schläfrige Wahlkampf kaum politische Leidenschaft aufflackern lassen. Deutschland scheint in eine Wahl zu schlafwandeln, die nach Einschätzung der meisten Menschen Merkel wieder ins Amt bringt. Die Annahme, dass Merkel gewinnt, birgt aber eine gefährliche Selbstzufriedenheit. ... Merkel fehlt das Feuer, sie vermittelt keine Visionen und die ruppige Rhetorik einer Wahlrede ist ihr zuwider. ... Steinmeier ist beinahe ein ebenso hölzerner Wahlkämpfer wie die Kanzlerin."
Neue Zürcher Zeitung, Zürich: "Ein erster Eindruck brachte kein klares Ergebnis; auffallend war sicher, dass Merkel viel Biss zeigte und sehr erpicht darauf war, sich gegen die Moderatoren durchzusetzen. Damit versuchte sie dem Eindruck entgegenwirken, sie betreibe einen zu flauen, zu wenig engagierten Wahlkampf. Steinmeier wirkte grundsolide, sachlich und integer, blieb aber wenig mitreißend. Dass an diesem Abend die Fetzen fliegen würden, konnte allerdings niemand im Ernst erwarten. Für ein wirklich heißes Rededuell fehlten ganz einfach sämtliche Voraussetzungen."