Privatisierungspläne Merkel gibt Becks Bahnmodell keine Chance

Bis Ende April muss sich die Große Koalition auf ein Privatisierungsmodell für die Bahn einigen - sonst wird es eng mit einem Börsengang in diesem Jahr. Doch der neue Vorschlag von SPD-Chef Beck stößt auf massiven Widerstand in den eigenen Reihen - und erbost die Kanzlerin.

Berlin - SPD-Chef Beck sorgt mit seinen Vorstellungen über die Bahnprivatisierung für neuen Zank in der Großen Koalition: Jetzt hat sich auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) in die Debatte eingeschaltet. Sie warnte in einem Interview mit der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" davor, den Nahverkehr vom geplanten Börsengang auszunehmen.

Das Holding-Modell, das vorsieht, die Infrastruktur der Bahn nicht zu privatisieren, sei "vernünftig", sagte Merkel. Eine "unterschiedliche Behandlung von Nah- und Fernverkehr", wie von der SPD ins Auge gefasst, würde "uns nicht weiter bringen", sagte Merkel. Zuvor hatten bereits der Vorsitzende der Unions-Fraktion im Bundestag, Volker Kauder, und CSU-Chef Erwin Huber das Beck-Modell strikt abgelehnt.

Die Kanzlerin mahnte zugleich eine schnelle Entscheidung an. "Es wäre leichtfertig, wenn wir jetzt die Chance auf eine Lösung vergeben". Gelinge eine solche Lösung nicht, "wird der Wachstumskurs der Bahn in Gefahr geraten". Dann würde irgendwann der Bund wieder Milliarden bezahlen müssen oder die Bahn könnte ihre nationalen Aufgaben nicht erfüllen, sagte Merkel.

Beck wünscht sich, die Bahn in eine Staatsholding mit zwei Tochterfirmen aufzuspalten. Die Infrastruktureinheit mit Netz und Bahnhöfen solle zu 100 Prozent beim Bund verbleiben, die Transport- und Logistiksparte solle zu 49 Prozent an die Börse gebracht werden - allerdings ohne den Nahverkehr.

Mit seinem Vorschlag bringt der SPD-Chef auch die eigene Partei gegen sich auf: Wie die "Leipziger Volkszeitung" berichtete, stößt das Beck-Modell beim Punkt Nahverkehr auf den massiven Widerstand von Finanzminister Peer Steinbrück und Verkehrsminister Wolfgang Tiefensee. Nach Ansicht Steinbrücks lasse sich der Finanzbedarf für künftige Bahninvestitionen damit nicht realisieren. Tiefensees Staatssekretär Achim Großmann habe das Modell als "undurchführbar" bezeichnet, berichtete die Zeitung weiter.

Einzig Berlins Finanzsenator Thilo Sarrazin hegt Sympathien für das Beck-Modell. Sarrazin sagte der "Berliner Zeitung": "Es gibt überhaupt keine Eile, den Personenverkehr überhaupt zu privatisieren." Das Argument, nur auf diesem Weg sei das notwendige Kapital für Investitionen aufzutreiben, sei falsch. Außerdem sei die Teilprivatisierung "der teuerste nur denkbare Weg, das Geld zu bekommen". Besser sei es, den Güterverkehr auf der Schiene und die Logistiksparte der Bahn zu verkaufen.

Die SPD-Arbeitsgruppe zur Bahnreform will Anfang kommender Woche eine parteiverträgliche Lösung für die umstrittene Teilprivatisierung der Deutschen Bahn finden. "Wir sind zuversichtlich, dass es am Montag zu einem guten Ergebnis kommen wird", war am Freitag aus SPD-Kreisen in Berlin zu erfahren. Unbestätigten Angaben zufolge wird die Sitzung am Montagnachmittag im Berliner Willy-Brandt-Haus stattfinden. Bereits am Sonntagabend wird SPD-Chef Beck mit den Vorsitzenden der SPD-Landesverbände in Berlin über das Thema reden.

Bis zum 28. April müsste sich die Koalitionsrunde auf ein Privatisierungsmodell für die Bahn einigen. Sonst könnte es laut Experten für einen Börsengang 2008 knapp werden. Doch ein Vorschlag von SPD-Chef Beck entzweit die SPD noch mehr und lässt die Kanzlerin den Kopf schütteln.

amz/AFP/Reuters

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