Staatsbankett für Elizabeth II. Wie ich mit der Queen zu Abend aß

Der Nachtisch war besonders delikat: Mit der englischen Königin diniert man nicht alle Tage. Dass noch ein paar andere Leute dabei waren, darüber konnte Florian Gathmann großzügig hinwegsehen.
Redakteur, Queen, Prinzgemahl: ein gelungener Abend

Redakteur, Queen, Prinzgemahl: ein gelungener Abend

Foto: DPA

Doch, die Queen und ich hatten einen sehr netten Abend zusammen. Ich bin mir jedenfalls sicher, dass sie es genauso empfindet. Leider hatten wir am Ende keine Gelegenheit mehr, die vergangenen Stunden Revue passieren zu lassen, es ging plötzlich alles so schnell und schon saß sie mit ihrem Prinzgemahl im königlichen Bentley und weg waren sie.

Ich konnte mich nicht einmal mehr verabschieden.

Ob der abrupte Aufbruch etwas mit Prinz Philip zu tun hatte? Er schien sich ebenfalls bestens amüsiert zu haben beim Staatsbankett in Schloss Bellevue. Vielleicht zu gut? Er ist halt mit 94 Jahren immer noch ein Frauenschwarm, auf den Sofas im Nebenraum charmierte er - eine Menge Orden an seiner Brust - bei Mokka und Konfekt auf aller-königlichstem Niveau.

Es war natürlich auch ein langer Tag für Elizabeth Alexandra Mary Windsor, wie sie mit ganzem Namen heißt. Hin und her durch Berlin, zwischendurch Spree-Schippern mit dem Bundespräsidenten, eine ausgiebige Kanzleramtstour von der Hausherrin höchst selbst angeführt und schließlich unser Dinner. Klar, mit 89 kann man um elf am Abend dann auch mal sagen: Kinder, ich muss ins Bett. Selbst wenn der Gatte von 94 Jahren das vielleicht anders sieht.

Queen am Tisch: Eine kleine, feine Dame

Queen am Tisch: Eine kleine, feine Dame

Foto: Handout/ Getty Images

Sie sah wie immer blendend aus. Eine kleine, feine Dame. Das weiße Kleid eher schlicht mit armlangen Handschuhen in der gleichen Farbe, kontrastiert von einem funkelnden Diadem auf dem Kopf, das die Queen nur zu besonderen Anlässen trägt. Auf das große Bundesverdienstkreuz, das ihr vor mehr als einem halben Jahrhundert Heinrich Lübke verlieh, hätte sie meinetwegen auch verzichten können, aber das gehört sich wohl so für ein Staatsbankett in der deutschen Hauptstadt.

Schon vor der Begrüßung, unter Kennern Defilee genannt, war mir aufgefallen, dass wir doch nicht ganz unter uns sein würden. Es wartete bei mehrheitlich alkoholischen Aperitifs doch eine ganze Menge sehr festlich gekleideter Menschen - er Smoking, sie langes Abendkleid -, am Ende aßen mit uns beiden noch ca. 138 weitere Gäste. Ist eben auch sehr viel Platz unter den vier Kronleuchtern im Großen Saal von Bellevue.

Ich hätte gerne schon beim Begrüßen noch ein paar persönlichere Worte verloren, aber dann kam hinter mir der nächste Gast, vom Protokoll namentlich angekündigt. Aber sie hat mich sehr nett angelächelt. Doch, ganz bestimmt.

Leider saß ich an Tisch 16, zwar umgeben von sehr reizenden Menschen, aber dann doch ein ganzes Stück entfernt vom sogenannten Haupttisch. Hätte ich mir natürlich auch denken können, dass da Joachim Gauck und seine Partnerin Daniela Schadt mit dem königlichen Paar sitzen würden. Angela Merkel und ihr Gatte Joachim Sauer saßen ebenfalls am königlichen Tisch, auch der britische Premier David Cameron. Es gibt ja viel Politisches zu bereden zwischen Deutschland und Großbritannien in diesen Tagen vor dem Hintergrund des EU-Referendums auf der Insel. Ich hätte viel interessantere Gesprächsthemen zu bieten gehabt für die Queen.

Deshalb kann ich auch nicht sagen, ob Prinz Philip wieder mal einen seiner legendären Witze erzählt hat. Vielleicht über das Essen? Chinesisch wurde an diesem Abend ja nicht gekocht, sonst hätte er vielleicht diesen hier recyceln können: "Chinesen essen alles, was vier Beine hat, außer Stühle" hat der Queen-Gatte mal gesagt. Ich finde, er hat einen tollen Humor.

Das Vier-Gänge-Menü war jedenfalls vorzüglich im Schloss, vor allem der Nachtisch, eine Variation von Erdbeeren, Holunderblüte und Alpenbuttermilch. Und auch die musikalischen Einlagen überzeugten, besonders gut scheinen der Königin die Auszüge aus der "Dreigroschenoper" gefallen zu haben, sie beklatschte das Ensemble der Berliner Philharmoniker ausdauernd. Was wohl Bertolt Brecht dazu gesagt hätte, dass eine englische Königin seinem Stück applaudiert?

Aber deshalb muss man die Queen einfach mögen: Sie hat ihren eigenen Kopf. Ich hätte ihr dafür auch gerne noch einmal persönlich meine Hochachtung ausgesprochen, aber irgendwie kam ich einfach nicht mehr an sie ran. Erst verwickelte sie der Hausherr auf dem Sofa in ein Gespräch, dann der Bundesaußenminister - und dann war es elf und alles schon vorbei.

Die Queen hat deshalb auch keinen bayerischen Whisky mehr trinken können, der zuvor vom Bundespräsidenten angepriesen wurde. Da hatten wir wieder etwas gemeinsam.

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