RAF-Prozess in Stammheim: Verena Becker schweigt zum Buback-Mord
Foto: Bernd Weissbrod/ dpaStuttgart - Wer erschoss vor mehr als 30 Jahren? Die frühere RAF-Terroristin könnte nach Ansicht der Bundesanwaltschaft etwas zur Lösung dieser Frage beitragen, doch zum Auftakt des wohl letzten großen RAF-Prozesses schwieg die ehemalige Terroristin im Gerichtssaal in Stuttgart-Stammheim.
Die Bundesanwaltschaft wirft der 58-Jährigen vor, Mittäterin bei der Ermordung von Buback und seinen Begleitern am 7. April 1977 in Karlsruhe gewesen zu sein. Becker habe gemeinschaftlich mit anderen "aus niederen Beweggründen und heimtückisch drei Menschen getötet", sagte Bundesanwalt Walter Hemberger bei der Verlesung der Anklage nach fast einstündiger Verspätung wegen des großen Besucherandrangs.
Becker, die mit großer dunkler Sonnenbrille den Verhandlungssaal betrat, machte lediglich einige Angaben zu ihrer Person. Darüber hinaus wollte sie sich laut Verteidiger Walter Venedey nicht mehr äußern - weder zur Person noch zur Sache.
Laut Anklage soll Becker bei dem gemeinschaftlich begangenen Mord Mittäterin gewesen sein. Die Bundesanwaltschaft geht nicht davon aus, dass Becker selbst auf dem Motorrad saß, von dem aus Buback und seine Begleiter erschossen wurden. "Die Angeklagte wirkte (...) maßgeblich an der Entscheidung, einen Anschlag auf Generalbundesanwalt Buback zu begehen, an der Planung und Vorbereitung dieses Mordanschlags sowie an der Verbreitung der Selbstbezichtigungsschreiben mit", heißt es in der Anklage.
Becker sei es besonders wichtig gewesen, den Willen der damals in Stammheim inhaftierten RAF-Mitglieder um Andreas Baader durchzusetzen. Diese hatten zur Ermordung Bubacks aufgerufen. Becker, so die Anklage, "wirkte in der Gruppe auf die bedingungslose Umsetzung der Aufforderung hin und erklärte sich bereit, jeden erforderlichen Tatbeitrag zu erbringen". Sie habe am Tag vor dem Anschlag den Tatort ausgespäht oder jedenfalls ihre Komplizen dort abgeholt. Außerdem habe sie die Bekennerschreiben verbreitet.
Schließlich beruft sich die Anklage auf Notizen Beckers, in denen sie unter anderem von ihrem "Täterwissen" schreibt. Dabei habe Becker die Tat eingestanden.
Der Vorsitzende Richter Hermann Wieland verlas Notizen von Becker, die sie am Jahrestag der Ermordung Bubacks im Jahr 2008 geschrieben hatte. Sie habe überlegt, ob sie für Buback beten solle; die "Zeit für Reue und Schuld ist noch nicht da", es sei "noch ein weiter Weg", zitierte Wieland aus den Notizen.
Als Nebenkläger tritt der Sohn des Opfers, Michael Buback, vor dem Oberlandesgericht auf. Er ist davon überzeugt, dass Becker selbst die tödlichen Schüsse abgab. Hierfür will er im Laufe des Prozesses Beweise präsentieren. Bislang sind in dem Verfahren 17 Verhandlungstage angesetzt. Nach den Worten von Richter Wieland sind darüber hinaus weitere Termine zu erwarten. "Wir haben ein offenes Ende des Verfahrens."
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Die ehemalige RAF-Terroristin Verena Becker steht in Stuttgart-Stammheim vor Gericht. Es ist der wohl letzte große RAF-Prozess.
Das Gericht muss klären, wer 1977 die tödlichen Schüsse auf den damaligen Generalbundesanwalt Siegfried Buback abgegeben hat.
Der Sohn des Opfers, Martin Buback, tritt in dem Prozess als Nebenkläger auf. Er geht davon aus, dass Becker geschossen hat. Aussagen von früheren Mitstreitern der Angeklagten entlasten Verena Becker aber.
Becker bestreitet, im Jahre 1977 den damaligen Generalbundesanwalt Siegfried Buback ermordet zu haben (die Aufnahme zeigt ein Fahndungsfoto aus den siebziger Jahren). Auch die früheren RAF-Mitglieder Silke Maier-Witt und Peter-Jürgen Boock haben Becker in exklusiven Interviews mit SPIEGEL TV entlastet.
Der Tatort in Karlsruhe: Buback und seine beiden Begleiter wurden bei dem Attentat getötet.
Verena Becker nach ihrer Verurteilung durch das Oberlandesgericht in Stuttgart am 28. Dezember 1977
In diesem Haus in Berlin-Zehlendorf wohnt die frühere Terroristin heute.
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