Ukrainekonferenz in Ramstein USA stimmen Partner auf langen Krieg ein

US-Verteidigungsminister Austin in Ramstein: »Himmel und Erde« in Bewegung setzen für die Ukraine
Foto: Boris Roessler / dpaDieser Artikel gehört zum Angebot von SPIEGEL+. Sie können ihn auch ohne Abonnement lesen, weil er Ihnen geschenkt wurde.
US-Verteidigungsminister Lloyd Austin ist kein Mann der großen Worte. Der frühere Militär mag keine öffentlichen Schlachten oder kleine Gemeinheiten vor den Kameras; Streit trägt der Pentagon-Chef lieber hinter verschlossenen Türen aus. Dort kann der bullige Austin durchaus deutlich werden, sagen Leute, die ihn erlebt haben. Ausfallend oder gar verletzend aber werde er nie.
Auch am Dienstag blieb Austin diplomatisch – und fand dennoch klare Worte. In kürzester Zeit hatten die USA die internationalen Unterstützer der Ukraine zu einer Krisenkonferenz auf dem riesigen US-Luftwaffenstützpunkt Ramstein versammelt. Gemeinsam, so das erklärte Ziel, sollte dort die weitere militärische Hilfe für den von Russland attackierten Partner besser koordiniert und vor allem verstetigt werden.
Im Namen der US-Regierung machte Austin in Ramstein klar, wie die USA die Lage in der Ukraine sehen. »Himmel und Erde« werde man in Bewegung setzen, um das Land noch leistungsfähiger im Abwehrkampf gegen die Armee von Russlands Präsident Wladimir Putin zu machen. Die Ukraine brauche »unsere Hilfe, um zu siegen. Und sie wird unsere Hilfe brauchen, wenn der Krieg vorbei ist«, sagte Austin.
Austin dankt ausdrücklich Deutschland
Mit diesen Worten am Morgen stimmte Austin die Partner auf weitere schwere Monate und letztlich auf einen langen Krieg in der Ukraine ein. In Washington verbreiten die Geheimdienste seit einigen Wochen eine düstere Prognose. Demnach wird Russland den Krieg im Osten der Ukraine noch brutaler führen als bisher. Folglich, so Austin in Ramstein, brauche das Land noch mehr militärische Unterstützung.
Schon jetzt ist der Strom der Waffen, die in die Ukraine fließen, spektakulär. Allein die USA haben Kriegsmaterial für mehr als drei Milliarden geliefert, zusammen mit den anderen Partnern kommt die Pro-Ukraine-Koalition auf fast fünf Milliarden. Am Rande der Konferenz scherzte ein Militär, dass man mit diesem Riesenbudget ein kleineres europäisches Land militärisch komplett aufrüsten könne.

Luftwaffenstützpunkt Ramstein
Foto: IMAGO/BeckerBredelHinter den Kulissen mahnten US-Militärs in Ramstein, die Waffenlieferungen seien entscheidend für den Fortgang des Krieges. Zwar seien die ukrainischen Soldaten und die Regierung fest entschlossen und zeigten enormen Mut, so ein ranghoher Militär in einem Briefing. Ohne die massive Unterstützung mit Waffen aber könne der ukrainische Widerstand gegen die russische Armee schnell zusammenbrechen.
Nach der Konferenz dankte Austin den Partnern für ihre Zusagen. Ausdrücklich erwähnte er Deutschland. Die Entscheidung, bei der Rüstungsindustrie eingelagerte Gepard-Flugabwehrpanzer an die Ukraine abzugeben, sei ein »bedeutender Schritt«, hatte zuvor einer seiner Berater gesagt. (Wie die Entscheidung der Bundesregierung zustande kam, lesen Sie hier .) Austin ergänzte, die Geparden brächten eine »signifikante Steigerung« der militärischen Fähigkeiten für die Ukraine.
Auch den anderen Partnern dankte Austin. »Es wird jeden Tag mehr«, sagte der Pentagon-Chef über die militärische Unterstützung. Gleichzeitig aber gebe es keinen Grund, sich auszuruhen. »Wir haben keine Zeit zu verlieren, wir müssen uns mit der Geschwindigkeit des Krieges bewegen.« Jeden Tag müsse man sich erneut fragen, wie man auf aktuelle Entwicklungen reagieren könne.
Den internationalen Dialog über Waffenlieferungen und die langfristige Ertüchtigung der ukrainischen Armee will Austin deswegen verstetigen. Als internationale Kontaktgruppe zur Unterstützung der ukrainischen Streitkräfte soll sich die Runde vom Dienstag von nun an jeden Monat treffen und die weiteren Schritte beraten. Ob die Treffen so symbolträchtig wie in Ramstein würden oder virtuell stattfinden sollen, ließ er offen.
USA haben langfristige Strategie
Bei den Zielen der Unterstützung wurde Austin ziemlich konkret. Wenn alles gut gehe, werde die Ukraine »das heutige Gefecht und die künftigen Kämpfe« gewinnen und Russland den Krieg irgendwann beenden. Schon jetzt seien die russischen Streitkräfte deutlich schwächer als vor Beginn des Krieges, auf diesem Weg müsse man die Ukraine weiter unterstützen.
Zwischen den Zeilen aber war herauszuhören, dass die USA bereits eine sehr viel längerfristige Strategie verfolgen. »Wir wollen sicherstellen, dass Russland seine Nachbarn nicht mehr bedrohen und herumschubsen kann«, sagte Austin. Folglich brauche die Ukraine eine schlagkräftige Armee, die sich allen Bedrohungen widersetzen könne. Führt man den Gedanken zu Ende, könnte dieses Ziel auch eine massive Aufrüstung aller osteuropäischen Partner der USA bedeuten.
Die Verbündeten der USA müssen sich also trotz der warmen Worte in Ramstein darauf einstellen, dass Washington hinter den Kulissen den Druck aufrechterhält. Verteidigungsministerin Christine Lambrecht sicherte deswegen zu, dass sich Deutschland weiter »Schritt für Schritt« an der Hilfe für die ukrainische Armee beteiligen werde. Man müsse da ansetzen, wo das Land den Bedarf hat, sagte sie vor einem Gespräch mit ihrem Amtskollegen aus der Ukraine.
US-Verteidigungsminister Austin wollte auf die konkrete Frage, ob Berlin noch mehr tun müsse, in Ramstein nicht antworten. Er beließ es lieber bei einer diplomatischen Aussage. Er sei sich nach seinen diversen Treffen mit Lambrecht in den letzten Wochen ganz sicher, dass sie Wege finden werde, um der Ukraine weitere militärische Fähigkeiten zu liefern und damit in der Pro-Ukraine-Koalition »relevant« zu bleiben.