Razzia gegen »Reichsbürger«-Szene Wohnungen von Polizisten und einem Soldaten durchsucht

Festnahme des mutmaßlichen Anführers der »Reichsbürger«-Terrorgruppe im Dezember
Foto: Boris Roessler / dpaDieser Artikel gehört zum Angebot von SPIEGEL+. Sie können ihn auch ohne Abonnement lesen, weil er Ihnen geschenkt wurde.
Unter den Beschuldigten und Zeugen, deren Wohnungen am Mittwoch im Rahmen der Ermittlungen gegen die Reichsbürgerszene durchsucht wurden, befanden sich mehrere Mitarbeiter von Sicherheitsbehörden. So war nach SPIEGEL-Informationen, neben drei Polizisten und vier Reservisten, auch ein aktiver Soldat – ein Hauptbootsmann der Marine – ins Visier der Ermittler geraten.
Mit der zweiten umfangreichen Razzia im Terrorverfahren gegen die »Reichsbürger«-Gruppe um den mutmaßlichen Anführer Heinrich XIII. Prinz Reuß ist die Zahl der Beschuldigten inzwischen auf 61 gestiegen. Der Generalbundesanwalt ermittelt gegen die Gruppe wegen des Verdachts der Bildung einer terroristischen Vereinigung. Die Ermittler vermuten, dass sich die Gruppe zum Ziel gesetzt hat, »die bestehende staatliche Ordnung in Deutschland zu überwinden«. Dabei soll auch der »Einsatz militärischer Mittel und Gewalt gegen staatliche Repräsentanten« geplant gewesen sein.
22 legale Schusswaffen
Bei den morgendlichen Durchsuchungen wurde ein Beamter des Spezialeinsatzkommandos (SEK) Baden-Württemberg angeschossen und leicht verletzt. Nach SPIEGEL-Informationen besaß der mutmaßliche Täter, der Sportschütze sein soll, legal 22 Schusswaffen, darunter mehrere Pistolen und Repetierflinten. Er soll sich bei der Razzia in Reutlingen zunächst verschanzt und später ergeben haben.
Die Razzia fand in acht Bundesländern sowie in der Schweiz statt. Die fünf Beschuldigten lebten unter anderem in München, der Region Hannover und Chemnitz. Außerdem wurden 14 weitere Personen durchsucht, die in dem Verfahren als Zeugen gelten. Dazu zählt auch der Schütze von Reutlingen.
Bundesinnenministerin Nancy Faeser äußerte sich zu der Razzia während ihres Besuches in den USA und lenkte die Debatte auf die von ihr geplante Verschärfung des Waffenrechts. »Unsere Sicherheitsbehörden haben im Dezember das bisher größte mutmaßliche Terrornetzwerk von ›Reichsbürgern‹ aufgedeckt. Es ist gut, dass der Generalbundesanwalt, das Bundeskriminalamt, die Bundespolizei und die beteiligten Landespolizeien dieses sehr konsequente Vorgehen heute fortgesetzt haben und gegen weitere Personen vorgehen. Wir setzen diese harte Gangart fort, bis wir diese Strukturen vollständig offengelegt und zerschlagen haben. Keiner in dieser extremistischen Szene sollte sich sicher fühlen«, sagte Faeser. »Wir müssen diese Extremisten konsequent entwaffnen. Dafür brauchen wir dringend die Verschärfungen des Waffenrechts, die ich vorgeschlagen habe.«
Anmerkung der Redaktion: Bundesinnenministerin Nancy Faeser befand sich an diesem Mittwoch bereits in den USA und nicht mehr in Kanada, wir haben die Stelle korrigiert.